
© Christian Bödding
Hermann-Josef Schabbing wartet vergeblich auf schnelles Internet
Glasfaser im Außenbereich
Hermann-Josef Schabbing wohnt im Außenbereich, in Sichtweite des Heeker Ortsschildes. Doch ein Breitbandanschluss ist für ihn in weiter Ferne. Der Anschluss ist zu teuer, sagen die Unternehmen.
Von Forschungsministerin Anja Karliczek stammt der Spruch: „5G ist nicht an jeder Milchkanne notwendig.“ Schnelles Netz auf dem Land – muss das wirklich sein? An 5G-Mobilfunk und ganz neue digitale Möglichkeiten denkt Hermann-Josef Schabbing aus Heek überhaupt noch nicht. Der 31-Jährige wohnt auf dem Land und wäre schon froh, wenn er einigermaßen schnelles Internet hätte.
Seit Jahren wartet er an der Rheiner Straße in Heek auf einen Anschluss an die schöne neue Datenwelt, die für viele schon längst kein Neuland mehr ist, weil sie über einen Glasfaseranschluss mit flotten Datenübertragungsraten verfügen.
DSL-Anschluss
„Wir wollen auch gerne Glasfaser. Aber das klappt aus verschiedenen Gründen nicht“, erklärt Hermann-Josef Schabbing. Also nutzt der Heeker gezwungenermaßen weiter seinen DSL-Anschluss 16.000 mit einer Geschwindigkeit von 16 Mbit/Sekunde. „Tatsächlich sind das aber nur 12 Mbit pro Sekunde“, hat er mit verschiedenen Tests festgestellt.
Hermann-Josef Schabbing nennt Beispiele: „Bis sich auf dem Bildschirm eine Webseite komplett aufgebaut hat, vergehen schon mal 30 Sekunden. Um 60 Gigabyte herunterzuladen, dauert es schon mal bis zu 18 Stunden. Mit schnellem Internet wäre das in 30 Minuten geschafft. Und wenn zwei Personen gleichzeitig im Internet surfen, dann kommt es schon mal zu Verbindungsabbrüchen.“
Zuerst mit Bornet, später mit dem Nachfolge-Unternehmen Deutsche Glasfaser, mit der Firma Epcan und der Gemeinde Heek habe er über einen Glasfaseranschluss gesprochen, berichtet Hermann-Josef Schabbing am Donnerstag im Gespräch mit unserer Redaktion. „Von den Firmen hieß es, der Anschluss wäre zu teuer, weil man die Leitung unter der B 70 verlegen müsste.“ Man habe ihm zu „unterstützenden Eigenleistungen“ von rund 8000 Euro geraten, berichtet der Heeker. Ein Angebot, das er bislang abgelehnt hat.
Glasfaserleitung auf der anderen Straßenseite
Insgesamt vier Wohnparteien an der Adresse an der Rheiner Straße wünschen sich einen Glasfaseranschluss. „Aber immer heißt es, das geht nicht, wir wären im Außenbereich.“ Der 31-Jährige zeigt auf das gut 100 Meter entfernt liegende Ortsschild.
„Dabei liegt unter dem Radweg auf der anderen Straßenseite eine Glasfaserleitung. Ich verstehe nicht, warum unsere Häuser dort nicht angeschlossen werden können. Wenn wir zehn Kilometer vom Ortskern entfernt wohnen würden, könnte ich das verstehen, aber das sind nur 100 Meter.“
Zumal eine Anschlussmöglichkeit laut seiner Kenntnis auch am gut 150 Meter entfernten Kreisverkehr B70/Legdener Straße bestehe, sagt Hermann-Josef Schabbing. Woanders werde kilometerweit gebuddelt, um auch noch den letzten Landwirt anzuschließen. „Uns lässt man hier einfach liegen.“
Ist das tatsächlich so? Unsere erste Nachfrage geht an die Firmen Epcan und Deutsche Glasfaser. Christine Middelkamp von Epcan mit Sitz in Vreden antwortet: „Wir würden Herrn Schabbing gerne an unser Glasfasernetz anschließen.“ Doch: „Die nächste Anschlussmöglichkeit ist rund 250 Meter entfernt und wir müssen die Dinkel queren. Der Aufwand für einen Anschluss bewegt sich dann in einem fünfstelligen Bereich.“
Nicht im Förderprogramm
Zudem werde die Adresse auch nicht über ein Förderprogramm abgedeckt. Die Empfehlung des regionalen Anbieters mit über 9000 Privatkunden im Breitbandbereich: eine Kontaktaufnahme mit dem Provider im Ortskern, der Deutschen Glasfaser.
