Expertin für Mensch und Hund: Angelika Steiner im Interview
Exklusive Videoreihe
Warum zieht mein Hund an der Leine? Warum bellt er ständig? Diese und andere Fragen beantwortet Hundetrainerin und Persönlichkeitscoach Angelika Steiner bald in einer exklusiven Videoreihe.

Angelika Steiner arbeitet leidenschaftlich gern mit Hunden und ihren Haltern. Ihre Erfahrungen teilt sie künftig auch in einer exklusiven Videoreihe auf unserer Internetseite www.halternerzeitung.de. © Kerstin Steigerwald
Ob Martin Rütter oder Cesar Millan – es gibt heutzutage viele Hundetrainer mit unterschiedlichen Ideen und Ansätzen. Jeder macht dabei ganz eigene Erfahrungen. Eine echte Erfolgs-Story ist die von Angelika Steiner. Die 58-Jährige, die oft auch in Haltern unterwegs ist, hat ihr eigenes Coaching-Konzept „Follow me“ entwickelt. Deutschlandweit bietet sie mittlerweile Seminare an, die regelmäßig ausverkauft sind. Mehr über ihr Konzept und viele Ratschläge verrät sie in den kommenden Wochen in einer exklusiven Videoreihe. Immer mittwochs wird es unter www.halternerzeitung.de eine neue kurzweilige Folge geben. Im Interview stellte sich die studierte Sozialpädagogin aus dem Ruhrgebiet vorab unseren Fragen.

Die 57-Jährige ist auch oft draußen im Einsatz, um praktisch mit den Hunden und ihren Haltern zu arbeiten. © Kerstin Steigerwald
Was macht für Sie persönlich die Faszination Hund aus?
Dass alle Hunde, vom Chihuahua im Mäntelchen bis zum ausgebildeten Schutzhund, im Hier und Jetzt leben. Eine Fähigkeit, die wir Menschen aus meiner Sicht wieder mehr in den Focus nehmen dürfen und von unseren vierbeinigen Begleitern lernen können.
Welchen konkreten Ansatz verfolgen Sie mit Ihrem Konzept?
Mein Ansatz basiert auf folgender Annahme: „Verhaltensänderungen des Hundes beginnen im Kopf des Menschen!“ Das bedeutet, erst wenn der Mensch sich anders verhält, kann auch der Hund sein Verhalten ändern. Viele Menschen bewerten das Verhalten ihres Hundes durch die menschliche Brille, ich ermögliche ihnen einen dauerhaften Blick durch die hündische Brille. So wird der Mensch in die Lage versetzt, seinen Hund aus hündischer Sicht zu beurteilen und mit einem Mal erscheint vieles in einem neuen Licht. Durch diese neuen Erkenntnisse ist der Besitzer in der Lage, das Verhalten seines Hundes neu zu bewerten und infolge dessen anders mit ihm zu interagieren.
Warum haben Ihrer Meinung nach manche Hundebesitzer Probleme mit ihrem Hund?
In der Hundewelt gibt es immer einen, der führt und einen, der folgt. Führt der Mensch nicht, übernimmt der Hund diese Aufgabe, dieser ist jedoch mit der damit einhergehenden Verantwortung oftmals maßlos überfordert. Ein solch überforderter Hund wird instabil und zeigt seine Instabilität auf die unterschiedlichste Art und Weise. Beispiele dafür sind Leinenaggression, Trennungsängste oder eine starke Unruhe.
Wann kann man denn aus Ihrer Sicht von einer harmonischen Mensch–Hund-Beziehung sprechen?
Für mich zeichnet sich eine harmonische Mensch-Hund-Beziehung durch ein entspanntes und respektvolles Miteinander aus, bei dem der Hund mit seinem Menschen im Gespräch bleibt und sich an seinem Verhalten orientiert.
Was ist am Wichtigsten?
