Das Kinderparlament in der städtischen Kita in Holtwick hat erstmals vor einem Jahr getagt – und über die Namen der Kita-Gruppen entschieden. Wahlurne und Stimmzettel haben die Kinder aufbewahrt. Von links: Lea, Linja, Johanna und Felix.

Das Kinderparlament in der städtischen Kita in Holtwick hat erstmals vor einem Jahr getagt – und über die Namen der Kita-Gruppen entschieden. Wahlurne und Stimmzettel haben die Kinder aufbewahrt. Von links: Lea, Linja, Johanna und Felix. © Benjamin Kübart

Kinderparlament: Seit einem Jahr entscheiden die Kinder in der Kita Holtwick

rnBildung

Das Gesetz schreibt vor: Kinder sollen ein demokratisches Grundverständnis entwickeln. In der Kita Holtwick wird das gelebt: Mit gemeinsamen Entscheidungen und einem eigenen Kinderparlament.

Haltern

, 13.07.2022, 14:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Ameisenhaufen, Eulennest, Dachsbau oder Schnecken? Keiner dieser Vorschläge hat es durch das Kinderparlament der städtischen Kita in Holtwick geschafft. Als die Kinder im Juni 2021 neue Namen für ihre zwei Gruppen „Tigerenten“ und „Zaubermäuse“ suchen, machen die „Eichhörnchen“ und der „Fuchsbau“ das Rennen.

Die Wahl der Gruppennamen

„Die Kinder hatten gefragt: ‚Was ist denn überhaupt eine Zaubermaus?‘“, erklärt die Einrichtungsleiterin Johanna Laß. „Wir haben dann überlegt, ob der alte Gruppenname überhaupt noch zeitgemäß ist.“

Daraus entwickelte sich ein demokratischer Prozess: Erzieherinnen und Kinder gründeten ein Kinderparlament und organisierten eine Wahl. Zuerst sammelten die Kinder Vorschläge und einigten sich auf eine Auswahl von drei Tieren pro Gruppe. „Weil wir hier in der Nähe eines Waldes sind, waren viele Waldtiere dabei“, schildert Laß.

Am Wahltag versammelte sich das Parlament im nahegelegenen Birkenwald. Die Kinder sitzen in einem großen Kreis, in der Mitte steht eine Wahlurne. Je ein Kind darf in die Mitte treten, eine Bildkarte mit einem der Tiere auswählen und die eigene Stimme abgeben. „Das war ein echter Hit“, lautet das Fazit der Einrichtungsleiterin. „Die Kinder waren super stolz darauf, abstimmen zu dürfen“, pflichtet ihre Kollegin Emilie Möller bei. Am Ende feierten die Kinder ihre Abstimmung mit einer Wahlparty in Fuchs- und Eichhörnchenkostümen.

Recht auf Partizipation

Projekte, wie das Kinderparlament in Holtwick, werden auch durch das Kinderbildungsgesetz (kurz: KiBiz) gestützt. Paragraf 16 des Rechtstexts sieht vor, dass Kinder bei der Gestaltung des Kita-Alltags mitwirken sollen, um ein Verständnis für Demokratie zu entwickeln. Auch „geeignete Verfahren der Beteiligung und Mitbestimmung“ schreibt das KiBiz vor.

Nach der Wahl hat der Raum der Eichhörnchen-Gruppe die passende Dekoration erhalten.

Nach der Wahl hat der Raum der Eichhörnchen-Gruppe die passende Dekoration erhalten. © Benjamin Kübart

Seit 2005 steht das Recht auf Beteiligung von Kindern auch in den UN-Kinderrechtskonventionen, so Laß. Die Erweiterung des KiBiz um den Punkt der „Partizipation“ kam erst in den letzten Jahren dazu.

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Und auch abseits des Kinderparlaments setzt die städtische Kita Holtwick diese Vorgaben um. In Gesprächsrunden tauschen sich die Kinder und Erzieher über gemeinsame Regeln und Verhaltensweisen aus und halten sie mit selbst gemalten Bildern auf Plakaten fest. „Gerade die älteren Kinder haben daran ein starkes Interesse“, sagt Möller, „alle erinnern sich gegenseitig daran, was sie dürfen und was nicht.“ Im Morgenkreis entscheiden sie zum Beispiel auch gemeinsam über die Auswahl des Mittagessens und darüber, welche Spiele gespielt werden sollen.

GESETZ

KINDERBILDUNGSGESETZ
§ 16 PARTIZIPATION

  • (1) Die Bildungs- und Erziehungsarbeit wirkt darauf hin, Kinder zur gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe zu befähigen und damit ein demokratisches Grundverständnis zu entwickeln. Daher sollen Kinder ihrem Alter, ihrem Entwicklungsstand und ihren Bedürfnissen entsprechend bei der Gestaltung des Alltags in der Kindertageseinrichtung oder in der Kindertagespflege mitwirken. Sie sind vom pädagogischen Personal bei allen sie betreffenden Angelegenheiten alters- und entwicklungsgerecht zu beteiligen.
  • (2) Zum Wohl der Kinder und zur Sicherung ihrer Rechte sind in Kindertageseinrichtungen geeignete Verfahren der Beteiligung und Mitbestimmung sowie die Möglichkeit der Beschwerde in persönlichen Angelegenheiten vorzusehen und zu praktizieren.