
Wolfgang Möllers ist am 22. März 2022 im Alter von 81 Jahren verstorben, nach einer Lungenentzündung ins Koma gefallen und nicht mehr wachgeworden. © privat
Wolfgang Möllers: Eine ehrliche Haut mit vielen Talenten
Unvergessen
Wegbegleitern wird warm ums Herz, wenn sie an Wolfgang Möllers denken. Aus dem Koma infolge einer Lungenentzündung ist er nicht mehr aufgewacht – dabei hätten sie ihm noch viele Jahre gegönnt.
Am Ende geht es darum weiterzumachen. Zu lernen, dass der Tod eines Partners ein Fehltritt im über 51 Jahre währenden Gleichschritt des Lebens ist, dass er aber nicht bedeutet, dass der Weg auch zuende gegangen ist. Es geht weiter, immer weiter.
Wolfgang Möllers hinterlässt ein Loch im Leben
Annegret Möllers muss jetzt Energie schöpfen aus der Restwärme der Erinnerung. Für sich selbst, für die Kinder. Aber lernen muss man das erstmal. „Ich habe ein Loch in meinem Leben“, sagt sie. Am 22. März 2022 ist ihr Mann Wolfgang im Alter von 81 Jahren verstorben, nach einer Lungenentzündung ins Koma gefallen und nicht mehr wachgeworden.
Seitdem ist sie wie eine Pfadfinderin unterwegs – nicht alleine, weil sie viel Unterstützung durch ihre Tochter erlebt, aber doch noch auf einsamer Spur. „Ich beschäftige mich mit Sachen, die ich sonst nie gemacht habe – und nur ich, da brauche ich keinen neben mir.“

Wolfang Möllers packte an, wo er gebraucht wurde. © privat
„Das muss ich ihm gleich erzählen…“, so etwas fällt ihr immer noch ein. Ganz allein ist sie also nicht, hier im Ortsteil Sythen in Haltern am See.
Musiker, Naturfreund und Pazifist
Womit tröstet man sich über den Verlust eines Menschen hinweg, von dem man weiß, dass er für viele eine Rolle gespielt hat? Das weiß Rolf Behlert selber noch nicht genau. „Ich bin vorsichtig mit dem Ausdruck Freund“, sagt er, „aber Wolfgang war einer.“ Wolfgang Möllers, der Trompeter, der Naturfreund, der Pazifist, verlässlich und humorvoll. „Mit 16 haben wir uns kennengelernt“, erzählt der 82-Jährige, als sie gemeinsam bei der Westfälisch-Anhaltische Sprengstoff AG den Beruf des Laboranten lernten. Sie pöhlten auf der Stockwiese, streiften durch die Borkenberge.

Musik war seine Leidenschaft: Wolfgang Möllers spielte Trompete und sang im Chor. © privat
„Er hatte Angst vor Fröschen“, erinnert er sich, „wenn ich einen in der Hand hatte, trieb ihn das zu läuferischen Hochleistungen an. Aber Eichhörnchen, die wir aus Kiefern geschüttelt haben, konnte er aus der Luft fangen.“
Es war Mitte der 1950er-Jahre. Vieles lag noch in Trümmern. Dass ein alter, verdreckter Schießstand seine Aufwertung zum Musikkeller erfuhr, verdankte er den beiden Jungs – und dem Film „Immer wenn der Tag beginnt“. „Als wir den Mitternachtsblues aus der Filmmusik gehört haben, war uns klar, dass wir jetzt selber Musik machen müssen. Wolfgang hatte Billy Mo gehört und wollte Trompete spielen, ich spielte Schlagzeug.“
Die Jagd war ihm ein Gräuel
Die Erinnerung kann einen umhüllen wie eine dicke Jacke. Ihm werde heute noch warm ums Herz, wenn er sich an Möllers Hilfsbereitschaft erinnert. „Mit ihm konnte man Probleme ausdiskutieren, er konnte andere Meinungen zulassen“, so Behlert, „nur wenn’s ums Schießen ging, war’s vorbei.“ Die Jagd war ihm ein Gräuel: „Wenn einer einen Rehbock haben will, soll er so schnell hinter ihm herlaufen, bis er ihn an den Hörnern packen kann.“ Das dazu. „Und der Krieg jetzt in der Ukraine, der hätte ihn maßlos aufgeregt.“
Die Welt wird überall besser, wenn sie dort besser wird, wo man selber lebt. Dafür habe Wolfgang viel getan. Beim Zusammenarbeiten im Natur- und Vogelschutzverein Haltern, im Chor, im Blasorchester, in der Nachbarschaft. „Den konntest Du immer fragen, er war immer zur Stelle.“
Ein Vorbild im menschlichen Miteinander
„Von ihm konnte man lernen zu sagen, was man denkt – das aber freundlich verpackt“, erinnert sich Josef Alfs vom Heimatverein Sythen, der Möllers später für die Blaskapelle Hullern begeistern konnte, wo er Gründungsmitglied wurde. Kennengelernt hat er ihn viel früher – nämlich als Sechsjährigen in der Volksschule. „Wolfgang war ein Vorbild. Nicht unbedingt, was die Leistung in der Schule anbelangte, aber darin, wie man mit anderen Leuten umgeht. Der hatte ‘ne gesunde Meinung, und die wurde auch akzeptiert.“ Ihm falle der Verlust immer noch schwer. „Dem Wolfgang“, sagt Alfs, „hätte ich noch viele Jahre gegönnt.“
Möllers konnte nicht nur mit Reagenzgläsern umgehen, er konnte auch eine Wasserpumpe auseinandernehmen, Kopfweiden schneiteln und im Süskenbrooksmoor eine Gummifolie in den Boden einbringen, um das Gelände zu schützen. Nicht alleine natürlich, aber wer ist schon gern alleine? „Sein Humor war beeindruckend“, erinnert sich Behlert, „Wolfgang hätte den Weg von der Chemie zur Comedy gehen können, habe ich mir manchmal gedacht. Später fing er an zu joggen, erst im Dunklen, damit ihn keiner sah, dann lief er sogar einen Halbmarathon.“

Wolfgang Möllers konnte nicht nur mit Reagenzgläsern umgehen. Er war ein Mann, der gerne mit anpackte, hier im Süskenbrooksmoor. © privat
Was mit Billy Mos „Mitternachtsblues“ im Schießstand in den 1950ern angefangen hat, trug ihn durchs ganze Leben. Der Trompeter hing dem alten Ton nach. „Mit Modernem hat er sich etwas schwergetan“, sagt Ulla Rudolf, „aber mit Volkstümlichem Freude und Geselligkeit zu vermitteln, das ist ihm leichtgefallen.“ Gesungen hat er ebenfalls, so die Vorsitzende des Andreas-Chores in Hullern, die „Irischen Segenswünsche“ am liebsten: „Möge die Straße uns zusammenführen und der Wind in deinem Rücken sein, sanft falle Regen auf deine Felder und warm auf dein Gesicht der Sonnenschein. Und bis wir uns wiedersehen, halte Gott dich fest in seiner Hand.“
„Da war noch so viel Gutes“ in Wolfgang Möllers
Tobias Rudolf, Ulla Rudolfs Sohn, spielte das Lied bei der Beerdigung. Sein Vater konnte nicht. Konnten sowieso einige nicht so, wie sie wollten, weil ihnen der Tod Wolfgang Möllers nahe ging. „Im Grunde kann man es nicht verstehen“, sinniert Ulla Rudolf, „da war noch so viel Gutes in dem Menschen, das hätte man doch noch aufbrauchen können...“