Hans-Ulrich Peuser ist Vorsitzender des Heimatvereins. Er verfolgt intensiv, wie es mit der ehemaligen "Schieferecke" weitergeht.

© Uwe von Schirp

Buntes Dortmunder Fachwerkhaus soll weiter zwangsversteigert werden

rnDenkmalschutz

Die Zwangsversteigerung des markanten Fachwerkhauses sagte das Amtsgericht ab. Erledigt ist die Sache damit nicht. Ein Experte fordert derweil den Erhalt des denkmalgeschützten Hauses.

Mengede

, 15.02.2022, 05:55 Uhr / Lesedauer: 2 min

Was wird aus der „Schieferecke“? Diese Frage treibt Ralf Schmidt um. Er ist ein in Dortmund bekannter Liebhaber und Kenner von Fachwerkhäusern. Auf dem Hansemarkt und in der Weihnachtsstadt betreibt der Imker das markante Kerzenhaus. Fachwerk steht auch auf seinem Grundstück in Sölde.

Nun sorgt er sich um die Zukunft des markanten Fachwerkbaus in Dortmund-Mengede. Am 9. Dezember 2021 sollte es eigentlich zwangsversteigert werden. „Wenn es in falsche Hände kommt, wird es der neue Eigentümer abreißen“, fürchtet Schmidt. „Es erfordert zwar viel Arbeit, aber es ist rettbar. Wenn man es machen will, ist es nicht verloren.“

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Schmidt sagt das nicht einfach so aus gut 20 Kilometern Entfernung. Der Fachwerk-Liebhaber hat sich die Immobilie im alten Mengeder Ortskern vor dem Versteigerungstermin angesehen – wie viele andere historische Häuser auch, die zwangsversteigert oder abgebrochen werden. „Alt Mengede hat eine urige Seite, da wäre es schade, wenn das Haus verschwinden würde“, sagt Ralf Schmidt.

Fachwerk-Schwellen sind marode

Der markante Komplex an der Ecke Freihofstraße/Siegenstraße besteht aus zwei Gebäuden: An der Freihofstraße liegt das denkmalgeschützte Fachwerkhaus, zur Siegenstraße hin ein Gebäude aus Stein. „Im denkmalgeschützten Gebäude sind drei Dachbalken eingestürzt“, berichtet Schmidt. Wasser sei auf die Auflagebalken gelaufen. „Die Erneuerung der Auflage ist Sache von einem Tag.“

Baustüzen sichern den Dachstuhl im Steingebäude an der Siegenstraße.

Baustüzen sichern den Dachstuhl im Steingebäude an der Siegenstraße. © Ralf Schmidt

Ohnehin seien die beiden Immobilien mit pragmatischen Lösungen zu retten. Allerdings: Unumgänglich seien an beiden Häusern neue Dacheindeckungen. Bei der denkmalgeschützten „Schieferecke“ und seinem Anbau an der Freihofstraße müssen die Schwellen erneuert werden, erklärt Schmidt. Schwellen sind die im Fachwerk untenliegenden Querbalken. Sinnvollerweise müsse das Fachwerk aufgeständert werden.

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Bei allem Pragmatismus: Das Gutachten für die Zwangsversteigerung taxiert die Sanierungskosten nur für den denkmalgeschützten Teil des Ensembles auf 1,1 Millionen Euro. Der Experte befürchtet, dass einem Käufer all das zu aufwändig sei.

Ralf Schmidt ist nicht nur Imker und Geflügelhalter. Seine besondere Vorliebe gilt altem Fachwerk.

Ralf Schmidt ist nicht nur Imker und Geflügelhalter. Seine besondere Vorliebe gilt altem Fachwerk. © Jörg Bauerfeld (Archiv)

Schließlich stünden die Gebäude auf einem mehr als 1000 Quadratmeter großen Grundstück. „Wenn ein Investor das beplanen könnte, käme da eine Wallaburg mit viel neuem Wohnraum hin“, fürchtet Schmidt trotz des Denkmalschutzes. „Damit würde sich das Grundstück natürlich vergolden lassen.“

Neuer Termin ist noch nicht absehbar

Soweit ist es beim „Schiefereck“ aber noch nicht. Das Amtsgericht sagte den Zwangsversteigerungstermin am 9. Dezember ab. Zu viele Menschen wollten in den Saal des Gerichtsgebäudes, heißt es in Mengede. Das Verfahren sei noch nicht beendet, bestätigt auf Anfrage Gerichtssprecher Michael Tebbe. Es werde ein neuer Termin bestimmt. „Wann dieser sein wird, ist noch nicht abzusehen.“

Das Fachwerk an der Freihofstraße 2 muss grundlegend saniert werden.

Das Fachwerk an der Freihofstraße 2 muss grundlegend saniert werden. © Uwe von Schirp

Genau darauf warte „alle Welt“, sagt Hans-Ulrich Peuser. Der Vorsitzende des Heimatvereins Mengede hofft, dass durch die Versteigerung das historische Gebäude vor dem weiteren Verfall geschützt und endlich saniert wird. „Die Denkmalbehörde lässt keinen Abbruch zu“, sagt er. „Das kann nur jemand ersteigern, der einen langen Atem hat.“ Es gebe aber Interessenten, die den mitbrächten, weiß Peuser.

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Bis in die 80er Jahre war die „Schieferecke“ eine bekannte Adresse in der Kneipenszene. 1984 übernahm Friedemann Stuhm mit Gleichgesinnten das Gebäude – die Geburtsstunde des „Café Chaos“ als Treffpunkt und Wohngemeinschaft. Das Problem: Stuhm erhielt von der Stadt keine Konzession. Der Kneipen-Erlös sollte jedoch die Sanierung finanzieren.

1990 wurde aus dem „Chaos“ der private „Kalscha-Club“. 2013 war das Kapitel „Schieferecke/Café Chaos“ für Stuhm beendet. Die weitere Geschichte ist diffus – bis zur bevorstehenden Zwangsversteigerung des mittlerweile bunten Hauses.