Im März 2021 schienen Fahrradhändler zu den Gewinnern der Corona-Pandemie zu zählen. Die Umsatzzahlen schnellten in die Höhe, da Radfahren neben Wandern zu den noch möglichen Freizeitbeschäftigungen zählte. Doch dann änderte sich die Situation. Zunehmend traten Lieferengpässe auf.
Als Folge der Lockdowns vor allem in China, konnte die Fahrradindustrie der Nachfrage kaum noch nachkommen. Lieferengpässe gab es vor allem bei Rahmen und Gabeln aus Asien. Wenn einem Fahrrad aber nur eines seiner Teile fehlt, kann das die komplette Produktion zum Stillstand bringen. Lieferzeiten von bis zu zwei Jahren waren damals die Spitze des Eisbergs.
Inzwischen hat sich die Situation wieder entspannt, teilweise sogar gedreht. „Es gibt zwar noch einige Räder, auf die man lange warten muss“, sagt Hubert Bienst. Inhaber von Zweirad Marwitz an der Lippstraße in Haltern. „Das gilt für ganz spezielle Wünsche, aber die gängigen Räder sind heute auch wieder verfügbar.“
Lager sind voll
Das bestätigt auch Michael Benthaus von Big Wheel. „Besonders im Sportbereich und bei Rennrädern (ohne E-Antrieb) gibt es Modelle, die sind nach wie vor schlecht oder gar nicht zu bekommen“, sagt er. Da bekommt man manchmal echt Schnappatmung, wenn man die bestellen will.“
„Aber andererseits sind die Lager der Fahrradgeschäfte voll“, so Benthaus. „Während der Lieferengpässe mussten wir bestellen, was zu bekommen war,
ohne genau zu wissen, was wann lieferbar sein wird. Die Lieferungen sind jetzt weitgehend erfolgt.“
Hubert Bienst sieht einen Preisanstieg bei den Rädern in den letzten Jahren. „Einige Räder sind bis zu 700 Euro teurer geworden, allerdings haben sie teilweise auch technische Neuerungen, beispielsweise stärkere Akkus.“
Zurückhaltende Kunden
Bienst spürt eine leichte Kaufzurückhaltung bei den Kunden. „Die Saison verläuft noch sehr ruhig“, sagt er. Das könne mit der allgemeinen Teuerungswelle zu tun haben. „Aber es hat auch mit dem Wetter zu tun“, so Hubert Bienst. „Das Frühjahr war bisher ziemlich regnerisch und kalt. Das verleitet noch nicht unbedingt zum Radfahren.“
In der Witterung sieht Michael Benthaus den Hauptgrund für die Kaufzurückhaltung. „Im Prinzip hatten wir seit Weihnachten keine längere trockene Witterung mehr“, sagt er. „Es braucht aber immer den Impuls einiger schöner Tage oder Wochen, um das Geschäft anzukurbeln. Dann bekommt man wieder Lust aufs Radfahren. Ich rechne damit, dass das noch kommt, aber es kommt eben später als sonst.“

Viele Kunden würden inzwischen E-Bikes nicht mehr kaufen, sondern leasen, sagt Hubert Bienst. „Man zahlt monatliche Raten zwischen 80 und 100 Euro, nach drei Jahren sind noch etwa 15 Prozent der Kaufsumme fällig.“ Der Vertrag wird mit einem Leasing-Unternehmen abgeschlossen, das direkt bei Abschluss die Kaufsumme an den Fahrradhändler überweist.
Fahrrad-Leasing immer beliebter
Bei Hubert Bienst macht das Leasing-Geschäft inzwischen rund 50 Prozent der Fahrradverkäufe aus, Michael Benthaus schätzt, dass es bei Big Wheel sogar 60 bis 65 Prozent sind.
Die Zeit der Lieferengpässe ist weitgehend vorbei. „Trotzdem bleibt auch dieses Jahr wieder ein sehr herausforderndes“, sagt Michael Benthaus. „Liefermöglichkeiten können sich noch immer kurzfristig ändern und deshalb bleibt unser Geschäft nach wie vor kaum planbar.“
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 21. Mai 2023.
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