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Coronakrise zum Trotz: Heeker Kirchenmusikerin (54) am Ziel ihrer Träume
Kirchenmusik
Hermia Schlichtmann (54) ist gebürtige Heekerin und studierte Kirchenmusikerin. Jahrelang tingelte sie durch die Welt. Jetzt ist sie beruflich sesshaft geworden. An einem ganz besonderem Ort.
In jedem Wort schwingen Elan und Freude mit, wenn die gebürtige Heekerin Hermia Schlichtmann (54) über die imposante Orgel im Frankfurter Kaiserdom St. Bartholomäus spricht. Jenes Musikinstrument, das sie liebt, zu spielen. Als Domkantorin gehört es zu ihrem Berufsalltag wie für einen Maurer die Kelle. Dabei umfasst ihr Aufgabenspektrum im Dom viel mehr.
„Ich bin einfach am Ziel meiner beruflichen Träume. Jetzt ergibt meine musikalische Laufbahn auf einmal richtig Sinn. Alles fügt sich zu dem zusammen, was ich jetzt tun darf“, schwärmt die 54-Jährige im Gespräch mit der Redaktion. Seit Sommer 2019 ist sie am Frankfurter Kaiserdom Domkantorin und Leiterin der Knabenchöre. Und erst vor wenigen Wochen hat die gebürtige Heekerin auch noch die Leitung der Frankfurter Domsingschule übernommen.
Verantwortlich für 300 junge Sängerinnen und Sänger
Damit ist sie für 300 Jungen, Mädchen und junge Erwachsene in Sachen Kirchengesang verantwortlich. An ihrer Seite sind dabei sieben Stimmbildner, die den „Einzelfeinschliff“ vornehmen. Für die studierte Kirchenmusikerin (A-Examen) sowie diplomierte Dirigentin/Orchesterleiterin geht so ein Traum in Erfüllung, wie sie selbst sagt. „Beide Leidenschaften in einer Stelle vereint. Das ist schon einfach fantastisch.“
Angefangen hat die musikalische Laufbahn von Hermia Schlichtmann vor 50 Jahren. Bereits mit vier Jahren liebte sie die Musik. Erst bekam sie Klavierunterricht, mit 13 Jahren ging es für sie dann an die Orgel. Der Heeker Chorleiter und Organist Manfred Pieper (80) nahm die Nachwuchsmusikerin unter seine Fittiche. Nicht verwunderlich, dass Schlichtmann die Orgel in Heilig Kreuz Heek noch in bester Erinnerung ist.
Viele Jahre durch die Welt getingelt
Wenngleich diese natürlich nicht mit der imposanten Erscheinung im Frankfurter Kaiserdom zu vergleichen sei. „Dort zu spielen, ist ein unbeschreibliches Gefühl, das mich mit viel Dankbarkeit erfüllt.“ Dass es dazu kam, war übrigens nicht mal geplant. Viele Jahre tingelte die selbstständige Kirchenmusikerin und Dirigentin durch die Welt. Irland, Frankreich, Norwegen, Schweden, Israel, Moskau und die USA standen auf dem Plan. „Ich bin schon viel rumgekommen“, lacht die 54-Jährige.

Hermia Schlichtmann steht die Freude über ihre neue Stelle in Frankfurt ins Gesicht geschrieben. Für sie geht so ein Lebenstraum in Erfüllung. © Annette Hausmanns
Immer mal wieder habe sie sich dabei Gedanken gemacht, irgendwann und irgendwo doch mal beruflich „sesshaft“ zu werden. Nur das richtige sei nie dabei gewesen. Bis 2019. In diesem Jahr wurde im Frankfurter Kaiserdom ihre jetzige Stelle neu geschaffen und ausgeschrieben. „Das war meine Chance. Da hatte ich ein gutes Gefühl“, erinnert sich Schlichtmann. Und geklappt hat es auch direkt.
Coronakrise ist eine harte Bewährungsprobe
„Alles in einer Hand zu haben, Netzwerke aufzubauen, alles zu verknüpfen und zu sehen, wie sich alles zusammenfügt, ist mit nichts anderem zu vergleichen“, hebt Schlichtmann hervor. Und die Art und Weise, wie sie die Worte betont, machen deutlich: Hier hat jemand seine Berufung wahrlich gefunden. Wenngleich diese, wie fast überall auf der Welt, derzeit von der Coronakrise auf eine harte Probe gestellt wird.
In den drei Monaten vor den Sommerferien fielen alle Proben aus. Nicht einfach sei das aus musikalischer Sicht gewesen. „Doch nach der Wiederaufnahme der Proben den Glanz in den Augen der Kinder zu sehen, hat für vieles entschädigt“, sagt Hermia Schlichtmann. Doch auch in Frankfurt ist mit Blick auf die Infektionszahlen das Schlimmste noch nicht überstanden. Auftritte der Chöre seien darum Mangelware.
Kreativität ist bei den Proben gefragt
„Dafür sind wir bei den Proben sehr kreativ“, berichtet Schlichtmann. Alles in Absprache mit dem Bistum und der Stadt. Geprobt wird in Kleingruppen mit acht bis zwölf Kindern. Dabei muss jeder um sich herum neun Quadratmeter Platz haben, da singen in der Regel größere Mengen Aerosole freisetzt als das bloße Atmen. Gymnastikreifen auf dem Boden helfen den Kindern, den Abstand einzuhalten. Sie dienen der Visualisierung des notwendigen Abstandes.
Länger als 30 Minuten Proben sei auch nicht zulässig. „Danach müssen wir zudem gründlich lüften.“ Rund 25 Gruppen gilt es derzeit so auf diesem Wege zu unterrichten. Jede einzelne Gruppe müsse dabei natürlich öfter proben, als wenn das Ganze im Kollektiv geschehen würde. Eine echte Herausforderung, wie Hermia Schlichtmann sagt. Aber: „Wir sind einfach glücklich, dass wir überhaupt noch zusammen musizieren können.“
Auf die Zeit nach der Pandemie vorbereiten
Zudem gehe es darum, sich auf die Zeit nach der Pandemie vorzubereiten. Jene Zeit, in der dann wieder jede Menge Auftritte auf dem Programm stehen. „Proben ohne Auftritte ist nicht so schön, aber wenn man ein Ziel vor Augen hat, fällt es leichter“, so Schlichtmann.
Und sie selbst ist sich sicher: „Ich habe meine Traumstelle gefunden.“ Daran könne auch die Coronakrise nichts ändern. „Ich habe nicht vor, noch mal weiterzuziehen. Hier ist so vieles möglich, wie bekommen jede erdenkliche Unterstützung seitens der Gemeinde. Nein, mehr kann man sich einfach nicht wünschen.“
Liebt als gebürtiger Münsterländer die Menschen und Geschichten vor Ort. Gerne auch mit einem Blick hinter die Kulissen. Arbeitsmotto: Für eine spannende Story ist kein Weg zu weit.
