Hannah Lange (16) aus Haltern war bei der Demo in Lützerath „Es ist einfach herzzerreißend“

16-Jährige war bei der Demo in Lützerath: „Es ist einfach herzzerreißend“
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Lützerath - ein Dorf, das wegen seiner Schätze im Boden weggebaggert wird. Klimaschützer wollten das verhindern, was nun passiert. Die Bagger von RWE schaufeln die kostbare Kohle aus dem Boden, das Dorf existiert nicht mehr.

„Ich dachte die ganze Zeit, dass wir das aufhalten können“, sagt Hannah Lange. Die 16-Jährige kommt aus Haltern und war am 14. Januar 2023 eine der Demonstrierenden im Erkelenzer Kohledorf.

Es war nicht das erste Mal, dass sich die Schülerin auf den Weg von Haltern nach Lützerath gemacht hat. In den letzten Sommerferien war sie auch schon da. Damals wurden Workshops von Klima-Aktivisten angeboten. „Baumbesetzungen“ war eines der Themen.

„Ich hatte immer noch Hoffnung“

Vom Sommer bis jetzt hat sich viel verändert. „Plötzlich war die Grube ganz nah“, erinnert sich Hannah Lange. „Vorher war dort eine große Wiese, bevor das Loch kam.“ Doch die Wiese wurde in den vergangenen Monaten schon weggebaggert.

Lützerath ist ein Dorf am Rande des Tagebau Garzweiler II, das seit 2006 in Betrieb ist. Schätzungen zufolge liegen 1,3 Milliarden Tonnen Kohlereserven rund um das Gebiet Garzweiler II. Garzweiler II ist bereits eine Erweiterung des Tagebaus Garzweiler I, das seit 1987 besteht.

Der Energiekonzern RWE plant, jedes Jahr etwa 35 Millionen Tonnen Braunkohle und insgesamt mehr als 600 Millionen Tonnen zu fördern. Die Kohle soll hauptsächlich zur Stromerzeugung eingesetzt werden und damit zur Versorgungssicherung beitragen.

„Vorher war immer so eine schöne Stimmung in Lützerath“, sagt die 16-Jährige. „Aber wenn man das Loch jetzt sieht, dann ist es gar nicht mehr schön, da zu sein. Es ist einfach herzzerreißend.“ Die Schülerin wird traurig, wenn sie darüber redet, was mit dem Dorf passiert. „Ich hatte immer noch Hoffnung.“ Aber auch die wurde ihr jetzt von den großen Baggern genommen.

Polizeigewalt vor Ort?

Noch Tage nach der großen Demonstration in Lützerath bleibt ein Thema in den Medien präsent: Polizeigewalt gegen die Demonstrierenden. Die Klima-Schützer selbst haben von Verletztenzahlen im hohen zwei- bis dreistelligen Bereich gesprochen. Die Polizei dementierte.

Viele Menschen auf dem Weg zur Demonstration in Lützerath.
Dem Regen zum Trotz haben sich viele Klimaschützer an der Demonstration in Lützerath beteiligt. © privat

Die Schülerin aus Haltern hat davon nichts mitbekommen. Sie ist an besagtem Samstag nicht zur Grube gelaufen, sondern ist mit ihren Freunden bei der Bühne geblieben. Die Polizeiautos und einzelne Polizeigruppen hat sie wahrgenommen, aber Gewalt nicht. Erst danach habe sie auf Instagram Bilder gesehen, was passiert ist.

Aktiv bei Fridays For Future

Hannah Langes Interesse für den Klimaschutz kam durch Freunde aus ihrer Schulklasse. Sie geht auf eine Schule in Herne, einige ihrer Klassenkameraden engagieren sich bei Fridays For Future (FFF) in Recklinghausen. „Anfang 2022 war ich auf einer Demo für Sterki“, sagt die 16-Jährige.

Der Sterkrader Wald, kurz Sterki, soll abgeholzt werden, um Platz für den Ausbau des Autobahnkreuzes Osnabrück zu machen. Klimaschützer versuchen, das zu verhindern.

Fridays for Future Aktivisten fordern auf Plakaten „Sterki bleibt“ und „Alle Bäume bleiben“.
Fridays for Future Aktivisten fordern auf Plakaten „Sterki bleibt“ und „Alle Bäume bleiben“. Hintergrund ist die Rodung von 5000 Bäumen, um das Autobahnkreuz der A3 auszubauen. (Symbolbild) © picture alliance/dpa

Nach der Demonstration wurde Hannah gefragt, ob sie nicht dauerhaft bei FFF mitmachen möchte. „Jetzt bin ich im Orga-Team“, sagt die Schülerin. In ihrer Handball-Mannschaft beim HSC in Haltern merkt sie, wie groß das Interesse auch in der Seestadt an dem Thema ist. „Eine aus meiner Mannschaft ist ganz interessiert, wenn ich von den Demos erzähle.“ So richtig trauen würde sie sich aber nicht, selbst aktiv zu werden.

Dabei sagt Hannah selbst: „Ich brauchte da keinen Mut.“ Solange sie auf angemeldete Demonstrationen geht und nicht über Nacht bleibt, gibt auch ihre Mutter grünes Licht für das Engagement der 16-Jährigen.