Seit 10 Uhr hatten am Samstag (7.10.) rund 20 Aktivisten an der Schleuse des Wesel-Datteln-Kanals in Flaesheim protestiert. Der Schiffsverkehr war in beide Richtungen komplett ausgebremst. Sechs Schiffe lagen in Flaesheim vor Anker, andere Frachter wurden in Ahsen und Dorsten abgefangen und warteten dort auf die Weiterfahrt.
Erst am frühen Abend wurde die Blockade aufgehoben. Die Klima-Aktivisten zogen freiwillig wieder ab, teilte die Polizei mit.
Am Morgen hatten drei Klimagerechtigkeits-Aktivisten - wie sie sich nennen - die Technik am Schleusentor lahmgelegt und sich dort festgekettet. Sie wollten nicht aufgeben.
Während zwei weitere Mitglieder der „letzten Generation“ sich von der Schleusenbrücke abgeseilt hatten und so die Einfahrt blockierten, saßen andere in Paddelbooten auf dem Wasser oder standen mit Plakaten auf der Brücke.
Die Protestler hatten es insbesondere auf die Kohleschiffe abgesehen. Sie sprechen von „Blutkohle“, die unter unmenschlichen Bedingungen in Kolumbien und Südafrika aus den Minen gefördert und dann nach Deutschland exportiert werde. Schiffe bringen diese Kohle unter anderem über den Wesel-Datteln-Kanal zu den Kraftwerken in Lünen und Datteln. Auch in Lünen gab es deshalb eine Protestaktion.

Die Wasserschutzpolizei und die Kreispolizei Recklinghausen waren in Flaesheim im Einsatz. Mehrere Einsatzfahrzeuge und auch ein Rettungswagen waren vor Ort. „Die Lage ist friedlich“, bestätigte Annette Achenbach, Sprecherin der Polizei Recklinghausen, am Morgen. Man warte die Entwicklung ab und hoffe, die Demonstranten zur Aufgabe bewegen zu können.

„Die Arbeitsbedingungen in den Bergwerken Kolumbiens sind katastrophal, viele Menschen, darunter auch Kinder, bezahlen die Arbeit mit dem Tod“, sagte Nilo, eine der Aktivistinnen. Es könne nicht sein, dass andere Menschen für unseren Komfort sterben müssten. „Das ist gegen jede Vernunft.“ Freiwillig wolle man den Protest nicht aufgeben, meinten die Aktivisten, die sich an die Schleusentechnik angekettet haben.
„Blockade ist mutig“
Spaziergänger wie Anne (63), Marcel (25) und Maria (34) aus Beckum blieben auf dem beliebten Radweg seitlich der Schleuse stehen und sahen sich das Geschehen an. „Solche Aktionen sind total notwendig, wir haben schon jetzt die Klima-Kipppunkte fast überschritten. Ich mache mir echt Sorgen“, sagte Anne.
Weil der Protest friedlich sei, sympathisiere sie mit den Demonstranten. „Es ist sinnvoll und notwendig, dass wir etwas gegen die Schädigung des Klimas unternehmen“, pflichtete ihr Marcel bei. Kohle als Energiequelle sei einfach nicht mehr vertretbar und zeitgemäß. Maria fand die Blockade mutig, „ich würde mich das nicht trauen.“
Arend Visser dagegen war ziemlich sauer. Er war mit seinem Motorfrachtschiff auf dem 900 Kilometer langen Weg von Gent nach Brandenburg. Stahl hatte er geladen, den er am Mittwoch abliefern wollte. „Für mich ist der unfreiwillige Halt in Flaesheim ein wirtschaftlicher Schaden.“ Er habe für diese Blockade überhaupt kein Verständnis.

60 Fracht- und Tankschiffe passieren im Schnitt täglich die Flaesheimer Schleuse, wie Schichtleiter Ulrich Kropf mitteilte. Dass die Schicht am Samstag so ganz aus dem Rahmen fallen würde, hatte er natürlich nicht geahnt.
Aber von Pause keine Spur: Der Flaesheimer und ein Kollege mussten Zeitpläne entwerfen, wie sie die für das Schleusen angemeldeten Schiffe nach und nach zu einem späteren Zeitpunkt passieren lassen konnten.

Gegen 14 Uhr kreiste auch ein Hubschrauber über der Schleuse, um die Protestaktion aus der Luft zu beobachten. Derweil reiste ein Paar aus dem Rheinland an, um mit einer Mahnwache Solidarität mit den Aktivistinnen und Aktivisten zu zeigen. Auch kamen immer wieder Neugierige zur Schleuse, sie schauten oder unterhielten sich mit den Paddlern.
Gegen 17.30 Uhr schließlich zogen die Klima-Aktivisten freiwillig ab. Wenig später konnte die Wasserschutzpolizei den Kanal wieder für den Schiffsverkehr freigeben.
Die Veranstaltung gelte als Verstoß gegen das Versammlungsrecht, denn sie war nicht angemeldet, so Annette Achenbach. Deshalb wurde Anzeige erstattet. Ob weitere rechtliche Schritte unternommen werden, wird noch geklärt.