
© Jürgen Wolter
Warum gibt es im Herbst 2021 in Haltern keine Eicheln?
Eicheln
Eicheln zusammenharken und entsorgen: Für viele Gartenbesitzer immer eine lästige Angelegenheit. Aber in diesem Jahr haben sie Ruhe, Eicheln gibt es kaum. Woran liegt das?
Unser Leser Andreas Wessel wundert sich. Er wohnt am Prozessionsweg. Dort stehen zahlreiche Eichen, die an sein Grundstück grenzen. „In den letzten Jahren musste ich hier Massen von Eicheln beseitigen, aber in diesem Jahr sind keine da, keine einzige!“
Ein Blick in den Prozessionsweg bestätigt diesen Eindruck. Die Eichen, die die Allee rechts und links säumen, sind zwar noch grün belaubt, aber es liegen weder Eicheln auf dem Boden, noch hängen welche an den Ästen.
„Es gibt Jahre mit vielen Eicheln oder mit weniger, das weiß ich“, sagt Andreas Wessel. „Aber so gar keine, das hab ich noch nicht erlebt, daran kann ich mich nicht erinnern.“ Ohne Eicheln könnte dem Wild im Wald eine wichtige Futterquelle im Winter fehlen, befürchtet er.
Waldbäume haben bestimmte „Mastjahre“
Waldbäume tragen in der Tat nicht jedes Jahr gleich viele Früchte. Darüber informiert beispielsweise das Baumpflegeportal im Internet. „Jahre, in denen Kastanien, Eicheln und Bucheckern im Überfluss vorhanden sind, heißen Mastjahre“, heißt es dort.

In Mastjahren fallen besonders viele Eicheln auf den Boden. In 2021 sind sie aber Mangelware. © picture alliance/dpa
„Die Samenmast bei Waldbäumen ist in Europa alle paar Jahre zu beobachten. Wenn sich die Äste der Buchen und Eichen unter der Last biegen und der Waldboden mit Eicheln und Bucheckern bedeckt ist, handelt es sich um ein Mastjahr. Der Name stammt aus früheren Zeiten, als die Bauern ihre Schweine in Wäldern hielten. In Jahren mit vielen Früchten fanden die Schweine mehr Futter, woraus der Begriff „Mastjahr“ entstand.“
Mastjahre sind ein Phänomen, das in unterschiedlichen Abständen immer wieder vorkommt. „Bei den Eichen eigentlich nur alle sechs bis 12 Jahre“, sagt Annette Schulte Bocholt von der Biologischen Station des Kreises Recklinghausen in Lembeck. „Insofern ist es zunächst mal normal, dass sie mal viele und mal wenige Früchte tragen.“
Einflüsse des Klimawandels
Von Mastjahren sind alle Baumarten betroffen, die eine unregelmäßige Fruchtbildung haben. Allerdings stellen Forscher zunehmend auch Einflüsse des Klimawandels auf die Ausbildung von Mastjahren bei den Baumarten fest. „In den letzten drei Jahren hatten wir extrem trockene und auch heiße Sommer“, sagt Annette Schulte Bocholt. In den drei Jahren haben die Eichen verstärkt geblüht und Früchte gebildet. „Der Baum reagiert auf die Wärme mit Blüte und Samenbildung, um das Überleben der Art zu sichern.“

Die Eichen am Prozessionsweg tragen keine Eicheln. © Jürgen Wolter
Diese Wärme und Trockenheit, die direkt mit dem Klimawandel im Zusammenhang steht, hat die Bäume drei Jahre hintereinander zu intensiver Fruchtbildung angeregt. „Es ist zu vermuten, dass sie deshalb in diesem Jahr eine Pause einlegen. Das Frühjahr und der Sommer waren kühler und regnerischer. Darauf haben die Bäume reagiert.“
Allerdings sei der Eichenbestand durch die trockenen Jahre auch insgesamt geschädigt worden, so Annette Schulte Bocholt. „Den Eichen geht es nicht gut“, sagt die Biologin. Ob das komplette Fehlen der Eicheln in diesem Jahr auch im Zusammenhang mit Klimaveränderungen steht, lasse sich zwar vermuten, aber letztlich nicht belegen.
Eichenprozessionsspinner ist nicht verantwortlich
Frederick Vollmer, Revierleiter im Team Waldbewirtschaftung Ost beim RVR Ruhr Grün, weist darauf hin, dass die Eichelknappheit nicht die amerikanische Eiche betrifft, die auch noch in der Haard zu finden ist. „Sie hat trägt Eicheln wie jedes Jahr“, sagt er. „Betroffen sind vor allem Stiel- und Traubeneichen“.
Auch für Vollmer sind die trockenen Jahre dafür verantwortlich, dass jetzt bei den diesen Eichenarten kaum Fruchtbildung erfolgt ist. Mit dem Eichenprozessionsspinner habe das höchstens indirekt zu tun, sagt er. „Er schwächt zwar auch die Bäume, aber er frisst nur die Blätter.“
Studium der Germanistik, Publizistik und Philosophie an der Ruhr Universität Bochum. Freie Autorentätigkeit für Buchverlage. Freier Journalist im nördlichen Ruhrgebiet für mehrere Zeitungshäuser. „Menschen und ihre Geschichten faszinieren mich nach wie vor. Sie aufzuschreiben und öffentlich zugänglich zu machen, ist und bleibt meine Leidenschaft.“
