Halterner Mediziner: „Kein Schweizer Uhrwerk“ - Herzrhythmusstörungen im Fokus

© Ina Fischer

Halterner Mediziner: „Kein Schweizer Uhrwerk“ - Herzrhythmusstörungen im Fokus

rnHerzrhythmusstörungen

Herzrhythmusstörungen betreffen viele Menschen jeden Alters, sagt Dr. Ramon Martinez, Kardiologie-Chefarzt am Sixtus-Hospital. Nicht immer sind die gefährlich. Worauf man aber achten sollte.

Haltern

, 05.11.2019, 19:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

17 Jahre existieren die Halterner Herzwochen nun schon. 17 Jahre, in denen die medizinischen Fortschritte enorm gestiegen sind. Passende Beispiele gab es jetzt bei der diesjährigen Auftaktveranstaltung am Montagabend, die in Zusammenarbeit mit der Deutschen Herzstiftung unter der Schirmherrschaft von Bürgermeister Bodo Klimpel im Alten Rathaus gestemmt wurde.

Kein biologisches System laufe so exakt wie ein Schweizer Uhrwerk, so Dr. Ramon Martinez, Kardiologie-Chefarzt am St. Sixtus-Hospital, in seinem Vortrag über Herzrhythmusstörungen und Atemnot.

Herzstolperer träfen sehr viele Menschen - jeden Alters übrigens. Und längst nicht immer stecke eine ernste Ursache dahinter. Oberstes Gebot also: Herzrasen solle man zwar umgehend beim Arzt abklären lassen, aber bei ersten Anzeichen nicht gleich in Panik verfallen.

Herzrasen kann auch gutartig sein

„Nicht selten sehen wir ein gutartiges Herzjagen, das über Minuten und sogar Stunden dauern kann“, sagt Martinez. Ein Beispiel: Wenn von Geburt an ein zusätzliches Reizleitungskabel existiere, das den Vorhof unnötig stimuliere.

Mittels einer sogenannten Katheterablation lasse sich das Kabel heute aber sehr zuverlässig und mit wenig Risiko veröden, um so weitere Kurzschlüsse zu verhindern. Betroffene kennen ohnehin Tricks, das Herzrasen zu stoppen: kaltes Wasser trinken oder Luft anhalten etwa.

Die Halsschlagader massieren oder Druck auf die Augäpfel ausüben sei dagegen nicht nur veraltet, sondern im Zweifel sogar kontraproduktiv.

Ohnmacht durch aussetzenden Herzschlag

Eine andere Form von Herzrhythmusstörungen sei ein verlangsamter Herzschlag. Doch wenn solche Pausen fünf, sechs Sekunden dauerten, führten sie zu Benommenheit oder sogar einer gefährlichen Ohnmacht und sollten ärztlich abgeklärt werden.

Das Problem: „Diese Aussetzer sind schwer zu diagnostizieren, denn sie treten ja nicht unbedingt im Moment der Untersuchung auf.“ Doch die moderne Medizin hat auch hier eine Lösung parat: Ein Überwachungs-EKG, ein sogenannter Ereignis-Rekorder, werde unter lokaler Betäubung unter der Haut eingesetzt und melde Störfaktoren.

Der Eingriff dauere nur fünf Minuten, die Batterien hielten bis zu drei Jahre lang und bei jedem Zweiten werde so die Ursache für den verlangsamten Herzschlag gefunden. Die Standard-Therapie: In der Regel werde ein Herzschrittmacher implantiert.

Vorhofflimmern kündigt sich bei Älteren kaum vorher an

Weitaus kritischer und eine der häufigsten Herzrhythmusstörungen bei Älteren ist das Vorhofflimmern. Der Name verrät es schon: Hier schlagen die Vorhöfe sehr schnell, sodass die Herzleistung beeinträchtigt wird.

Die Belastbarkeit nehme laut Martinez in der Folge ab, das Treppensteige falle zum Beispiel schwer, bei schnellem Gehen sei man rasch aus der Puste. Die Krux: Außer der Kurzatmigkeit hätten vor allem Ältere keinerlei andere Beschwerden.

Unbemerkte Rhythmusstörungen können aber die Bildung eines lebensgefährlichen Blutgerinnsels auslösen. Blutverdünner wie Marcumar - oder bei deren Unverträglichkeit ein implantiertes Vorhofohrschirmchen - sorgen bei der Behandlung dafür, dass das Blut flüssig bleibt und das Risiko eines Schlaganfalls minimiert wird.

Zudem lasse sich der normale Herzschlag in über 95 Prozent der Fälle mit einer elektrischen Kardioversion wieder herstellen. Und wie immer gilt: Die Risikofaktoren für Hertzrhythmusstörungen, allen voran Durchblutungsstörungen und Bluthochdruck, aber auch Diabetes, Schilddrüsenerkrankungen oder etwa COPD müssen dauerhaft mit behandelt werden.

Leistungssport ist Risikofaktor bei Jüngeren

Übrigens: Jüngere seien häufig betroffen, wenn sie Leistungssport betreiben. Andere Auslöser seien zu viel Alkohol und Nikotin, zu viel Koffein oder Stress, Schlafmangel und opulente Mahlzeiten.

Aber auch ein gestörter Mineralhaushalt mit zu wenig Kalium und Magnesium oder eine Schilddrüsenüberfunktion sowie die Nebenwirkungen von Medikamenten wie Blutdruck senkenden Betablockern oder Bronchialsprays könne ursächlich sein. In jedem Fall helfe die Abklärung beim Facharzt.