Wir nehmen Kontakt mit Dennis Slobodian auf, er ist Referent Unternehmenskommunikation bei der Deutschen Glasfaser mit Sitz in Borken. Das deutschlandweit tätige Unternehmen baut und betreibt in der Region Glasfasernetze. Im Kreisgebiet hat die Deutsche Glasfaser rund 20.000 Kunden am Netz.
„Die von Hermann-Josef Schabbing angesprochene Leitung auf der anderen Straßenseite ist eine sogenannte Backbone-Trasse“, greift Dennis Slobodian einen Punkt heraus. „Das ist eine Hauptleitung. An die kann man einen Kunden nicht direkt anschließen.“
Zu der vom Heeker angesprochenen Anschlussmöglichkeit am Kreisverkehr sagt Dennis Slobodian: „Der Kasten ist gut 150 Meter entfernt. Wenn Sie Tiefbaukosten von etwa 100 Euro pro Meter zugrunde legen, dann sind sie schnell bei einer größeren fünfstelligen Summe.“
Anschlusskosten von 25.000 Euro
Aufwand und Ertrag würden in keinem Verhältnis stehen. „Wir bauen privatwirtschaftlich“, erklärt Dennis Slobodian. Er habe eine Anschlussmöglichkeit der Adresse an der Heeker Straße 16 von der Nachanschlussabteilung grob kalkulieren lassen. „Alles in allem wären wir bei etwa 25.000 Euro.“ Das sei nicht abbildbar bei Einnahmen von etwa 30 Euro monatlich für den Internetanschluss.

Breitbandausbau in Heek - doch das Wohnhaus von Hermann-Josef Schabbing an der B 70 wird nicht angeschlossen. © TIll Meyer
Dennis Slobodian berichtet, dass die Deutsche Glasfaser des Öfteren mit Fällen zu tun habe, in denen kleinere Siedlungen im Außenbereich gerne einen Breitbandanschluss hätten. „Wir kalkulieren das und manchmal gibt es einen Baukostenzuschuss. Aber in diesem Fall sind wir fast jenseits von Gut und Böse“, sagt Slobodian. Er rät, bei der Gemeinde nachzuhören.
Vertrag mit Epcan
Bürgermeister Franz-Josef Weilinghoff bezieht auf Anfrage Stellung. Die Gemeinde habe mit der Firma Epcan einen Anschlussvertrag abgeschlossen, teilt er am Freitag mit. „Nach diesem Vertrag ist die Firma verpflichtet, flächendeckend Anschlüsse im Außenbereich zu errichten.“
Das werde momentan auch so umgesetzt. „Im Vertrag ist weiterhin geregelt, dass maximal 95 Prozent aller Haushalte im Außenbereich angeschlossen werden müssen. Da die Gesamtinvestitionssumme inklusive Förderung auf zwei Millionen Euro begrenzt ist (für rund 300 Haushalte im Außenbereich) kann es dazu führen, dass einzelne Anschlüsse aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen nicht gelegt werden können. Leider scheint das bei Herrn Schabbing der Fall zu sein.“
Der Hof liege geografisch für einen Anschluss in einer schwierigen Lage. Ein Anschluss sei wohl nur mit einer entsprechend umfangreichen finanziellen Eigenleistung möglich. Die Gemeinde unterstütze ihre Bürger bei deren Anliegen, doch: „wir haben hier keine weitergehenden Befugnisse und können auch nicht selbst Leitungen verlegen“, erklärt Franz-Josef Weilinghoff.
„Jeder Fall ist speziell“
Neben dem Fall von Hermann-Josef Schabbing sind dem Bürgermeister noch einige wenige weitere Fälle bekannt. Meistens seien individuelle Lösungen gefunden worden, bei denen die Grundeigentümer größere Eigenleistungen erbrachten oder Vereinbarungen mit ihren Nachbarn trafen. „Jeder Fall ist speziell und muss als Einzelfall betrachtet und gelöst werden“, heißt es von Franz-Josef Weilinghoff. Das sei nicht immer wirtschaftlich möglich.
Was die Heeker Versorgung mit Glasfaser allgemein angeht, sieht der Bürgermeister die Kommune sehr gut aufgestellt. Bis auf zwei kleinere Gewerbegebiete (Düstermühlenweg und Stroot/Hülsta seien nahezu alle Haushalte in Heek mit Glasfaser versorgt.
Christian Bödding, Jahrgang 1966, ist bekennender Westfale, aber kein Sturkopf. Er schreibt gerne tiefgründig und am liebsten über lokale Themen, über die sich andere nach der Lektüre seiner Texte aufregen.
