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So denken Lehrer, Schüler und Eltern über den Distanzunterricht am HBBK
Digitalisierung an Schulen
Elternvertreter, Lehrer und Schüler sind mit dem Distanzunterricht am Hans-Böckler-Berufskolleg in Haltern zufrieden. Dass keine Schwierigkeiten auftreten können, bedeute das aber nicht.
Digitales Lernen könne einige Vorteile bieten, zudem sei das Hans-Böckler-Berufskolleg (HBBK) in Haltern technisch gut aufgestellt, sagten Matthias Bomba und Kathrin Ollas, Leiter des HBBK-Standortes in Haltern, im Rahmen einer Schulserie der Halterner Zeitung im November 2020. Die digitalen Möglichkeiten, die das Berufskolleg hat, vereinfachten vor allem in Distanzlernphasen vieles, erzählten sie. Das bestätigen nun Anfang 2021 Lehrer, Schüler und Elternvertreter – den normalen Unterricht vermissen sie aber trotzdem.
„Wir sind absolut gut aufgestellt, was unsere digitalen Möglichkeiten betrifft“, sagt Arne Feldmann, Referendar am Berufskolleg. Der Sportliche Leiter des SV Bossendorf unterrichtet Wirtschaft und spezielle Wirtschaftslehre am HBBK. In einigen Fachbereichen könne er einen „fast normalen Unterricht“ fahren, erzählt er.
Über Microsoft Teams, einer (Video-)Chatplattform von Microsoft Office, treffen sich die Klassen zu ihren Unterrichtsstunden in virtuellen Klassenräumen. Unterrichtet werden könne klassisch, also der Lehrer doziert, die Schüler hören zu und stellen Fragen, aber auch Gruppenarbeiten könne Feldmann in seinen Unterricht einbauen.
„Dann teile ich die Schüler in sogenannte Breakout-Rooms ein“, sagt er. In den separaten Räumen können die einzelnen Gruppen an ihrem Projekt arbeiten, um dann später in den eigentlichen digitalen Klassenraum zurückzukehren.

Am Hans-Böckler-Berufskolleg funktioniere der Distanzunterricht „vorbildlich“, sagt ein Elternvertreter. © picture alliance/dpa
Dass der Unterricht „fast normal“ ablaufe, bestätigt auch Fabio Kownatka, Schüler am HBBK. Der Zwölftklässler macht im Ausbildungsbereich Ernährung und Soziales sein Vollabitur mit anschließendem Anerkennungsjahr zum vollausgebildeten Erzieher. „Mein Tagesablauf hat sich durch den Distanzunterricht nicht verändert“, erzählt er.
„Mit der Zeit wurde es immer besser“
Kownatka, der im Mai 2020 den eSport-Stadtmeister-Titel in der Seestadt gewann, macht aber ein paar Veränderungen im Vergleich mit dem Distanzlernen während des ersten Lockdowns aus. „Während des ersten Lockdowns hatten wir weniger Stoff bearbeitet und einen etwas unstrukturierteren Unterricht“, sagt er. Alles sei neu gewesen, für Schüler und Lehrer. Auch die Arbeitsprogramme wie die Lernplattform „Moodle“ hätten einige Male Probleme bereitet. „Mit der Zeit wurde es aber immer besser“, sagt der Lavesumer.
Was ihm mittlerweile gefällt, ist, dass der Unterricht stringent aufgebaut ist und alle in der Distanzlernphase dazu gelernt haben. „Wir arbeiten jetzt nicht nur in einem normalen Tagesablauf, sondern auch viel mehr miteinander und kommunizieren mehr.“
Die Kommunikation zwischen Lehrer und Schüler lobt auch Fabio Kownatkas Vater René. „Der Distanzunterricht ist sehr gut organisiert“, sagt der Elternvertreter. Vor allem der Austausch zwischen den Parteien funktioniere gut. „Wie der Unterricht gestaltet wird, ist vorbildlich im Rahmen der Möglichkeiten.“

Kathrin Ollas (l.) und Matthias Bomba (r.) leiten den Standort Haltern des Hans-Böckler-Berufskollegs. © Niklas Berkel
Dadurch falle es auch ihm als Elternteil leichter in der aktuellen Phase. „Es gibt Fächer, in denen können wir nicht viel helfen“, sagt er. Funktioniere das Distanzlernen aber so wie am HBBK, sei das eine große Unterstützung.
Handys sind nicht nur zum Spielen da
Ein Vorteil der Distanzlernphasen, den Referendar Arne Feldmann bislang ausmachen konnte? „Die Schüler befassen sich mehr mit dem Thema Digitalisierung“, sagt er. „Sie merken, dass die Endgeräte nicht nur zum Spielen, sondern auch zum Arbeiten geeignet sind.“
Trotz der bislang guten Erfahrungen und einiger Vorteile falle aber nicht jedem der Distanzunterricht leicht. Auch negative Erfahrungen werden am HBBK gemacht.
Feldmann lehrt auch die internationale Flüchtlingsklasse am Berufskolleg. Der Digitalunterricht gestalte sich da als schwieriger. Einerseits mangele es an passenden Endgeräten. „Großteils arbeiten sie nur mit ihren Smartphones“, sagt Feldmann. Andererseits fehle der persönliche Umgang mit den Schülern. „Es ist etwas anderes, wenn sie nur Schuldeutsch lernen und kein Alltagsdeutsch mitbekommen.“

Fabio Kownatka ist Schüler am Hans-Böckler-Berufskolleg. © Archiv
Der persönliche Umgang fehle ihm auch mit den anderen Lerngruppen. „Ich bin ein Lehrer, der gerne normale Gespräche mit meinen Schülern führt“, sagt er. Auch deswegen würde er sich einen möglichst bald startenden Präsenzunterricht für alle Klassen an den Schulen wünschen.
Dass für Abschlussklassen, der Präsenzunterricht wieder gestartet ist, freut Fabio Kownatka. Was dem Schüler in Distanzlernphasen manchmal fehle, sei, dass die Lehrer im Präsenzunterricht individueller auf die Schüler eingehen können, als es im Distanzunterricht der Fall ist.
Auch Schüler aus bildungsschwachen Familien hätten es schwer im Distanzunterricht, äußerte sich ein Lehrer des HBBK in der Schulumfrage der Ruhr Nachrichten: „Schülerinnen und Schüler aus bildungsschwachen Familien werden zunehmend abgehängt. Meine Klasse spricht von Überforderung, dauerhaftem Stress und zunehmender Abgeschlagenheit.“ Der Distanzunterricht am Berufskolleg in Haltern ist gut organisiert, ist der Tenor, den Präsenzunterricht vergessen machen, kann er aber nicht.
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