Das der Hund „Hund sein darf“ und der Mensch bereit ist, die Führung zu übernehmen. Nicht jeder Mensch führt gerne, manche Menschen fühlen sich wohler, wenn sie folgen können. In der Beziehung zum Hund ist die Führung seitens des Menschen jedoch unabdingbar, da diese seinem natürlichen Bedürfnis nach Sicherheit entspricht. Denn Führung aus Sicht des Hundes bedeutet nicht nur „Ich bestimme die Regeln“, sondern auch „Ich gebe dir Schutz und Sicherheit“. Das ist vielen Menschen meist nicht klar, doch in der Hundewelt ist das der Deal: „Ich folge dir und stehe dafür unter deinem Schutz!“
Welche kuriosen Erfahrungen haben Sie schon mit Hundehaltern gemacht?
Vielleicht nicht unbedingt kurios, dafür aber sehr amüsant ist folgendes Erlebnis: Ich machte einen Hausbesuch bei einem über 80-jährigen Ehepaar, das einmal in der Woche zum Frühstücken in ein nahe gelegenes Hotel fuhr. Mit dabei ihr kleiner Cavalier King Charles Spaniel, der, sobald das Auto anfuhr, ausflippte und wie verrückt zu bellen anfing. Ich wollte das Verhalten des Hundes in Aktion sehen und so setzte ich mich mit den Besitzern in ihr Auto, das in der Tiefgarage unter dem Haus stand. Da die älteren Herrschaften nicht mehr ganz so gut einparken konnten, hatten sie die Betonpfeiler mit Matratzen umwickelt und so kam es, dass ich mit meinen Kunden und ihrem Hund durch diese derart veränderte Tiefgarage fuhr. Das war schon ziemlich lustig.

Deutschlandweit sind ihre Seminare nachgefragt. © Kerstin Steigerwald
Liegt es immer am Menschen oder gibt es auch Hunde, die einfach nicht erziehbar sind?
Hunde sind unterschiedlich kooperativ, dies kann angeborene oder erworbene Ursachen haben. Wie gut sich ein Hund letztendlich am Halter orientiert, hängt meiner Einschätzung nach also auch von ihm ab. In einigen wenigen Fällen, meist solche, in denen Hunde sehr ungünstig aufgewachsen sind, gibt es in der Erziehung jedoch gewisse Grenzen.
Was ist für den Menschen die größte Herausforderung in der Hundeerziehung?
Ich glaube, dass die größte Herausforderung für uns Menschen darin besteht, unser Erziehungskonzept stringent zu verfolgen und unseren Standpunkt beizubehalten. Wir Menschen neigen dazu, dem Hund oftmals Gemütszustände zu unterstellen, wie nur wir Menschen sie haben. Der Besitzer sollte sich von dem Gedanken befreien, sein Hund sei enttäuscht oder habe ihn nicht mehr lieb, nur weil er ihm eine deutliche Grenze setzt. Hunde bewerten das Verhalten ihres Gegenübers nicht in Kategorien wie „gut“ oder „schlecht“, sie handeln aufgrund ihres Instinktes und nicht aufgrund ihrer Moral.
Wie kann ein Besitzer einmal erreichte Ergebnisse dauerhaft halten?
Indem er die Erziehung seines Hundes als einen lebenslangen Prozess sieht, innerhalb dessen der Hund immer mal wieder „nachfragt“, ob der Mensch noch zum Anführer taugt. Es liegt in der Natur des Hundes, bezüglich der Führung immer einmal wieder nachzufragen, schließlich entscheidet das Verhalten des Anführers im Ernstfall über Leben und Tod der Rudelmitglieder. In einem natürlichen Rudel sagt der Anführer nicht „mit sieben Jahren gehe ich übrigens in Rente“. Er wird seine Position solange behalten, bis ein stärkerer Hund kommt und seine Position übernimmt.
Ab welchem Alter sollte mit der Erziehung eines Welpen begonnen werden?
Sofort, wenn der Welpe einzieht. Schließlich kommt er aus einem System mit einer ausgeprägten Hierarchie. In der Natur übernimmt ab der Sozialisierungsphase (8. bis 12. Lebenswoche) der Vater die Erziehung des Welpen. Diese Aufgabe obliegt nun dem Menschen. Viele Welpen sind mit der Aufmerksamkeit und dem Freiraum, der ihnen vom neuen Besitzer geschenkt wird, überfordert und zeigen bereits hier die ersten Herausforderungen im Verhalten. Dazu gehören beispielsweise eine große Unruhe, verstärkte spielerische Aggression oder Zerstörungswut.
