
Ivan aus England hat eine Nacht bei Petra Herrmann in Sythen gezeltet. Sie haben über eine Plattform für Reisende zueinander gefunden. © Petra Herrmann
Gratis zelten in fremden Gärten: Petra Herrmann nimmt Reisende für eine Nacht auf
Reisen
Über die Plattform „1Nite Tent“ können Reisende eine Nacht umsonst bei fremden Leuten im Garten zelten. Petra Herrmann aus Sythen ist dort registriert und hatte schon Gäste aus aller Welt.
Eigentlich wollte der Engländer Ivan nur sechs Monate mit seinem Fahrrad auf Reisen gehen. Daraus sind mittlerweile fünf Jahre geworden. Eine Nacht hat er jetzt bei Petra Herrmann auf dem Forsthof in Sythen gezeltet - obwohl sich die zwei vorher nicht kannten.
Entstanden ist der Kontakt über die Plattform „1Nite Tent“. Auf der Webseite können Reisende Zeltplätze für eine Nacht finden. Angelehnt ist es an das Prinzip des Couchsurfens - nur statt einem Sofa wird hier ein Zeltplatz für eine Nacht angeboten.
Seit etwa drei Jahren Gastgeberin bei „1Nite Tent“
Petra Herrmann ist bereits seit etwa drei Jahren als Gastgeberin bei „1Nite Tent“ registriert. Ihre Tochter hat das Ganze ins Rollen gebracht. „Meine Tochter ist mit unserem alten Renault Kangoo damals durch Norwegen gereist“, erzählt Petra Herrmann. „Dort darf man überall für eine Nacht zelten oder campen. Das fand sie so toll und ist auf die Initiative ‚1Nite Tent‘ aufmerksam geworden, bei der Privatpersonen genau so einen Schlafplatz für eine Nacht anbieten können.“

Manche Reisende kommen mit dem Motorrad zu Petra Herrmann - die so groß sind wie ihre Ponys. © Petra Herrmann
Pro Monat meldet sich meist eine Person über die Plattform, die bei Familie Herrmann in Sythen zelten möchte. „In der Corona-Zeit haben die Anfragen total zugenommen“, sagt Petra Herrmann. „Es gab im Sommer die ersten Lockerungen, aber die Camping-Plätze durften weiterhin nicht eröffnen.“
In dieser Zeit hat die Sythenerin streng darauf geachtet, dass ihren Schlafgästen bewusst ist, dass sie nur für eine Nacht bleiben können. Ihr ist wichtig, mit ihrem kostenlosen Angebot keine Konkurrenz für örtliche Campingplatz-Betreiber darzustellen.
Deswegen lehnt sie Anfragen ab, bei denen Leute länger als eine Nacht bei ihr auf dem Forsthof zelten möchten oder auch große Gruppen. „Manchmal melden sich Jugendgruppen oder Junggesellenabschiede bei mir“, sagt Petra Herrmann, „aber dafür ist das Angebot über ‚1Nite Tent‘ nicht gedacht. Das Schöne ist aber auch, dass wir selbst entscheiden können, ob es gerade passt oder nicht.“
Kontakt mit den Reisenden auch nach ihrer Abfahrt
Die Reisenden melden sich größtenteils kurzfristig bei Petra Herrmann - entweder per SMS, WhatsApp oder Mail. Und wer dann kommt, ist ganz unterschiedlich. „Ivan, der Engländer, der war schon ganz besonders“, sagt die Sythenerin über ihren letzten Übernachtungsgast. „Der ist seit fünf Jahren unterwegs und alles, was er braucht, passt in zwei Satteltaschen an seinem Fahrrad. Damit war er schon in Lateinamerika, in Japan, in Neuseeland, Polen, Norwegen und Schweden. Das war total interessant.“

Der Engländer Ivan hat alles, was er braucht, in seinen Satteltaschen am Fahrrad verstaut. © Petra Herrmann
Nicht immer hat Familie Herrmann so viel Kontakt mit den Reisenden. Manchmal zeigt sie den Leuten nur den Schlafplatz und die Toilette und am nächsten Morgen sind sie schon weiter auf Reisen.
Manchmal bekommt Petra Herrmann aber auch nach den Übernachtungen noch Nachrichten ihrer Schlafgäste. „Es waren einmal zwei Männer aus Portugal hier“, erzählt Petra Herrmann. „Die Zwei waren auf dem Weg zum Nordkap. Dort angekommen, haben sie mir ein Foto von sich am Nordkap geschickt.“
Plattform hat viele Vorteile für Petra Herrmann
Für Petra Herrmann hat die Plattform „1Nite Tent“ viele Vorteile. „Es ist nicht nur für die, die reisen, praktisch, sondern auch für die Gastgeber total spannend“, sagt sie. „Ich finde es auch eine ganz tolle Art und Weise, einen anderen Tourismus zu unterstützen.“
Häufig sind die Reisenden nämlich mit dem Fahrrad unterwegs, manchmal mit dem Motorrad oder einem umgebauten Campervan. Aufs Fliegen verzichten sie aber in der Regel. „Es ist ein kleiner Beitrag zu einer enkeltauglichen Welt“, sagt sie. „Es muss nicht immer schneller, höher, weiter sein. Es gibt so schöne Radstrecken von Münster nach Haltern. Manchmal kann der Urlaub vor der eigenen Haustür genauso entspannend sein.“
Seit klein auf gerne geschrieben. Ob Tagebuch oder Postkarte. Deswegen war auch der Traumberuf in der Grundschule: Im Winter Bücher schreiben und im Sommer Eis im Eiswagen verkaufen.
