Lehrermangel in Haltern Lena Tesch (37) ist Seiteneinsteigerin an der Joseph-Hennewig-Schule

Lehrkräftemangel: Lena Tesch ist Seiteneinsteigerin an der JHS
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Der Lehrkräftemangel an den Schulen wird bundesweit zu einem großen Problem. Auch die Stadt Haltern bleibt nicht davon verschont. Zwar konnten an der Alexander-Lebenstein-Schule aktuell noch alle Stellen für das kommende Halbjahr besetzt werden, „aber bei bestimmten Fächern, wie zum Beispiel Englisch, Technik und Physik, gibt es immer wieder Schwierigkeiten, diese nachzubesetzen“, sagt Schulleiter Frank Cremer.

Das bestätigt auch Dagmar Perret. Sie ist Leiterin an der Joseph-Hennewig-Schule: „Aktuell sind drei Sonderpädagogik-Stellen nicht besetzt, weil es zu wenige Lehrkräfte in diesem Bereich gibt.“ Um dem Personalmangel entgegenzuwirken, werden Quer- oder Seiteneinstiege in diesen Beruf stärker beworben und auch der Einstieg wird inzwischen erleichtert. Dass das nicht immer so war, kann die 37-jährige Lena Tesch aus Recklinghausen bestätigen. Sie macht aktuell den Seiteneinstieg an der Joseph-Hennewig-Schule in Haltern.

„Ich habe mein Magisterstudium in Germanistik, Sozialwissenschaften und Kommunikationswissenschaften abgeschlossen, jedoch habe ich nicht auf Lehramt studiert“, erzählt Lena Tesch. Seit 2012 sei sie bereits an verschiedenen Schulen tätig gewesen. „Ich habe bereits als Honorarkraft von der Caritas aus gearbeitet oder auch Förderunterricht an einer internationalen Förderklasse (IFK) in Marl gegeben.“ Aufgrund der langen Erfahrung habe sie kein klassisches Seiteneinsteiger-Profil.

Seiteneinstieg und Quereinstieg ist nicht dasselbe. Denn während Quereinsteiger zusammen mit Studierenden das Referendariat absolvieren, steigen Seiteneinsteiger mit vollem Gehalt ein. In der Regel werden Quereinsteiger verbeamtet. Mit einem Seiteneinstieg ist das normalerweise nicht möglich.

Es sei denn, der berufsbegleitende Vorbereitungsdienst (OBAS) wird absolviert. Dieser dauert insgesamt 24 Monate. „Nach dieser Qualifizierung verfügen Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger über die entsprechende Lehramtsbefähigung und sind damit den ‚grundständig‘ ausgebildeten Lehrkräften gleichgestellt“, schreibt das Schulministerium NRW.

Ohne die OBAS-Weiterbildung müssen die angehenden Lehrkräfte eine einjährige pädagogische Einführung absolvieren und dürfen dann unterrichten. „Nach Abschluss dieser Qualifizierung werden sie ins unbefristete Angestelltenverhältnis übernommen. Die Eingruppierung und Vergütung der Lehrkräfte erfolgt auf der Grundlage des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L). Eine Verbeamtung ist nicht möglich“, so das Schulministerium NRW.

„Bevor ich Mutter geworden bin, habe ich drei Jahre als Vertretungslehrerin an der Alexander-Lebenstein-Realschule gearbeitet“, erzählt Tesch. Als sie wieder ins Berufsleben einsteigen wollte, sei eine Stelle als Seiteneinsteigerin an der Joseph-Hennewig-Schule ausgeschrieben gewesen. „Allerdings nur für Deutsch - und wenn man nur ein Fach unterrichtet, dann ist die Besoldung anders“, erklärt die Recklinghäuserin.

„Wir haben unter den Lehrkräften so etwas wie eine Zwei-Klassen-Gesellschaft“, sagt Schulleiterin Dagmar Perret. „Wird nur ein Fach unterrichtet, dann wird die Person einer anderen Gehaltsklasse zugewiesen und verdient dementsprechend weniger.“ Ihr seien damals die Hände gebunden gewesen. „Ich konnte Frau Tesch kein weiteres Fach anbieten, obwohl sie so engagiert gewesen ist.“ Das sei für beide Seiten sehr frustrierend gewesen.

Ein Traumberuf

Das hat Lena Tesch jedoch nicht von ihrem Traum als Lehrerin abbringen lassen. „Ich habe mich damals damit abgefunden, dass ich 500 Euro weniger verdienen werde, denn der Beruf macht mir einfach Spaß und ich habe mich an der Joseph-Hennewig-Schule immer sehr wohlgefühlt“, sagt die 37-Jährige.

Lena Tesch steht vor einem Plakat. Darauf steht "Respekt!".
Lena Tesch kommt aus Recklinghausen und unterrichtet Deutsch und Sozialwissenschaften an der Joseph-Hennewig-Schule in Haltern. © Jennifer Wachter

Erst später habe sich aufgrund des immer stärker werdenden Lehrkräftemangels eine Tür geöffnet. „Ich kann seit Mai 2022 an dem berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst (OBAS-Ausbildung) teilnehmen“, führt Lena Tesch aus.

Die Ausbildung dauert 24 Monate und die Teilnehmenden schließen „mit der Staatsprüfung und dem Erwerb der Lehramtsbefähigung ab. Mit Bestehen der Staatsprüfung werden diese Lehrkräfte in ein Dauerbeschäftigungsverhältnis, bei Vorliegen der persönlichen Voraussetzungen ins Beamtenverhältnis übernommen“, informiert das Schulministerium NRW.

Familiärer Rückhalt ist wichtig

Die Ausbildung kann jeweils, und das hängt von dem Einstiegsdatum ab, an zwei unterschiedlichen Standorten absolviert werden. „Ich muss dafür einmal die Woche nach Bocholt“, erklärt Tesch. Das Pendeln sei für sie die einzige Herausforderung an der ganzen Situation.

„Hätte ich später angefangen, hätte ich die Schulungen in Recklinghausen absolvieren können, aber ich wollte diese Chance direkt wahrnehmen.“ Jetzt unterrichte sie insgesamt 28 Stunden und konnte somit mit zwei Unterrichtsfächern auf Vollzeit aufstocken. Für den Schulungstag in Bocholt werde sie dann von der Schule für fünf Stunden freigestellt.

Das Ganze wäre ohne den familiären Rückhalt nur schwer realisierbar. „Mein Mann und die Großeltern übernehmen für diese zwei Jahre mehr Betreuungsarbeit und unterstützen mein Vorhaben. Ich habe das zuvor für meinen Mann auch gemacht. So können wir beide unsere Ziele verfolgen“, erzählt die 37-Jährige.

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