
© Silvia Wiethoff
Keine Insel bilden - Familie Privalow aus der Ukraine will richtig in Haltern ankommen
Ukraine-Flüchtlinge
Das Grauen des Krieges in der Heimat verfolgt die Geflüchteten aus der Ukraine bis nach Haltern. Familie Privalow will sich ganz auf das Leben in unserer Stadt einlassen.
Am Donnerstag (7. April) ist Familie Privalow, die kurz vor dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine aus Kiew geflüchtet ist, eine eigene kleine Wohnung Am Wiegel in Haltern bezogen. Es ist ein Anfang. Darüber ist Vater Dima sehr glücklich. Die eigene Wohnung in einem großen Wohnhaus in der ukrainischen Hauptstadt wurde gleich zu Beginn des Krieges zerstört. Ein Zurück gibt es für die Geflüchteten vorerst nicht.
„Ich gehe davon aus, dass der Krieg noch lange dauern wird“, sagt Dima Privalow. Die Bilder und Nachrichten aus seiner Heimat sind sehr schmerzlich für ihn und seine Frau Julia. Er glaubt, dass Haltern für ihn und andere Flüchtlinge erst einmal ein neuer Lebensmittelpunkt sein wird. „Wir haben keine Wahl. Es ist Schicksal“, sagt er.
Dima Privalow hat Arbeit in Aussicht
Die Familie will alles dafür tun, richtig in der Stadt anzukommen. Am Montag nimmt Dima Privalow bei einem Gartenbauunternehmen eine Beschäftigung auf Probe auf. „“Eigentlich würde ich lieber in meinem Beruf als Mediengestalter arbeiten“, erklärt er. Zum Glück verfügt er über deutsche Sprachkenntnisse, die ihm das Fußfassen in seinem qualifizierten Job erleichtern könnten.
Größtes Problem der Familie stellt derzeit die Unterbringung von Tochter Eva und Sohn Platon in einem Kindergarten und in einer Schule in Haltern dar. „Das ist sehr wichtig“, findet ihr Vater Dima. So könnten die Kinder schneller Deutsch lernen und auch das Leben und die Regeln in Haltern besser kennen lernen.

Zerstörte russische Panzer stehen nach Kämpfen zwischen russischen und ukrainischen Streitkräften auf der Straße in Butscha am Stadtrand von Kiew. © picture alliance/dpa/AP
Für alle Flüchtlinge seien die Sprachkenntnisse der Schlüssel für die Integration. Dima Privalow hält diese für unbedingt erforderlich. „Wir wollen nicht in unserem eigenen Kreis bleiben und in Haltern oder ganz Deutschland als Insel leben“, erklärt der 45-Jährige. Seine Kinder will er im Halterner Schachclub oder einem anderen Verein anmelden, um Kontakte zu knüpfen und ihnen das Einleben in der Stadt zu erleichtern.
Pflegebranche könnte zu wichtigem Arbeitsmarkt werden
Er weiß, dass sich das Zusammenleben von ukrainischen Geflüchteten in der Sammelunterkunft ehemalige Erich-Kästner-Schule schwierig gestaltet. Mit anderen hat er sich Gedanken gemacht, wie das Wohnungsproblem in Haltern zu lösen wäre. Dima Privalow glaubt, dass sich die Pflegebranche zu einer der wichtigsten in der Stadt entwickeln könnte, wenn es darum geht, Geflüchtete, Arbeit und Wohnen zusammenzubringen.
„Viele Flüchtlinge sind Frauen“, sagt er. In Gesprächen hat er erfahren, dass eine ganze Reihe bereit wären, sich in der Pflege zu qualifizieren. Sie könnten dann sogar bei älteren Menschen einziehen, die über genügend Wohnraum verfügen, und diese pflegen. Daraus könnte nach Ansicht von Dima Privalow ein Erfolgsmodell für Haltern werden.
Familie Privalow will das Römermuseum besuchen
Am Wochenende möchte er mit seiner Familie das Römermuseum in Haltern besuchen. „Das ist mein Traum. Ich bin ein Fan der Römer“, schmunzelt Halterns Neubürger. Eigentlich wollte er mit Frau und Kindern nach Rom reisen. Daraus wird erst einmal nichts. Am liebsten würde er jetzt mit seiner Arbeit als Mediengestalter die Menschen für die Halterner Geschichte und das Römermuseum begeistern.
„Man muss das wahre Leben ins digitale bringen,“, spricht er von seiner Mission. Das sei vor allem für junge Menschen wichtig, die oft so wenig über die Geschichte Bescheid wüssten. Dabei sei diese so viel interessanter als jeder fiktive Filmhit aus Hollywood.
Jeder Mensch hat eine Geschichte zu erzählen und hinter jeder Zahl steckt eine ganze Welt. Das macht den Journalismus für mich so spannend. Mein Alltag im Lokalen ist voller Begegnungen und manchmal Überraschungen. Gibt es etwas Schöneres?
