Schleuse in Haltern blockiert Nach friedlichem Ende nimmt Polizei elf Klima-Aktivisten fest

Aktivisten blockierten Flaesheimer Schleuse und legten Schiffsverkehr lahm
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Klimaaktivisten des Netzwerkes „Still Burning“ besetzten wie schon im Oktober 2023 die Schleuse in Flaesheim. Sie demonstrierten damit gegen Kohleförderung - speziell ging es ihnen um die sogenannte „Blutkohle“ aus Kolumbien. In dem südamerikanischen Staat wird der fossile Brennstoff unter menschenunwürdigen und umweltfeindlichen Bedingungen zutage gefördert. Weil Kohleschiffe auch den 60 Kilometer langen Wesel-Datteln-Kanal als Transportweg zu Kohlekraftwerken nutzen, war die Schleuse wieder Aktionsort.

Kajaks auf dem Wesel-Datteln-Kanal
Mit Kajaks versperrten die (friedlichen) Demonstranten den Wasserweg. Um kurz nach 18 Uhr beendeten sie ihren Protest. © Schrief

Mehrere Aktivisten legten am Samstag (26. Oktober) stundenlang die Arbeit an der Schleuse lahm, sie seilten sich an dem Bauwerk ab und blockierten mit Kajaks den Wasserweg. Sie waren friedlich und still. „In Kolumbien wird die Kohle unter schlimmsten Bedingungen abgebaut – Menschen werden vertrieben, Flüsse vergiftet und umgeleitet, Aktivisten ermordet. Wir können nicht zulassen, dass diese Kohle in Deutschland verbrannt wird!“ erläuterte Emma Hake, Sprecherin der Gruppe.

Die Gruppe wollte mit ihrer Aktion auch verhindern, dass Kohle zu den Kraftwerken Datteln und Lünen transportiert wurde. Denn ihre weitere generelle Forderung ist ein rascher Ausstieg Deutschlands aus der Nutzung von Steinkohle und anderen fossilen Energieträgern.

Finale der Aktionswoche

Die Blockade in Flaesheim war Teil und Abschluss einer gemeinsamen Aktionswoche mit kolumbianischen Aktivisten und der niederländischen Gruppe „Kappen met Kolen“. Zuletzt habe Deutschland jährlich 7,3 Mio. Tonnen Steinkohle aus Kolumbien importiert, so die Sprecherin der Gruppe. Angehörige von indigenen Bevölkerungsgruppen, die vom Abbau betroffen seien, wiesen schon seit Jahren auf die tödlichen Auswirkungen hin. „An dieser Kohle klebt das Blut der indigenen Bevölkerung, die Jahr für Jahr durch die Zerstörung unseres Landes sterben. Wir fordern Reparationen und Entschädigungen für das erlittene Leid“, so ein Kolumbianer.

Die Polizei an der Schleuse Flaesheim
Die Polizei war mit mehreren Einsatzwagen vor Ort. Sie sperrte den Weg für Ausflügler und beobachtete das Geschehen an der Schleuse. Auch das THW rückte am späten Nachmittag noch aus. © Schrief

Die Aktivisten suchten sich nach Amsterdam und Duisburg wie schon 2023 Haltern-Flaesheim als Ziel ihres Protestes aus und damit eine der sechs Schleusen des Wesel-Datteln-Kanals. Dieser Wasserweg ist eine der wichtigsten und am stärksten frequentierten Kanäle Deutschlands. Er verbindet den Rhein mit dem Dortmund-Ems-Kanal. Auch ein Frachtschiffer aus Tschechien ist zurzeit darauf unterwegs. Er muss eine tonnenschwere Salzladung nach Haldersleben bringen.

Samstag lag er in Flaesheim fest, wollte sich aber nicht öffentlich äußern. Nur so viel: Jeder Kilometer, den er nicht mit seinem Schiff Bohemia fahren kann, kostet ihn Geld. „Bei Stau kein Geld!“ Seine beiden Mitarbeiter nutzten derweil die Zeit für Wartungsarbeiten.

Aktivisten hängen in Tüchern vor dem Schleusentor.
An zwei Stellen seilten sich die Aktivisten vom Geländer ab und versperrten durch ihre schwebenden Sitzblockaden die Ein- und Ausfahrten an den Schleusenkammern. © Schrief

Polizeibeamtinnen und -beamte waren bis zum Abend vor Ort, sie hatten die Brücke über den Kanal gesperrt und beobachteten die Lage. Auch die Wasserschutzpolizei aus Datteln ankerte an der Schleuse.

Polizei führt Aktivisten ab.
Kurz nach 18 Uhr war der Protest an der Flaesheimer Schleuse beendet. Die Polizei führte einen Teil der Aktivisten ab, betont aber, dass diese freiwillig aufgegeben hätten. Sie wurden festgenommen. © Karsten Wickern

„In Amsterdam haben wir einen Zug mit Kohle blockiert“, sagte David, einer der Aktivisten. „Vielleicht“, hofft er, „erklären sich auch Schiffer - angestoßen durch unseren Protest - bereit, keine Kohle mehr zu transportieren.“ Das wäre für ihn ein optimales Ziel. Man wolle auf jeden Fall Solidarität mit den Bergleuten und indigenen Völkern in Kolumbien zeigen sowie auf deren prekäre Lage und den Schaden an der Umwelt öffentlich aufmerksam machen. „Einen Durchbruch haben wir mit unseren Aktionen bislang nicht erreicht, aber wir werden wahrgenommen.“ Letztlich gehe es ja schließlich auch um unser Klima in Deutschland.

Den ganzen Tag über demonstrierten die 20 Aktivisten in Flaesheim - „solange die Polizei es zulässt“, so ihr Zeitfenster. 2023 räumten die Demonstranten am späten Nachmittag widerstandslos das Feld. In Flaesheim wurde ihnen am Samstagnachmittag angeboten, die Schleuse ohne Aufnahme der Personalien und Anzeigen verlassen zu dürfen. Nur wenige nahmen dieses Angebot an.

Die Kajakfahrer drehten dann kurz nach 18 Uhr ab, die Polizei begleitete sie bis zur Anlegestelle. Nach und nach konnten die Beamten auch die anderen Aktivisten zur Aufgabe bewegen. Sie gaben freiwillig auf. Einige Versammlungsteilnehmer hatten jedoch zur Erschwerung der Feststellung ihrer Identität ihre Fingerkuppen verklebt. Elf von ihnen wurden von der Polizei auf Antrag der Staatsanwaltschaft festgenommen. Die weiteren Ermittlungen dauern an.

Entsprechende Strafanzeigen, unter anderem wegen Hausfriedensbruch, gefährlichen Eingriff in den Schiffsverkehr, Nötigung und Verstöße gegen das Versammlungsgesetz werden nun geschrieben, so die Polizei.

Die Wasserschutzpolizei Dorsten begleitete die Kajakfahrer bis zur Anlegestelle.
Die Wasserschutzpolizei Dorsten begleitete die Kajakfahrer bis zur Anlegestelle. © Karsten Wickern

Gut 15 Frachtschiffe wurden derweil tagsüber in Dorsten und Ahsen aufgehalten. Das erste Schiff wurde dann kurz vor 19 Uhr wieder geschleust. Da die Schleuse in Flaesheim allerdings nur bis 22 Uhr geöffnet ist, konnten nicht mehr alle Schiffe Flaesheim passieren.

Die Bohemia aus Tschechien, ein Koppelverband, musste notgedrungen in Flaesheim ankern.
Die Bohemia aus Tschechien, ein Koppelverband, musste notgedrungen in Flaesheim ankern. © Schrief