Gut oder schlecht? Was ein Experte von den Heeker Wahlplakaten hält
Kommunalwahl 2020
Ein Rheiner Wahlplakat mit dem Slogan „Gemeinsam.Kinder.Machen.“ wurde bundesweit bekannt. Anlass, uns mal die Heeker Wahlplakate näher anzusehen. Mit einem fachlichen Blick aus der Branche.
Die CDU in Rheine hat mit einem Plakat bundesweit für Furore gesorgt: „Gemeinsam.Kinder.Machen“ steht da über „Familie wird vor Ort gemacht“. Grund genug für die Redaktion, einmal einen näheren Blick auf die Wahlplakate werfen zu lassen, die in der Dinkelgemeinde zu sehen sind. Und zwar einen fachlichen Blick – von Markus Weber (50). Der Stadtlohner ist seit 1990 in der Werbung unterwegs und ist seit 1999 Inhaber der Agentur „W+ Die Markenpflanzer | Commerce4“.
Am Ende sind Plakate Geschmackssache, aber...
Auch, wenn Plakate letzten Endes vorwiegend persönliche Geschmackssache sind: Wir haben den Stadtlohner gebeten, sich die Plakate der beiden Bürgermeisterkandidaten anzusehen und zu bewerten, ebenso wie die Plakate der beiden Parteien SPD und CDU sowie des Dinkelbündnisses, die allesamt um die Sitze im Gemeinderat antreten.
Soviel vorweg: So einen Knaller wie aus Rheine kann Heek nicht aufbieten. Dennoch ist Markus Weber einiges aufgefallen.
„Egal, ob ein Plakat einen Schokoriegel oder Bürgermeisterkandidaten bewirbt – am Ende muss es verkaufen“, beschreibt der Werbefachmann erst einmal den Auftrag der Plakate generell. Er sieht die erste Anforderung so: „Es muss mir sagen, was ich tun soll. Also zum Beispiel ,Wähle mich am 13.9. als Bürgermeister für Heek‘“.
Die Plakate der Bürgermeisterkandidaten
Die Bürgermeisterkandidat-Plakate: Es treten an Amtsinhaber Franz-Josef Weilinghoff (parteilos, von der SPD unterstützt), und Markus Janning (CDU).
Franz-Josef Weilinghoffs progressiv gestaltetes Plakat mit halbem Profil hebt sich optisch stark ab. Weilinghoff zeigt sich nicht staatsmännisch als Amts-Verteidiger, sondern definiert sich als Person neu und ist „innovativ, ehrlich, unabhängig“ unterwegs.
Wer als Heeker den Namen nicht kennt, wird erst auf der Webseite von ihm erfahren, dass er bereits Bürgermeister ist. Es ist das „coolste“ Plakat , aber es gibt für die Konservativeren außerdem auch ein konservativeres Plakat mit „echtem Bild“ vom Bürgermeister. Nicht konsequent.
Beim Plakat von Markus Janning ist zu sehen, dass seitens der CDU klar ein Personenwahlkampf geführt wird: „Euer Bürgermeisterkandidat mit Herz und Verstand“. Aus „Ihr“ wird „Euer“ und die Krawatte bleibt für das Foto im Schrank. Schließlich ist man im ländlichen Bereich unterwegs und kommt bei den meisten Auftritten mit Jeans und Jackett sehr gut klar.
Aber: Dem Betrachter zu sagen, was er tun soll, schaffe in Heek genau genommen – wie anderswo auch – kaum ein Kandidat, weil immer wenigstens eine Info fehlt, kommentiert Markus Weber.
Im Allgemeinen: „Die Sprungmarke zu mehr Infos ist hier eine Internetadresse und dort ein QR-Code“, ist dem Stadtlohner Werbeexperen aufgefallen. „Da uns die Plakate in der Innenstadt auf dem Weg zum Einkaufen auf dem Heimfahrt von der Arbeit oder unterwegs zum Sport begegnen, keine echte Hilfe“, ist sein Urteil dazu: „Das gute alte Plakat bleibt am Ende eben ein Plakat.“
Plakat-Auftrag: Bekanntheit schaffen und Wiedererkennung erzeugen
Der Name „Plakat“ komme ursprünglich aus den Niederlanden von „öffentliche Bekanntmachung“, aber es gehe heute mehr darum Erinnerungswerte – und damit mehr Bekanntheit – zu schaffen. „Mehr wird es dieses Jahr und auch nicht in fünf Jahren leisten können“, ist sich Markus Weber sicher. Ein Plakat sein unterstützend und nicht alleiniges Mittel. Trotzdem gibt es gute und nicht so gute Plakate.
CDU-Plakate: Die CDU wahrt ein einheitliches Corporate und tritt kommunal so professionell durchgestylt an, wie auf nationaler Ebene. Das scheint „von oben“ gut organisiert zu sein, denn es gibt keine Ausreißer, so Weber.
Allein die Farbgebung mit orangen und blau und Grün im Hintergrund sorge für den wichtigen Wiedereerkennungseffekt, das Logo CDU ist groß genug. „Das im Kreis Borken wiederkehrende Motiv mit dem Landrat hat in Heek sicherlich Symbolkraft“, urteilt Markus Weber.
SPD-Plakate: Die SPD hat die Farbe Rot. Alles andere erfindet sich lokal neu. „Die SPD versucht voran Themen zu besetzen und sieht sich als wehrhafte Opposition.“ Das bei den großformatigen Plakaten mit dem Slogan „Gemeinwohl statt Klientelpolitik“ oben auf den rot gehaltenen Plakaten, darunter stehen weitere Aussagen, per QR-Code könnten Interessierte mehr erfahren.
Eher wenig gelungen hält Markus Weber die kleineren Plakaten, auf denen die SPD einzelne Forderungen, in Rot unterlegt, mitteilt. „Beim Plakat zum Thema Finanzen dachte ich, es ist ein Busfahrplan“, so Weber: „Zu überladen“.
Eine Fernwirkung hätten die kleinen Plakate, auch in Mehrzahl an einer Bauzaunwand aufgehängt, nicht, „sieht leider auch nicht wertig aus.“ Und: Das Parteilogo SPD ist Weber für zu klein ausgefallen.
Dinbelbündnis-Plakate: Das Dinkelbündnis (tritt zum ersten Mal an, Anmerkung der Redaktion) wirbt „sympathisch, mutig, klug“ und vor allem mit Gesichtern. Hier sollen Personen den Wahlkampf machen.
Die Heeker sollen Vertreter wählen, denen sie vertrauen. „Ein reiner ‚Nasen-Wahlkampf‘“, urteilt der Stadtlohner. Zum Slogan: „Sympathisch, mutig, klug“, fällt Markus Weber ein, dass wohl keiner gerne für etwas anderes stehen würde.