
© Markus Gehring
Wenn der automatische Pkw-Notruf zum tückischen Problem für die Feuerwehr wird
Unfallmeldung
Ein gemeldeter Verkehrsunfall auf der A31 zwischen Legden und Heek entpuppte sich jüngst als Fehlalarm. Der Notruf wurde per Knopfdruck aus einem fahrenden Auto ausgelöst.
Unfall, Person eingeklemmt – A31 zwischen Legden und Heek – die Einsatzmeldung der Feuerwehrleitstelle in Borken lässt am frühen Mittwochnachmittag (4. März) nichts Gutes ahnen. Einsatzkräfte der Ahauser Feuerwehr, Rettungswagen und Notarzt rücken sofort aus. Der Löschzug Heek wird nicht alarmiert. Finden können die Einsatzkräfte zwischen den Abfahrten Legden und Gronau jedoch nichts. Hat jemand den automatischen Pkw-Notruf „missbraucht“?
Nach aktuellem Stand kann das nicht ausgeschlossen werden. Denn der Hilferuf wurde gezielt mittels SOS-Knopf aus einem Auto abgesetzt. „Der Knopf im Wagen wurde gedrückt“, bestätigt Ellen Bulten, Pressesprecherin des Kreis Borken auf Anfrage. Die Folge: Die Leitstelle wurde über eine Servicezentrale informiert und schickte die Einsatzkräfte los. Umsonst.
- Die Technik muss seit dem 1. April 2018 in alle Automodelle mit neuer Typgenehmigung eingebaut werden.
- Der Notruf wird durch unterschiedliche Faktoren, wie beispielsweise die ruckartige Bewegung des Fahrzeugs oder das Auslösen der Airbags, aktiviert.
- Mittels Mobilfunknetz und GPS ist der Notruf direkt an die zentrale Notrufnummer 112 gekoppelt.
- Der Notruf kann auch mit SOS-Knopf ausgelöst werden, wenn der Fahrer in eine Notsituation gerät, beispielsweise einen Herzinfarkt bekommt.
- Darf nicht mit dem Hersteller-Notruf verwechselt werden, der erst über eine Servicestelle läuft, die dann den Notruf tätigt.
- Der Notruf funktioniert europaweit gleich.
Es gibt zwei Arten von Pkw-Notrufen
Wichtig: Es gibt den „echten“ automatischen Pkw-Notruf (eCall), der mittels GPS und Mobilfunknetz an die 112 gekoppelt ist und jenen, der vom Autohersteller zur Verfügung gestellt wird. Bei Letzterem geht der Notruf erst über eine Servicezentrale und dann an die Leitstelle. So wie am Mittwoch. Etwas, dass der ADAC deutlich kritisiert: „Im Notfall zählt jede Sekunde. Läuft das erst alles noch über eine Servicezentrale ist das verschwendete Zeit“, so Pressesprecherin Melanie Mikulla.
Beide Systeme können zudem manuell mit dem SOS-Notknopf ausgelöst werden. Beim Vorfall am Mittwoch wurde daraufhin ein im Auto verbautes Mikro aktiviert. „Doch der Mitarbeiter in der Servicezentrale bekam keine Antwort auf seine Fragen“, erklärt Stephan Kruthoff, Leiter der Einsatzstelle im Kreis Borken, „und hat das so an uns weitergeleitet.“
Einsatzkräfte rücken umsonst aus
Darum seien die Wehr-Kollegen aus Ahaus alarmiert worden und zur Sicherheit ausgerückt. Letztlich umsonst. Als „richtig ärgerlich“ bezeichnet das Stephan Kruthoff. „Wenn die Einsatzkräfte umsonst ausrücken, fehlen sie im Zweifel an anderer Stelle.“ Und damit sei nicht zu spaßen.
War es ein bewusster „Missbrauch“? „Üblicherweise passiert so etwas nicht von selbst“, so Stephan Kruthoff. Beweise für einen „Missbrauch“ gebe es aber (noch) nicht.

Seit April 2018 müssen alle neuen Fahrzeugmodelle mit dem europäischen Notruf eCall ausgerüstet sein – inklusive des SOS-Knopfes, der manuell gedrückt werden kann. © dpa
Und wie geht es jetzt weiter? Da der Leitstelle das Kennzeichen des Autos bekannt ist, das den Fehlalarm auslöste, wird die Sache nun eine Angelegenheit für die Polizei. „Natürlich interessiert uns, warum und wieso das passiert ist“, sagt Dirk Honekamp, stellvertretender Leiter der Feuerwehr Ahaus, der bei dem vermeintlichen Einsatz selbst mit ausgerückt war.
Die Sache muss geklärt werden
Aber Dirk Honekamp geht nicht von böswilliger Absicht aus. „Es könnte ja auch sein, dass da ein Defekt vorliegt.“ Dann sei es aber ebenso wichtig, den Halter zu ermitteln, um die Sache überprüfen zu können. „Stellen Sie sich mal vor, das passiert immer wieder und die Feuerwehr rückt dafür jedes Mal aus.“
Noch sind die Hintergründe des Fehlalarms also unklar. Mag vielleicht auch daran liegen, das der Fall eine Premiere war. „So etwas hatten wir hier im Kreis bisher noch nicht“, so der Leiter der Einsatzstelle. Im Umkehrschluss: Viele eCall-Alarmierungen habe es bisher auch noch nicht gegeben. „Die Technik ist bisher in den wenigsten Fahrzeugen verbaut. Das wird erst noch richtig kommen“, so ADAC-Pressesprecherin Melanie Mikulla.
Liebt als gebürtiger Münsterländer die Menschen und Geschichten vor Ort. Gerne auch mit einem Blick hinter die Kulissen. Arbeitsmotto: Für eine spannende Story ist kein Weg zu weit.
