
Ruth Oppermann und ihre Schildkröte Moritz sind seit 50 Jahren ein unzertrennliches Team. © Antje Bücker
Ein Haustier seit 50 Jahren: Ruth Oppermann aus Haltern und ihre Schildkröte
Leben mit Schildkröte
Seit fünfzig Jahren lebt die Seniorin mit einer griechischen Landschildkröte unter einem Dach. In der Zeit haben die beiden einiges miteinander erlebt.
Eigentlich ist unter den Haustieren ja der Hund der sprichwörtlich beste Freund des Menschen. Unter den tierischen Mitbewohnern stehen Hunde und Katzen auf der Beliebtheitsskala ganz oben. Von Reptilien kann man das eher nicht behaupten. Sie gelten zwar als interessant, aber auch als ungesellig, wenig kommunikativ und sehr gelehrig scheinen sie auch nicht zu sein. Dafür haben sie allen anderen Haustieren aber eines weit voraus: ihre Lebensdauer!
Dass man auch zu einem Kaltblüter durchaus eine Beziehung aufbauen kann, beweist Ruth Oppermann aus Lippramsdorf. Haus und Garten teilt sie sich mit ihrem Moritz. „Die Tierhandlung in Marl lag auf meinem täglichen Weg zum Einkaufen. Ich kam also ständig daran vorbei und sah ihn dort mit anderen Schildkröten in seinem Gehege“, erzählt die 83-jährige, die nach ihrer Flucht aus Schlesien zunächst nach Marl und später nach Lippramsdorf gezogen war.
Das Tierchen weckte ihr Interesse. Sie informierte sich über die Haltungsbedingungen und schließlich kaufte sie das junge Schildkröten-Männchen als Haustier für ihre drei Kinder. „Wie alt er damals war, weiß ich nicht. Aber er war noch sehr jung. Er passte in eine Hand“, erinnert sie sich.
Mit 50 Jahren im besten Alter
Seitdem ist Moritz tüchtig gewachsen. Ein ausgewachsener Prachtkerl in den besten Jahren ist er mittlerweile. Tellergroß ist sein Panzer und wenn er – gar nicht lahm wie eine Schildkröte – durch den Garten von Frauchen wuselt, dann nehmen andere Tiere schon mal Reißaus. „Nach ihm bekamen wir noch eine Katze, einen Dackel und einen Kanarienvogel“, erzählt Ruth Oppermann, „die hatten alle Respekt vor ihm und flüchteten auf die Bank, wenn er angelaufen kam. Moritz kann auch schon mal kräftig zubeißen, wenn er will!“

Moritz frisst Ruth Oppermann nicht nur aus der Hand, er folgt ihr im Haus und im Garten auf Schritt und Tritt wie ein Hund. © Antje Bücker
Seine gefiederten und bepelzten Kollegen hat Moritz lange schon überlebt. Obwohl er eigentlich eine ruhige Kugel schiebt, hat er doch einmal für viel Aufregung im Hause Oppermann gesorgt: Eines Tages hatte er ein Loch im Zaun entdeckt und ist auch prompt entwischt. „Stundenlang haben wir ihn alle zusammen gesucht, bis wir in am Ende der Straße wiedergefunden haben. Bis der Zaun repariert war, musste er ins Gehege.“
Vier Monate Winterschlaf
Dort hinein muss er heute nur noch in Ausnahmefällen, nämlich wenn Ruth Oppermann Besuch hat, oder selbst aus dem Haus muss. Die Wohngemeinschaft der beiden folgt dennoch strengen Regeln. Nicht weil Moritz sich nicht benehmen könnte, sondern weil das wechselwarme Tier besondere Ansprüche hat, um gut über den Winter zu kommen. Anfang November bis Ende Februar legt die Freundschaft jährlich eine viermonatige Pause ein. Zwangsweise – denn dann muss Moritz nach Reptilienart zum Winterschlaf in den Keller.

Griechische Landschildkröten können in Gefangenschaft bis zu 100 Jahre alt werden. © Antje Bücker
Bevor er ins kühle Untergeschoss zieht, wird noch einmal ausgiebig gebadet. Bei der Gelegenheit entleert Moritz auch Magen und Darm. Eine dünne Schicht Babyöl soll den Panzer während der kalten Jahreszeit vor dem Austrocknen schützen. Dann geht es für das Tier eingepackt zwischen einer Lage Zeitungspapier und einer Schicht aus Laub in seiner „Schlafwanne“ in den Keller.
Bis zu 100 Jahre Lebensdauer
Mit einem halben Jahrhundert auf dem gepanzerten Buckel gehört Moritz noch lange nicht zum alten Eisen. Bis zu 100 Jahre alt können griechische Landschildkröten in Gefangenschaft werden. Bei der guten Pflege von Ruth Oppermann kann Moritz sich sicher noch auf sehr viele glückliche Schildkröten-Geburtstage freuen.
Journalistin und Fotografin wollte ich schon während der Schulzeit werden. Trotzdem bin ich erst nach vielen Umwegen zur Zeitung gekommen. Die Berichterstattung über die Ereignisse in der großen weiten Welt haben meinen Horizont erweitert, der Lokaljournalismus meinen Blick auf die wesentlichen Dinge vor der eigenen Haustür.
