Kämmerer bringt Haushaltsentwurf ein Haltern als Packesel von Bund und Land

Kämmerer bringt Etat ein: Haltern als Packesel von Bund und Land
Lesezeit

In einer guten halben Stunde beschrieb Stadtkämmerer Dirk Meussen den Ratsmitgliedern zunächst sinnbildlich, dann aber ganz real die Haushaltslage Halterns im Jahr 2024. Das Zahlenwerk macht ihm keine Freude, denn die Stadt kann ihren Haushalt wieder nicht ausgleichen. Dafür fehlen genau 3.741.483 Euro.

Die Kommunalfinanzen rutschen dauerhaft in eine Schieflage, befürchtet Dirk Meussen. Deutliche Verbesserungen im Laufe der vergangenen fünf Jahren schmelzen dahin wie Schnee vor der Sonne. Als Gründe nannte er unter anderem Coronakosten, Ukraine-Folgekosten, steigende Energiepreise, Inflation und Zinsanstieg, zunehmende Sozialtransferleistungen, Herausforderungen bei der Unterbringung Schutzsuchender oder höhere Personalkosten nach den Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst. Selbst bei den Anteilen an der Einkommenssteuer werden nach Schätzungen des Kämmerers am Ende des Jahres zwei Millionen Euro fehlen.

Am Ende stehen 120,05 Millionen Euro an Erträgen Aufwendungen in Höhe von 123,7 Millionen Euro gegenüber. Die Kassenkredite liegen bei 46 Millionen Euro. Und doch wird die Stadt investieren.

19,91 Millionen Euro sind eingeplant beispielsweise für den Ausbau des Schulzentrums, für eine neue Steverbrücke, für Neubau und Sanierungen von Feuerwehr-Gerätehäusern, den Ausbau der Offenen Ganztagsschule in Lavesum, den Einbau von Solarthermie-Anlagen, die Errichtung einer Skateanlage oder dem Ausbau von Gemeindestraßen. Ferner erhalten Feuerwehr und Technische Dienste Fahrzeuge und Geräte, Schulen und Kitas neues Mobiliar.

„Wir stehen unter Druck“

Doch es seien vor allem externe Faktoren, die die Haushaltsplanung beeinflussen, so Dirk Meussen. „Kommunen müssen einen Großteil der Bundes- und Landesgesetze umsetzen, ohne dass im Gegenzug eine adäquate Finanzierung auf Dauer zur Verfügung gestellt wird.“ Beispielhaft nannte der Stadtkämmerer den OGS-Ausbau, den G8-/G9-Umstieg, die Wohngeldreform oder die Klimaschutz-Maßnahmen.

Feuerwehr im Einsatz
Die kommunalen Finanzen bergen Zündstoff, vor allem wenn Kämmerei Dirk Meussen an die Belastungen durch Bund und Land denkt. Vor Ort muss trotzdem weiter investiert werden, zum Beispiel in die Feuerwehr. © Ralf Deinl

„Nahezu alle Kommunen in Nordrhein-Westfalen stehen erheblich unter Druck“, sagte Dirk Meussen. Ein Brandbrief des Städte- und Gemeindebunde an Ministerpräsident Wüst, unterzeichnet von 355 kreisangehörigen Kommunen, sei als ein Warnsignal zu verstehen. Wenn Bund und Land den Städten nicht unter die Arme greifen, dann sei eine solide Finanzplanung fortan nicht mehr möglich. Gerne zitierte Dirk Meussen Ministerin Scharrenbach: „Wo wollen Sie im Kreis Recklinghausen denn noch sparen, Sie sind seit Ewigkeiten in der Haushaltssicherung.“ Haltern war es von 2012 bis 2021.

1.550 Euro Schulden pro Bürger

Bei aller Dramatik beruhigte Dirk Meussen den Rat allerdings auch. Haltern stehe im Zehn-Jahres-Vergleich relativ gut da. Fast 40 Prozent ihrer Schulden habe die Stadt abbauen können. „Die Entwicklung geht auf lange Sicht in die richtige Richtung“, so Meussen.

Im Jahr 2012 hatte Haltern am See insgesamt 104.655.00 Euro Schulden durch Kassen- und Investitionskredite. 2022 waren es hingegen nur noch 63.026.000 Euro. Daraus ergibt sich laut Statistischem Landesamt IT.NRW eine Pro-Kopf-Verschuldung von 1.651 Euro. Da im laufenden Haushalt sowohl Kassenkredite als auch Investitionskredite getilgt werden konnten, beläuft sich die aktuelle Pro-Kopf-Verschuldung nach Auskunft von Dirk Meussen auf rund 1.550 Euro.

Ansprüche nicht zu halten

Dirk Meussen ist sich sicher, dass die Bevölkerung auf Dauer wieder mehr Eigenverantwortung übernehmen und Anspruchsdenken zurückschrauben muss. Auf Bundes- und Landesebene seien Standards geschaffen und erhöht worden, die auf Dauer nicht zu finanzieren und auch personell nicht mehr umzusetzen seien. Es sei an der Zeit, Regelungen und Gewohnheiten kritisch zu überprüfen und soweit wie möglich zurückzufahren. Das habe während der Stärkungspaktphase in Haltern zu Einsparungen in Millionenhöhe geführt.

Ab Anfang November wird der Haushaltsentwurf der Stadtkämmerei in den Ausschüssen beraten, verabschiedet wird der Etat 2024 in der Ratssitzung am 30. November. Die Rede des Stadtkämmerers kann auf der Homepage (www.haltern.de) nachgelesen werden.

Bauarbeiten an der Annabergstraße bald beendet: Tempolimit und Parkverbot bleiben vorerst

Nachhaltiger Schulhof an der Silverbergschule: Sechs „Helfer“ sorgen nun für Sicherheit

Neue Wohnhäuser in Lavesum: Sie werden nicht so hoch, aber Sozialwohnungen sind nicht gewollt