Gibt es auch eine Altersgrenze für Hunde, ab der sie nicht mehr zu erziehen sind?
Aus meiner Sicht ist grundsätzlich jeder Hund, unabhängig vom Alter, erziehbar. Hier kommt uns die Tatsache zu Gute, dass Hunde im Hier und Jetzt leben. Etwas Geduld und Beharrlichkeit dürfen wir dennoch mitbringen, da, wie der Mensch auch, der Hund auf bewährtes Verhalten zurückgreift. Schließlich suggeriert ihm sein Verstand, dass er bisher so überlebt hat.
Bietet ihr „Follow-me-Konzept“ auch Chancen für die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit?
Unbedingt. Ein klares Ziel zu formulieren und dieses auch konsequent zu verfolgen, ist ein großer Schritt für die eigene Persönlichkeit. Wie oft geben wir Ideen auf, weil wir die daran hängenden Bedingungen nicht erfüllen wollen oder es uns nicht schnell genug geht? Wie schnell schweifen wir gedanklich ab, weil wir nur mal eben das Handy checken wollen? In der Erziehung des Hundes werden wir quasi gezwungen, achtsam zu sein. Denn wenn wir uns gedanklich in der Vergangenheit oder in der Zukunft bewegen, können wir unserem Hund nicht wirklich begegnen.
Wie kommunizieren Sie mit dem Hund, arbeiten Sie auch mit Kommandos?
Ich arbeite nur mit den Kommandos „Sitz“ und „Platz“ und selbst diese sind oftmals überflüssig, wenn sich ein Hund stark an mir orientiert. Meine Kommunikation basiert auf Körpersprache, da Hunde untereinander auch so miteinander „reden“.
Durch Körpersprache kann man mit Hunden sehr deutlich kommunizieren: Ein leicht nach vorne gebeugter Oberkörper, ein Wegdrehen, ein direkter Blick, anfassen und festhalten, das alles hat in der Tierwelt eine große Bedeutung. Im richtigen Moment und mit der richtigen Energie eingesetzt, ersetzt es nahezu alle Hilfsmittel und Kommandos.
Worauf dürfen wir uns in Ihren Videos freuen?
Auf neue Sichtweisen, interessante Erkenntnisse und dass eine oder andere Praxisvideo.
Gibt es bei Ihnen auch Leckerchen?
Oh ja, die gibt es, aber nicht zur Belohnung, sondern einfach nur so. Ich mache ja auch nicht erst Yoga, bevor ich mir eine Tüte Chips nehme. Aber mal im Ernst, in einem natürlichen Rudel läuft der Anführer ja auch nicht mit einem Beutel Leckerchen um den Hals herum und verteilt diese an seine treuen Anhänger. Als Belohnung schütze ich meinen Hund und ermögliche ihm ein Leben als das, was er ist, nämlich „nur“ ein Hund.
Können Sie sich ein Leben ohne Hunde überhaupt noch vorstellen?
Vorstellen kann ich es mir schon, das Leben mit Hund erfüllt mich jedoch eindeutig mehr.
- Angelika Steiner wurde 1962 geboren.
- Mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern lebt sie in Gelsenkirchen.
- Viele Jahre hat sie als Diplom-Sozialpädagogin gearbeitet und eine große Kindertagesstätte geleitet.
- Mittlerweile besitzt die 58-Jährige Aus- und Weiterbildungen im Bereich NLP, Hypnose, MET Klopftherapie, Gestalttherapie. Darüber hinaus ist sie ausgebildet im systemischen und contextuellen Coaching.
- Aufbauend zu ihrer Ausbildung zur zertifizierten Hundetrainerin, besuchte sie zusätzlich zahlreiche Seminare und Workshops der unterschiedlichsten Schulen. Daraus entwickelte sich im Laufe der Jahre ihr einzigartiges Follow me Coaching® Konzept.