Der Sprengstoff vom ehemaligen Wasag-Gelände ist weg

Transport nach Brandenburg

Das Sprengstoffgemisch ist weg: Am Donnerstagmorgen transportierte ein LKW einer Spedition aus Ostdeutschland die gut zehn Tonnen des Materials aus dem ehemaligen Wasag-Gelände in Sythen zu einer Aufbereitungsanlage in Brandenburg. Doch es droht ein neues Problem mit weiteren Sprengstoffresten.

SYTHEN

, 13.10.2016, 17:20 Uhr / Lesedauer: 2 min

Im September 2015 hatte Dr. Winfried Entenmann, sachverständiger Ingenieur und Hydrogeologe der Prof. Burmeier Ingenieurgesellschaft aus Hamburg, die mit der Untersuchung des Geländes beauftragt ist, die Sprengstoffreste in Abflussrohren gefunden. „Es handelte sich um ein Gemisch aus Sand und Sprengstoffen auf einer Länge von 150 Metern“, sagt er. „20 Meter davon waren besonders brisant.“ Dort steckten die Verbindungen aus der Sprengstoffproduktion des Ersten Weltkriegs in den Abwasserrohren. Das Material wurde geborgen und zwischengelagert. Der Transport hatte sich dann mehrfach verzögert. Vor dem Abtransport war das Bundesamt für Materialprüfung eingeschaltet worden, das die Gefahrenstufe für den Transport festgelegt hatte. Spezialkräfte hatten nun das Material, ein Gemisch aus Sand, Sprengstoffresten und Rohren, verpackt. Den Abtransport überwachten am Donnerstag auch Vertreter der Bezirksregierung Münster.

Der Transport geht zu einem Entsorgungsunternehmen in Brandenburg. „Dort werden die Sprengstoffreste aus den Rohren herausgebrochen, anschließend in 2,5 Liter Metallgefäße verfüllt. Ein Rohr enthält rund 150 Liter des Gemisches. Die Metalldosen wandern dann über ein Förderband in einen explosionsfesten Verbrennungsofen, wo sie bei mehreren hundert Grad verbrannt werden“, beschreibt Dr. Winfried Entenmann das weitere Vorgehen.

Hohe Sicherheitsstufen

Während des gesamten Vorgangs gelten hohe Sicherheitsstufen. Die Verbrennung erfolgt in einem Betrieb in Sachsen, der auf einem Bunkergelände der ehemaligen Nationalen Volksarmee der DDR untergebracht ist.

Mit dem Abtransport ist die Suche nach Sprengstoffresten im Boden des ehemaligen Wasag-Geländes in Sythen noch nicht abgeschlossen. In den vergangenen Jahren waren immer wieder TNT- und DNT-Verbindungen zum Teil direkt im Erdreich gefunden worden. Durch diese sind die Giftfahnen im Grundwasser entstanden, die in Richtung Halterner Stausee wandern und diesen voraussichtlich 2050 erreichen werden.

„Wir sind bereits wieder fündig geworden“, sagt Dr. Winfried Entenmann. Er hat inzwischen auch die sogenannte Pi-Anlage im Werksgelände unter die Lupe genommen. „Das ist eine relativ kleine Anlage, aber dort wurde höchstwahrscheinlich Pikrinsäure für die Produktion von Handgranaten verwendet, wir wissen nur nicht in welchen Mengen.“

Geringe Konzentration

Der Stoff wurde wahrscheinlich noch während des Ersten Weltkriegs durch andere Stoffe ersetzt, da er teuer und schwer zu beschaffen war. „Es gibt historische Dokumente, die die Verwendung belegen, außerdem habe ich Spuren, allerdings in äußerst geringer Konzentration, nachgewiesen“, so Dr. Entenmann.

Das Problem mit diesem Stoff: „Er ist hochexplosiv, wenn er in größeren Mengen auftritt. Pikrinsäure ist zwar wasserlöslich, sollte sie aber irgendwo eingekapselt sein, kann es gefährlich werden“, sagt Winfried Entenmann. „Die bisher gefundenen TNT-Verbindungen benötigen einen Zünder, um zu explodieren. Pikrinsäure in höherer Konzentration fliegt aber schon dann in die Luft, wenn sie nur von einer Baggerschaufel getroffen wird.“ Die Abfüllanlage auf dem Werksgelände wurde inzwischen komplett isoliert. Die Sanierung des ehemaligen Wasag-Geländes zwischen Haltern und Dülmen ist also noch längst nicht abgeschlossen.

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