
Jan Tasler, Kaplan in St. Sixtus Haltern, reduziert seine Stelle, weil er für sich neue Lebensperspektiven suchte und einen Weg gefunden hat. Das mache ihn zufrieden, sagt er. © Elisabeth Schrief
Kaplan Jan Tasler studiert für einen Zivilberuf: „Warum soll das falsch sein?“
Sixtus-Pfarrei
Es ist keine Entscheidung gegen die Kirche, aber Kaplan Jan Tasler geht einen neuen Weg. Priester im Nebenamt mit Zivilberuf, definiert er seine Ausrichtung. Dafür wechselt er wieder zur Uni.
Jan Tasler ist seit August 2020 Kaplan in der Pfarrei St. Sixtus mit Schwerpunkt Jugendseelsorge. Der gebürtige Coesfelder hatte zuvor in Münster und Rom Theologie studiert. Nun will er zurück an die Universität, weil er beruflich neue Wege beschreiten möchte.
„Mit dem Gedanken einer Neuorientierung bin ich seit Monaten unterwegs“, erzählt Jan Tasler im Gespräch mit der Halterner Zeitung. Er werde die Gemeinde dafür ein Stück los, aber nicht fallen lassen. Der 29-Jährige hat sich in Münster für das Lehramt mit den Fächern Religion und Geschichte eingeschrieben. Mit Semesterbeginn steht er der Pfarrei St. Sixtus nur noch mit halber Stelle zur Verfügung. Jan Tasler fühlt sich wohl und zufrieden in Haltern. Deshalb war es ihm wichtig, hier weiterhin als Seelsorger tätig sein zu dürfen. Das Bistum hat zugestimmt.
Der Kaplan ist sehr beliebt bei den Gemeindemitgliedern. Es gilt als ruhig und bedachtsam und als jemand, der auch gern einmal Gottesdienste anders feiert. „Kirche tut sich schwer damit, Dinge auslaufen zu lassen, um mit den Menschen anders in Kontakt zu kommen“, bedauert Jan Tasler. Mittlerweile erreiche das Seelsorgeteam in Haltern nur noch zehn Prozent der Katholiken. „Wir müssen deshalb Neues probieren und die Chance nutzen, um vor allem junge Menschen neu zu erreichen.“
„Schaut Kirche nur auf sich selbst, macht sie sich überflüssig“
Da sei es nicht geboten, dass Kirche immer nur durch die Brille der Vergangenheit blicke. Kirche sei nicht mehr Volkskirche wie in den 60er-Jahren, nicht mehr eine Pfarrfamilie wie in den 80zigern, sondern ein fluider Ort mit kontinuierlichen Veränderungen. Aber auch wenn Kirche kein geschlossener Kreis mehr sei, bleibe die Glaubensverkündigung und das Zugehens auf die Menschen als wesentliche Aufgabe.
Jan Tasler fehlt der große Zukunftsentwurf. Deshalb spielt eine gewisse Resignation bei seiner Entscheidung für einen Zivilberuf eine Rolle. „Wir kommen nicht weiter, wenn wir nur an straffer, traditioneller Organisation arbeiten. Das frisst viel Energie und nimmt die Zeit für Neues.“ Kirche müsse veränderungs-bereit sein. Wenn sie nur auf sich selbst schaue, mache sie sich überflüssig. Was ihn ebenso nicht zur Ruhe kommen lasse, seien die Tiefschläge mit Missbrauch, ungelöster Frauenfrage oder priesterlicher Lebensform beispielsweise.
Die Aufgaben als Kaplan muss Jan Tassler einschränken
Die Veränderung für Jan Tasler sieht so aus, dass er ab Oktober mit dem Studium in Münster beginnt. Sein Wohnsitz bleibt Haltern. Seine Aufgaben als Kaplan wird er einschränken müssen, nicht alles geht mehr in der gewohnten Regelmäßigkeit.
Als Ansprechpartner der Marienschule hat der 29-Jährige gespürt, dass ihm Unterricht in der Schule Spaß macht. Seine Zukunft sieht er in diesem Zivilberuf, daneben möchte er auch als Priester weiterarbeiten. „Was soll daran falsch sein?“ Auch andere Priester wählen wie Jan Tasler eine Alternative. Zuletzt machte der Pfarrer von Neukirchen-Vluyn Schlagzeilen, weil er die Leitung der Pfarrei abgab, um einen weltlichen Beruf zu ergreifen.
Zum Zölibat: „Alleinsein ist nicht das, was mir gefällt“
Der Zölibat war für Jan Tasler nicht der entscheidende Grund, sich neu zu orientieren. Doch er hatte schon bei seinem Ankommen in Haltern betont, dass es sinnvoll sei, darüber zu reden und zu schauen, ob Priesteramt und Zölibat aneinander gekoppelt sein müssten. „Alleinsein ist nicht das, was mir gefällt“, gibt er offen zu. Für ein Eremiten-Dasein sei er nicht geschaffen.
Insgesamt sei seine Entscheidung keine Abkehr vom Glauben, aber von der Kirche in ihrer heutigen Form. „Meine Lebensperspektive soll nicht sein, die Fassade zu flicken, während das Haus von innen längst zusammengebrochen ist.“
Haltern am See ist für mich Heimat. Hier lebe ich gern und hier arbeite ich gern: Als Redakteurin interessieren mich die Menschen mit ihren spannenden Lebensgeschichten sowie ebenso das gesellschaftliche und politische Geschehen, das nicht nur um Haltern kreist, sondern vielfach auch weltwärts gerichtet ist.
