Heeker Landwirt setzt auf Öko-Schweine statt Mammutställe

Biobauer

Bernhard Borgert wird Heeks erster Biobauer. Das ist eine Riesenaufgabe, denn eine Menge ist bei der Umstellung für die Tiere und den Hof zu beachten.

Heek

, 17.08.2018, 17:51 Uhr / Lesedauer: 3 min
Elke und Bernhard Borgert stellen ihren Hof auf ökologische Landwirtschaft um und leisten damit in Heek Pionierarbeit. Sohn Roman und die Töchter Victoria (nicht im Bild), Marietta (neben ihrem Vater) und Hofhund Isco sind mit von der Partie.

Elke und Bernhard Borgert stellen ihren Hof auf ökologische Landwirtschaft um und leisten damit in Heek Pionierarbeit. Sohn Roman und die Töchter Victoria (nicht im Bild), Marietta (neben ihrem Vater) und Hofhund Isco sind mit von der Partie. © Christiane Nitsche

Irgendwann dachten sie sogar darüber nach, aufzuhören. „Wachsen oder weichen – das war immer der Trend“, sagt Elke Borgert. Aber größer werden war keine Option bei aktuell 300 Sauen auf dem Hof von Bernhard Borgert und seiner Frau in Wext. „Der Markt ist sowieso schon voll.“

Doch es gehört schon einiges dazu, einen Hof mit fast 800 Jahren Geschichte aufzugeben. Hinzu kommt: Bernhard Borgert hatte schon lange keine rechte Freude mehr an der sogenannten konventionellen Schweinehaltung. „Aber man muss ja auch Geld verdienen damit“, sagt der staatlich geprüfte Landwirt. Vor drei oder vier Jahren habe er sich schon einmal intensiv mit dem Gedanken befasst, den Hof auf ökologischen Betrieb umzustellen – damals unter der Marke Neuland. Aber es rechnete sich einfach nicht.

Erste Ernte nach neuen Richtlinien

Im letzten Jahr dann waren beide gemeinsam mit der ältesten Tochter Victoria, die jetzt auch mit der Ausbildung zur Landwirtin begonnen hat, bei einer Bioland-Tagung in Rostock. Und obwohl die Bioland-Richtlinien zu den strengsten in der ökologischen Landwirtschaft gehören und anders als beim Neuland-Siegel neben der Schweinehaltung auch der Ackerbau entsprechend umgestellt werden muss, um es nutzen zu können, überzeugte das Konzept die Heeker. Bernhard Borgert: „Wir versprechen uns von dem Siegel eine bessere Vermarktung.“

Borgert baut Getreide und Mais für seine Schweinezucht selbst an. Mit Stichtag 15. Juni begann die Umstellung, die sich über zwei Jahre hinziehen wird. „Die jetzige Ernte wird noch konventionell verkauft“, erklärt er. Für die nächste Ernte wird nach Bioland-Richtlinien angebaut. Bis zum Ablauf der beiden Jahre wird die Ernte als „Umstellungsware“ gehandelt. An die eigenen Tiere verfüttern darf er sie, für den menschlichen Verzehr aber dürfe sie nicht verkauft werden.

1. Januar ist Stichtag

Die Umstellungsphase ist notwendig, um den Boden frei von Pflanzenschutzmitteln und Co. zu bekommen. Sind die Rückstände abgebaut, können wieder die eigenen Futterpflanzen an die Tiere verfüttert werden. Bis dahin muss das Futter zugekauft werden.

Parallel zur Umstellung auf dem Feld beginnt die Umstellung der Tiere auf die veränderten Gegebenheiten. „Ab 1. Januar bekommen alle Biofutter“, so Borgert. Außerdem würden die Ställe umgebaut. „Alle Tiere, die ab dem 1. Januar geboren werden, kommen in Bioställe.“

Auslauf nach draußen, Einstreu aus Stroh und vor allem mehr Platz: „Das wird eine Mammutaufgabe“, weiß Borgert. „Wir haben noch keine Baugenehmigung, hoffen aber, dass wir Mitte September anfangen können.“ Bernhard Borgert ist kein Öko-Romantiker und alles andere als naiv. Auch sieht er sich nicht in einem Feldzug gegen die konventionelle Landwirtschaft. „Eigentlich arbeiten konventionelle und ökologische Bauern gut zusammen“, findet er. Und doch freut er sich auf sein künftiges, neues Leben als Öko-Landwirt. „Es geht dann nicht mehr so sehr um Masse“, sagt er. Bei konventioneller Tierhaltung habe er etwa zehn Stunden direkte Arbeit am Tier pro Sau und Jahr, rechnet er vor. Nach der Umstellung würden es 30 Stunden. Dazu gehöre natürlich das Ausmisten, aber auch die Kontrolle der Tiere auf gute Gesundheit – und das, was er „Wahrnehmung“ nennt. „Man muss mehr beobachten und sich vorher viel mehr Gedanken machen.“

Zweimal Antibiotika ist zuviel

Dazu gehöre etwa die Gesundheitsprophylaxe. „Wenn ich einem Tier zwei Mal Antibiotika geben muss, ist es schon kein Bio mehr.“ Und derlei Verluste kann sich kein Landwirt auf Dauer leisten. Allerdings hat Borgert auch schon „Stroherfahrung“, denn die tragenden Säue haben schon jetzt auf seinem Hof ein Strohlager und freie Bewegung in einem eigens eingerichteten Stall.

Die Herausforderungen ans Hofmanagement würden sicher höher werden, rechnet Bernhard Borgert sich aus. Im Gegenzug aber bekomme er etwas, das nicht nur die Schweine glücklicher machen dürfte: „Es wird einen Tacken harmonischer“, glaubt er. Dazu gehört dann auch das Erscheinungsbild. „Das ganze Hofbild wird sich verändern“, sagt Elke Borgert. „Überall ist Stroh und überall wird man Schweine sehen.“

Dabei ist mit Hofbesuchern nicht so schnell zu rechnen. Direkt vermarkten wollen Borgerts die Tiere nicht. Das Bioland-Netzwerk vermittelt Abnehmer. Da gebe es einen Interessenten im Tecklenburger Land. „Verkauf ab Hof“, überlegt Borgert, „das ist dann vielleicht der zweite, dritte oder vierte Schritt.“

Reaktionen in allen Formen

Und was sagt das Umfeld? Opa Wilhelm und Oma Anni, die beide noch auf dem Hof leben, beobachten das Ganze schon mit etwas Skepsis. „Aber die sind vor allem gespannt“, sagt ihr Sohn. Die Kinder haben unterdessen ihr eigenes Öko-Projekt gestartet. Roman (14) und Marietta (zwölf) haben einen alten Bauwagen zum Hühnerstall umfunktioniert – mit glücklichen Hühnern, die jede Menge Auslauf haben und ihre Eier schon mal im Strohlager legen.

Von Kollegen und Nachbarn habe er die ganze Spannbreite „von bis“ zu hören bekommen. „Manche sagen, sie finden es gut. Aber es gibt auch welche, die meinen: Du bist ganz schön mutig.“ Auf jeden Fall werde es eine spannende Zeit bis zum großen Tag: „Ab dem 15. Juni 2020 sind wir ein reiner Biohof.“