Der deutsche Raiffeisenverband in Berlin wies in einer Pressemitteilung darauf hin, dass die Ernte 2023 wegen Dürre schrumpft. Der Verband senkte im Juni seine Ernte-Schätzung im Vergleich zum Vormonat um 1,2 Millionen Tonnen beim Getreide und 200.000 Tonnen beim Raps.
Beim Mais gibt es hingegen noch Hoffnung: „Wenn es in diesem Jahr jetzt noch häufiger regnen sollte, könnte es eine gute Maisernte geben“, sagt der Halterner Landwirt Ludger Winkelkotte.
Aufgrund der Trockenperiode möchte die EU die Zulassung von Saatgut vereinfachen, das mithilfe von gentechnischen Verfahren verändert wurde. Zu diesen Verfahren zählt unter anderem das sogenannte CRISPR/Cas9-Verfahren. Das ist eine neue molekularbiologische Methode, um DNA gezielt zu schneiden und zu verändern. Das Verfahren soll Pflanzen resistenter gegen Trockenheit, Schädlinge und Pilze machen.
Sind die Bedenken der Bürgerinnen und Bürger gegenüber genveränderten Nutzpflanzen berechtigt? „Pflanzen sind schon immer danach selektiert worden, ob sie einen höheren Ertrag, einen besseren Geschmack haben oder länger haltbar sind“, sagt Ludger Winkelkotte.
„Die Genschere ist letzten Endes nichts anderes als ein Versuch, durch Mutationen oder durch Veränderungen in den Genen einer Pflanze einen Zuchtfortschritt hinzukriegen“, sagt der Landwirt. „Es unterscheidet sich kaum von natürlichen Mutationen, die auch bei der Teilung der Zellen entstehen.“
Eine Frage der Zeit
In der Cas9-Methode, umgangssprachlich auch „Genschere“ genannt, gelangen keine fremden Gene in die Pflanzenzucht und sie sei auch nicht anders zu bewerten als eine Kreuzung zweier Sorten.
Sollte Europa die Gesetze nicht ändern, sieht der Halterner Landwirt die Wettbewerbsfähigkeit gefährdet. „Die Saatzuchtunternehmen werden Europa verlassen“, sagt der 59-Jährige. „Das Saatgut müsste dann aus anderen Ländern wieder importiert werden.“
Für Günter Hessing, Geschäftsführer der Raiffeisen Warengesellschaft, dauert das bisherige Züchtungsverfahren zu lange: „Es dauert etwa 15 Jahre, bis wir neue Sorten durch Züchtungen am Markt platzieren können“, sagt er. „Diese Zeit haben wir nicht bei den heutigen Anforderungen, die an Umwelt, Klima und politische Veränderungen gestellt werden. Deswegen müssen wir über die Genschere nachdenken.“

Ludger Winkelkotte hat keine Bedenken gegenüber genverändertem Saatgut, weil wissenschaftliche Fakten dafür sprechen würden. „Es wird Politik gemacht, ohne auf den Rat der Wissenschaft zu achten“, meint der Landwirt. Er würde aufgrund der klimatischen Veränderungen das genveränderte Saatgut anbauen.
Eine Antwort auf Forderungen
Ludger Winkelkotte sieht in dem Verfahren vor allem den Vorteil, gezielte Zuchterfolge generieren zu können. Im Hinblick auf die politische Forderung, die Pflanzenschutzmittel um 50 Prozent zu reduzieren, wäre die Cas9-Methode ein erheblicher Vorteil.
Die Zulassung des Saatgutes würde der Landwirt sehr begrüßen. Dem schließt sich Günter Hessing an: „Zudem wäre das genveränderte Saatgut ein Schritt hin zu mehr Bio. Die Pflanzen werden weniger Wasser, weniger Düngemittel und weniger Pflanzenschutzmittel brauchen. Damit erreichen wir die Ziele, die unsere Politik an der Landwirtschaft setzt.“

Sollten politische Forderungen wie die Reduktion die Pflanzenschutzmittel umgesetzt werden, ohne die Cas9-Methode zuzulassen, müsse mit hohen Einbußen beispielsweise bei Kartoffeln, Gemüse und Raps gerechnet werden.
Die Ängste der Bürgerinnen und Bürger vor genverändertem Saatgut teilt Landwirt Winkelkotte nicht. „Gentechnisch veränderte Bakterien produzieren Insulin. In der Humanmedizin spricht kein Mensch davon, dass Gentechnik Teufelszeug ist“, sagt er und wünscht sich eine breitere Akzeptanz gentechnischer Möglichkeiten in der Landwirtschaft.
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