Zwischen Kirchenbänken und Stadion - BVB-Pfarrer verlässt Dortmund

© Stephan Schuetze (A)

Zwischen Kirchenbänken und Stadion - BVB-Pfarrer verlässt Dortmund

rnKirche und Fußball

Als BVB-Fan steht Burkard Kurz regelmäßig als Fahnenschwenker auf dem Stadionrasen, als Pfarrer führt er eine kleine Dortmunder Gemeinde. Doch jetzt heißt es für ihn Abschied nehmen.

Dortmund

, 26.05.2021, 11:28 Uhr / Lesedauer: 2 min

Burkhard Kurz scheint Kontraste zu lieben. Der Kirchenraum der Trinitatis-Gemeinde an der Eintrachtstraße in der südlichen Innenstadt zählt gerade einmal zehn Kirchenbänke und ein paar Stuhlreihen. Als Fahnenschwenker des christlichen Fan-Clubs „Totale Offensive“ steht er regelmäßig vor mehr als 80.000 Fußball-Fans auf dem Stadionrasen.

Jetzt gibt es ein anderes Kontrastprogramm. Denn Burkhard Kurz wechselt als Pfarrer aus Dortmund mit 600.000 Einwohnern nach Farven in Niedersachsen mit gerade einmal 600 Einwohnern.

Pfarrer der Selbstständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche

Die Entscheidung zum Wechsel hat Burkhard Kurz bewusst getroffen. Vor zwölf Jahren war der gebürtige (Ost-)Berliner nach Dortmund gekommen - als Pfarrer der Selbstständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK).

Die freikirchliche Gemeinde gehört nicht der evangelischen Landeskirche an. Die Wurzeln der SELK liegen im 19. Jahrhundert, als man sich der preußischen Kirchenunion aus Lutheraner und Reformierten verweigert hat.

Pfarrer Burkhard Kurz am Altar seiner Dortmunder Gemeinde, die er Ende Mai verlässt

Pfarrer Burkhard Kurz am Altar seiner Dortmunder Gemeinde, die er Ende Mai verlässt © Oliver Volmerich

Die SELK hat bundesweit rund 36.000 Mitglieder, berichtet Kurz. Die Gemeinde in Dortmund und Hagen zählt 270 Köpfe. Neun Jahre lang war Burkhard Kurz auch Superintendent der „SELK im Westen“ mit 19 Gemeinden zwischen Siegen, Bonn und Osnabrück.

Jetzt fungiert er als Propst der Kirchenregion West. „Die reicht von Aachen bis Stade“, erklärt Kurz. Mit der Gemeinde in Farven wechselt er jetzt in den Nordzipfel der Kirchenregion.

Wechsel in der „Halbzeit“

„Es ist keine Entscheidung gegen Dortmund“, betont Kurz. Für ihn ist nach zwölf Jahren in Dortmund gewissermaßen Halbzeit - und damit Zeit für einen Seitenwechsel. „Die Kinder sind aus dem Haus“, erklärt er. Und mit dem Landleben glaubt er gut zurechtzukommen. „Ich brauche entweder die U-Bahn vor der Tür oder die absolute Ruhe.“ Kontrastprogramm eben.

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Dem BVB bleibt er natürlich trotzdem treu - nicht nur, weil das Dorf Farven in Niedersachsen zwischen den Zweitliga-Städten Bremen und Hamburg liegt. Das Interesse am BVB wurde in der erfolgreichen Vereins-Ära in den 1990er-Jahre geweckt.

So richtig entflammt ist die schwarzgelbe Liebe dann mit dem Wechsel nach Dortmund. Am Samstag vor seinem ersten Gottesdienst erlebte er das erste Spiel im Stadion, im Familienblock. „BVB gegen Karlsruhe“, erinnert sich Kurz. Seit der Saison 2009/2010 hat die Familie Dauerkarten.

Beeindruckt von der Fan-Szene

„Mich hat vor allem die Fan-Szene beeindruckt“, sagt Kurz. Er wurde ein Teil davon. „Das hat das Ankommen und Einleben in Dortmund leicht gemacht“, erinnert er sich. Über einen Bekannten kam er zum christlichen Fan-Club „Totale Offensive“, für den er nun als Fahnenschwenker vor Spielbeginn regelmäßig auf dem Stadionrasen vor der schwarzgelben Wand steht. „Direkt am Mittelkreis“, berichtet Kurz.

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Das friedliche Miteinander in der Fan-Szene ist für die „Totale Offensive“ ein besonderes Anliegen. Es gibt in vielen Vereinen Partner-Fanclubs und auch einen engen Draht zum blauweißen Fanclub „Mit Gott auf Schalke“. Rund 350 Mitglieder hat der ganz besondere BVB-Fanclub, der sich regelmäßig im Zentrum „Stern des Nordens“ im Borsigplatz-Viertel trifft.

Dauerkarte bleibt bestehen

Christliches Leben und Fan-Kultur sieht Kurz deshalb nicht als Kontrast. „Das passt gut zusammen“, ist der Pfarrer überzeugt, der den Titel der Fan-Hymne „You‘ll never walk alone“ (Du gehst niemals allein) auch zum Lebensmotto gemacht hat. „Das verbindet beide Lebenswelten.“

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Und das wird auch so sein, wenn Burkhard Kurz als Pfarrer bald 300 Kilometer entfernt wirkt. Mindestens alle 14 Tagen wird er, wenn Corona es erlaubt, zu den BVB-Heimspielen wieder nach Dortmund kommen. „Echte Liebe“ vergeht halt nicht.

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