Erdbeben in der Türkei Halterner bangen um ihre Angehörigen

Halterner berichten von Erdbeben in der Türkei: „Was soll man da noch tun?“
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Für Ali Sarialtun und seine Familienmitglieder war es kein normaler Montag. „Es ist viel mehr ein Trauertag“, sagt er bedrückt. Denn das Erdbeben in der Türkei hat ihre Heimatstadt Pazarcık schwer getroffen.

„Ich bin seit 3 Uhr wach und kann kaum klar denken“, erzählt Ali Sarialtun. Er wurde mit einem Schreckensanruf aus der Heimatstadt aus dem Schlaf gerissen.

„Ich bin dort zur Welt gekommen und dort aufgewachsen. Überall Bilder von zerstörten Häusern und so viele Tote“, berichtet Durdu Stunden. Normalerweise wird im Familienbetrieb „City-Kebab-Haus“ in der Halterner Innenstadt zu zweit in einer Schicht gearbeitet.

Am Montag haben sich viele Angehörige im Imbiss versammelt, um gemeinsam das Leid zu ertragen, sich auszutauschen und füreinander da zu sein. Ihre Heimatstadt Pazarcık, im Südosten der Türkei, wurde von zwei heftigen Erdbeben der Stärke 7,4 und 7,9 erschüttert.

Eine Landkarte zeigt, welche Ortschaften von welcher Stärke betroffen waren.
In der Region Kahramanmaras lag das Epizentrum des schweren Erdbebens. © AFP

Durdu schaut sich gerade einen Livestream bei Instagram an und kennt die verschiedenen Ecken der Stadt, die jetzt aber nur schwer wiederzuerkennen sind. Der Mann im Video sucht nach verschütteten Personen. „Er hatte vorhin gerade noch eine Stimme gehört“, erzählt Durdu. Nun sei sie nicht mehr zu hören. „Vermutlich ist er unter den Trümmern verstorben“, sagt er mit Tränen in den Augen.

„Alles ist kaputt“, sagt sein junger Neffe verzweifelt. „Bis 12 Uhr mittags konnten wir den Kontakt halten und wissen, dass es allen soweit gut geht. Jetzt wurde das Netz für Notkommunikation blockiert.“

Das Bild zeigt einen Trümmerhaufen in der Stadt Pazarcik in der südtürkischen Provinz Kahramanmaras.
Menschen versuchen in Pazarcik, eingeschlossene Bewohner eines eingestürzten Gebäudes zu erreichen. © dpa

Während des Gesprächs richten die Angehörigen den Blick immer wieder auf den Fernseher im Imbiss. Dort läuft eine Dauernachrichtensendung. Wenn Berichterstattung aus der Heimat ausgestrahlt wird, wird es in dem kleinen Ladenlokal ganz still. „Wie soll man da noch helfen?“, fragt sich Durdu Sarialtun.

Ali muss die Unterhaltung verlassen und die Kundschaft bedienen. „Wir können den Laden heute nicht einfach schließen. Wir leben von den Einnahmen. Da müssen wir die Tage durch.“

Vor Ort werde im Moment keine große Hilfe von Organisationen geleistet. „Ich hoffe so sehr, dass internationale Hilfe kommen wird“, sagt er. Am meisten brauche die Familie jetzt eine schnelle Lebensunterstützung.

Rettungstruppen, die eine tote Person aus den Trümmern tragen.
Rettungskräfte bergen einen Toten aus den Trümmern. Das Erdbeben forderte bislang mehr als 2.000 Opfer. © dpa

„Es ist kalt, es hat geschneit und mein Cousin wird draußen in einem Zelt schlafen müssen“, erzählt der Neffe, der auch im Imbiss anwesend ist. Es sei unfassbar, tragisch und kaum zu ertragen. Das Telefon von Durdu klingelt: „Bei jedem Anruf zucke ich zusammen und lasse mein Handy nicht aus den Augen.“

Die aktuellen Wetterbedingungen vor Ort erschweren die Lage: Heute wurde für die betroffene Stadt in der Türkei wieder Schneefall, bei einer Höchsttemperatur von 4 Grad Celsius, angekündigt. In den kommenden Tagen erreichen die Tiefstwerte durchschnittlich bis zu -6 Grad Celsius.

Gegen Abend wurde ein weiteres Beben erwartet. „Ich hoffe einfach, dass es unserer Familie weiterhin gut geht“, sagt Durdu, während er sich ein Video ansieht, das den Einsturz eines siebenstöckigen Gebäudes zeigt. „Wir wissen aktuell nicht, wie es weitergehen soll. Ich habe einfach keine Ahnung.“ Zuerst müsse der Schock verarbeitet werden.

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