Wie jeden anderen Tag hat Amélie Z. (Name der Redaktion bekannt) am Donnerstag, den 17. November, nach der Schule auf den Bus gewartet. Wie jeden Tag hat sie den Bus der 88er-Linie am Gymnasium genommen. Der, der in Richtung Mersch fährt. Aber anders als sonst hat die Fahrt an diesem Nachmittag für sie früher geendet.
Das 10-jährige Mädchen geht auf das Joseph-König-Gymnasium in Haltern am See. Sie besucht dort die 5. Klasse. Sie hat lange, blonde Haare. Amélie ist ein ruhiges Mädchen, spricht bedacht für ihr Alter.
Aber als sie von der Busfahrt an besagtem Donnerstag erzählt, sprudeln die Worte immer schneller aus ihrem Mund. Sie spricht sich nicht in Rage, aber man merkt, dass sie sich ungerecht behandelt fühlt.
Ohne Warnung rausgeschmissen
„Ich stand ganz normal mit meinen Freundinnen im Bus“, fängt Amélie an zu erzählen. „Plötzlich hat der Busfahrer eine Durchsage gemacht.“ „Du mit der schwarzen Maske“, kam es laut durch die Lautsprecher im Schulbus.
Amélie hat sich umgedreht. Schließlich tragen viele der Kinder im Bus einen schwarzen Mundschutz. Der Blick vom Fahrer landet auf ihr: „Du steigst jetzt hier aus.“
Die Maske sei ihr von der Nase gerutscht, deswegen sei die Fahrt für sie hier zu Ende. In Bussen und anderen öffentlichen Verkehrsmitteln herrscht noch immer eine strikte Maskenpflicht. „Ich konnte gar nichts sagen“, erinnert sich Amélie an den Moment. „Ich war sprachlos.“ Dann ist sie aus dem Bus gestiegen.

Plötzlich stand das 10-jährige Mädchen hinter dem Bergbossendorfer Rondell an der Landstraße. Zwei Kilometer von ihrem Zuhause in Lippramsdorf-Freiheit entfernt. Der nächste Schulbus würde erst in einer Stunde kommen.
„Hätte er doch mal vorher was gesagt“, sagt sie. Eine ihrer Schulfreundinnen, die mit ihr im Bus saß, hat Amélie nach dem Rausschmiss direkt angerufen. Auch die konnte den Vorfall nicht glauben. „Meine Freundin hat dann ihre Mama angerufen und darauf bestanden, dass sie mich nach Hause bringt.“
„Ich war fuchsteufelswild“
Nicht nur Amélie selbst war geschockt nach dem Rauswurf. Auch ihre Mutter Laureen Z. war wütend. „Meine Tochter hat mich dann aufgelöst angerufen“, erinnert sie sich an den Nachmittag. Aber da Laureen in Münster arbeitet, konnte sie Amélie selbst nicht abholen.
Dafür hat sie sich dann direkt an das Telefon gehängt. „Ich war fuchsteufelswild“, sagt die dreifache Mutter. Zunächst landete sie beim Kundenservice der Vestischen. Dann wurde sie in die Warteschleife der Beschwerdehotline weitergeleitet.
„Da kam 10 Minuten lang erst einmal gar nichts“, sagt Laureen. Sie hat aufgelegt und gegoogelt: „Wie wird man Busfahrer?“ Darüber ist sie dann bei der Personalabteilung gelandet und wurde weitergeleitet an den Kundendialog. „Ich habe den ganzen Nachmittag damit verbracht“, sagt Laureen.
Letzlich konnte sie ihre Beschwerde über den Busfahrer einreichen. „Er soll damit konfrontiert werden, dass das nicht richtig war“, sagt die Mutter. „Es war auf so viele Arten und Weisen falsch.“
Busfahrer verletzt Fürsorgepflicht
Denn der Busfahrer hat nicht nur ohne Vorwarnung das Mädchen des Busses verwiesen, sondern auch gegen seine Pflichten verstoßen.
Das bestätigt Jan Große-Geldermann, Pressesprecher der Vestischen Straßenbahnen. „Grundsätzlich darf er das nicht tun“, sagt er. Der Busfahrer hat zwar letztlich das Hausrecht im Bus, verletzt in diesem Fall aber seine Fürsorgepflicht, die bei Kindern unter 14 Jahren gilt.
Der Fahrer hätte in so einem Fall die Polizei oder eine Vetrauensperson des Kindes rufen müssen. Bis diese eintreffen, hätte er bei dem Kind warten müssen.
Fremdunternehmen ist Bus gefahren
An diesem Donnerstagnachmittag ist ein Fremdunternehmen für die Vestische den Bus gefahren. Eine Stellungnahme des konkreten Busfahrers liegt deswegen noch nicht vor.
Außerdem sind der Vestischen dadurch die Hände gebunden. „Das Fremdunternehmen müsste Konsequenzen für den Fahrer ziehen“, sagt Jan Große-Geldermann. „Das können wir nicht.“
Die Vestische will den Fall nun aufarbeiten. „Es hilft dem Mädchen jetzt nicht akut, aber es ist wichtig, dass das bei uns landet“, sagt der Pressesprecher. Auch empfiehlt das Unternehmen, sich in solchen Fällen immer bei der Beschwerdehotline zu melden.
Laureen Z. und ihre Tochter hoffen nun auf eine aufrichtige Entschuldigung des Busfahrers. „Und wenn es nur ein ‚Entschuldigung‘ und eine Tafel Schokolade ist“, sagt die Mutter.
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