Hilft die Notfalldose im Kühlschrank, Leben zu retten?

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Hilft die Notfalldose im Kühlschrank, Leben zu retten?

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Das Döschen aus der Apotheke soll Leben retten, findet aber wenig Zuspruch. Die Meinungen über die Sinnhaftigkeit gehen auseinander.

Haltern

, 23.12.2018, 05:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Sie steht in der Kühlschranktür, grün und weiß, – unscheinbar neben der Butter und den Eiern. Die Rede ist von der Notfalldose. Seit einigen Wochen schon ist das weiß-grüne Döschen in den Halterner Apotheken erhältlich. Doch bei den Patienten findet sie bisher kaum Anklang. Dabei kann sie unter Umständen sogar Leben retten.

In der Notfalldose befinden sich zwei Aufkleber, davon soll einer an der Eingangstür und einer am Kühlschrank befestigt werden. So kann der Notarzt im Falle eines bewusstlosen Patienten auf den ersten Blick sehen, dass in dem Haushalt eine Notfalldose vorhanden ist.

Zusätzlich befindet sich in der Dose ein Fragebogen, auf dem umfassende Angaben zum Hausarzt, zu Medikamenten, Unverträglichkeiten und Gesundheitsdaten gemacht werden können. Die Dose selbst soll im Kühlschrank aufbewahrt werden. So geht sie nicht verloren und kann vom Notarzt schnell aufgefunden werden.

Kritik: „Notfalldose ist fragwürdig“

Der ärztliche Leiter des Rettungsdienstes des Kreises Recklinghausen, Dr. Nicolaus Schuback, hält die Notfalldose für fragwürdig. „Die Patienten, die ihre Unterlagen ordentlich abgeheftet haben, brauchen sie nicht auch noch im Kühlschrank aufzubewahren. Schwierig ist auch, dass die Dose immer aktuell gehalten werden muss, sonst nützt sie nicht viel.“

Ein weiterer Aspekt sei laut Schuback der hohe Kunststoffverbrauch. „Im Augenblick haben wir eine große Bewegung in Deutschland, die möglichst nachhaltig leben und Kunststoff vermeiden möchte und jetzt sollen sich 40 Millionen Haushalte in Deutschland eine solche Kunststoffdose anschaffen? Das halte ich für kontraproduktiv und für ein großes Geldgeschäft.“

Schuback empfiehlt im Notfall die Medikamentenliste des Hausarztes bereitzuhalten und wenn vorhanden, Arztbriefe von Krankenhausaufenthalten oder Patientenverfügungen. Das reiche auch dem Notarzt fürs Erste aus.

Seniorenbeirat Haltern unterstützt die Notfalldose

Otto Rohde vom Seniorenbeirat befürwortet die Neuheit. „Die Notfalldose funktioniert ähnlich wie die Notfallkarte, die wir vor etwa zwei Jahren in Haltern auf den Weg gebracht haben. Diese Karte dürfte mittlerweile in Haltern vergriffen sein. Weil die Notfalldose als Neuauflage einen noch ausführlicheren Fragebogen beinhaltet, überlegen wir als Seniorenbeirat, die Notfalldose zu unterstützen und auch zu bewerben.“ Im kommenden Frühjahr sollen diesbezüglich Sitzungen beim Seniorenbeirat stattfinden, dann soll auch eine offizielle Entscheidung fallen.

Nur eines bemängelt Otto Rohde an der Notfalldose: „Beim Kauf der Dose ist nur ein Fragebogen enthalten, der zu Hause aufbewahrt werden soll. Wir raten, die Notfalldose zusätzlich mit einem zweiten Fragebogen auszustatten. Diesen können die Senioren auch unterwegs bei sich tragen.

So war es auch bei unserer Notfallkarte. Denn was nützt es dem Notarzt, wenn die Seniorin auf der Straße plötzlich bewusstlos wird und die Dose mit den wichtigen Informationen zu Hause im Kühlschrank steht? Auf diesen Ratschlag wollen wir die Apotheken nach unserer Entscheidung vermutlich hinweisen“, sagt der Vorsitzende des Seniorenbeirats.

Nachfrage ist noch sehr gering

Die Apotheken in Haltern haben 20 erste Notfalldosen von der Apothekerkammer kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen. Die Koesling‘s Park-Apotheke gibt diese solange kostenlos heraus, bis die 20 Dosen vergeben sind. „Bisher haben wir aber lediglich drei oder vier Dosen herausgeben“, sagt die Pharmazeutisch-Kaufmännische Angestellte Ayse Yaprak auf Anfrage. Sind die Dosen vergriffen, werden die nächsten etwa zwischen 6 und 7 Euro kosten.

Bei der Sixtus-Apotheke ist es ähnlich: „Jetzt so kurz vor den Feiertagen hat die Notfalldose in Haltern noch nicht viel Zuspruch bekommen. Die Leute haben wegen der hohen Reizüberflutung keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen. Ich denke, das kommt nach den Feiertagen“, sagt Apothekerin Margrit Graé.

„Besonders für Senioren empfiehlt es sich jedoch, eine solche Dose zu besorgen. Wenn mit dem Ehepartner mal etwas sein sollte, ist der andere oftmals ganz nervös und vergisst unter Umständen wichtige Informationen wie Unverträglichkeiten von Medikamenten. In einem solchen Fall kann die Notfalldose sogar lebensrettend sein“, sagt die Apothekerin.

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