„Wir haben damals alte Holzbänke mit einer Lötlampe geflämmt, damit sie cooler aussahen“, sagte der Halterner Gerd Twilfer. Im alten Daddy, so erzählte er, sei er viele Jahre Stammgast gewesen. „Das war eine Räuberhöhle, aber da war immer was los.“ Kaum zu glauben: Sogar Schlagerstar Howard Carpendale ist kurz nach der Eröffnung, Ende der 60er Jahre, in den Räumlichkeiten aufgetreten.
In der Goldstraße, einer kleinen unscheinbaren Gasse neben dem Alten Rathaus, hat die Geschichte der Kult-Disco einst begonnen. Heute befindet sich hier ein kleiner Parkplatz. „Früher hat dieser Ort für viele aus Haltern und Umgebung die große, weite Welt bedeutet. Da haben sich kuriose Dinge abgespielt und es wurden die wildesten Partynächte gefeiert. Viele Paare haben sich zudem dort kennengelernt“, so Gerd Twilfer.
Schmuddelfilme im Kaminzimmer
Die wöchentlichen Daddy Charts hätten Kultcharakter gehabt. „Das war wie eine Hitparade. Auf den vorderen Plätzen landeten damals Lieder von Bands wie Uriah Heep oder Deep Purple.“ Pikant: Während die Partygäste im großen Tanzsaal abrockten, wurden auf einem Bildschirm im benachbarten Kaminzimmer Schmuddelfilme gezeigt.

Das Gebäude gehörte den Eheleuten Gottfried und Christine Böhmer. Sie hatten zunächst ein Café-Restaurant mit Bierstube und Tanzsaal an der Rekumer Straße. 1961 eröffneten sie im hinteren Teil zur Goldstraße die Gaststätte „Ratsklause“. Als das Ehepaar 1967 in den Ruhestand ging, wurden die Räumlichkeiten an die „Neue Gaststätten GmbH“, kurz „Neuga“ verpachtet. Das Tanzlokal, das am 26. März 1967 eröffnete, bekam den Namen „Old Daddy“.
Dieter Böhmer, Sohn der damaligen Eigentümer, hat diese und weitere Erinnerungen in einem Artikel für das Halterner Jahrbuch 2018 festgehalten. Anfangs, so heißt es in seinem Bericht, sei das Lokal sehr gut und auch seriös gelaufen. „Eine Reihe von Stars gastierten hier, der bekannteste darunter war wohl Howard Carpendale.“
Disco wurde zum Drogenumschlagplatz
Als nächster Pächter der Diskothek sei zum 1. Juni 1969 Werner Ortmann gefolgt, der das „Daddy“ bis zum Sommer 1974 führte. Nach ihm übernahm der mittlerweile verstorbene und jahrelange Daddy-Chef Edgar Engel die Regie.
Mit den Jahren wurde die Disco zunehmend als großer Drogenumschlagplatz zwischen Ruhrgebiet und Münsterland bekannt. Bei Nachbarn, Stadt und Justiz sorgte das Daddy immer wieder für großen Ärger. Zeitweilig wurde der Betrieb sogar geschlossen.
1987 endete schließlich die Daddy-Ära an der Goldstraße. Edgar Engel eröffnete die Diskothek unter dem gleichen Namen in einem Gebäude an der Recklinghäuser Straße. Dieter Böhmer schreibt in seinem Bericht dazu: „Seitdem stand die Lokalität in der Goldstraße leer. Bewerbungen gab es einige. Möglicherweise aus Angst vor Konkurrenz zahlte Engel jedoch noch einige Jahre Pachtgebühren.“
Im September 1992 erwarb die Stadt das Gebäude. Doch weil sich der Rat über eine neue Nutzung nicht einigen konnte, wurde das geschichtsträchtige Haus 2001 abgerissen und die Ära „Old Daddy“ ging an der Recklinghäuser Straße weiter.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien in ursprünglicher Form als Teil einer „Old Daddy“-Serie am 16. Oktober 2020. Wegen der anstehenden „Old Daddy Revival“-Party am 27. April 2024 in der Stadtmühle in Haltern haben wir uns dazu entschieden, diesen Artikel zu aktualisieren und erneut zu veröffentlichen.