
© Stephan Schütze
Zeche Zollern bietet jetzt Untertage-Erlebnis mit Hollywood-Effekten (mit Video)
Neues „Montanium“
Die letzte Zeche im Ruhrgebiet ist geschlossen. Auf Zeche Zollern wird die Untertage-Welt aber wieder lebendig. Ein Stollen ist neue Attraktion des Industriemuseums - mit zahlreichen Spezialeffekten.
Es ist eng, es ist dunkel und es ist laut. So, wie es - abgesehen von Temperatur und Luftfeuchtigkeit - es auch die Bergleute beim Kohleabbau unter Tage erlebt haben. Zumindest virtuell können Besucher die Untertage-Welt jetzt nachempfinden - im „Montanium“ auf dem Gelände des Industriemuseums Zeche Zollern in Bövinghausen.
Nicht nur für die Museumsmacher, auch für viele Besucher des Industriemuseums geht damit ein langgehegter Traum in Erfüllung. „;Geht‘s hier auch nach unter Tage‘ ist eine der häufigsten Fragen am Eingang des Museums“, berichtet Museumsleiterin Dr. Anne Kugler-Mühlhofer. Ja, jetzt geht es im Industriemuseum Zeche Zollern, das sonst vor allem die Sozialgeschichte des Bergbaus dokumentiert, unter Tage. Zwar nicht wortwörtlich, aber zumindest virtuell.

Das „Montanium“ wurde auf dem Zechenplatz vor der Maschinenhalle aufgebaut. © Stephan Schütze
Gut eine Stunde dauert die Führung durch die Untertage-Welt, die sich in Wirklichkeit über Tage befindet. Ein Bergbaustollen wurde dazu auf dem Außengelände des Museums, nahe der historischen Maschinenhalle, nachgebaut.
Es ist gewissermaßen ein Erbstück des Bergbaus. Das Innenleben stammt zum großen Teil aus einem früheren Lehrstollen der Zeche Westerholt. Die Auszubildenden lernten hier unter fast realen Bedingungen die Arbeit im Stollen kennen.
Mit der Stilllegung des Bergwerks an der Stadtgrenze zwischen Gelsenkirchen und Herten vor zwölf Jahren hatte der Lehrstollen ausgedient. Ein Glücksfall für das Industriemuseum des Landschaftsverband Westfalen-Lppe (LWL). 2015 entstand die Idee, den Lehrstollen zu übernehmen, erinnert sich Dr. Anne Kugler-Mühlhofer als Leiterin des Industriemuseums Zollern.
Hydraulik-Schilde in Aktion
Stück für Stück wurden die Maschinen und Werkzeuge auf Westerholt gesichert und nach Dortmund gebracht, in vielen hundert Arbeitsstunden in den Werkstätten des Industriemuseums restauriert und in die Strecke wieder eingebaut.
Größte Exponate sind die funktionstüchtigen Hydraulik-Schilde, mit denen unter Tage das Deckgebirge im Streb abgestützt wurde und die dann nach und nach mit dem Fortschreiten des Kohleabbaus versetzt wurden. Im Montanium sind sie auch wieder in Aktion zu bewundern.

Nur in gebückter Haltung kann man die Arbeit im Kohlenstreb nachempfinden. © Stephan Schütze
Viele Bergbau-Eindrücke werden ansonsten durch audiovisuelle Effekte vermittelt - angefangen vom Licht über Geräusche bis zu Videotechnik. Diese Technik der Firma Sounth aus Castrop-Rauxel kommt sonst bei Hollywood-Filmproduktionen zum Einsatz.

Original-Maschinen und Ausrüstungsgegenstände wurden in dem alten Bergbaustollen aufgebaut. © Stephan Schuetze
Im Montanium wird die Untertage-Welt so regelrecht lebendig. Gebückt oder hockend unter den Hydraulikschilden erleben die Besucher einen Hobel, der als Lichtprojektion an einem imaginären Kohleflöz entlangfährt, begleitet von lauten Geräuschen bis zum Einstürzen des Deckgebirges hinter dem Schild. „Für den authentischen Eindruck wurden Original-Sounds unter Tage aufgenommen und mit moderner Technik hier eingespielt“, erklärt Anne Kugler-Mühlhofer.
Stationen zum Experimentieren
Besucher dürfen und sollen aber auch selbst anfassen. An mehreren Experimentierstationen können sie physikalische Effekte erkunden, die unter Tage eine Rolle gespielt haben. So kann man selbst testen, dass Eisenträger stabiler als Holz sind.

An Experimentier-Stationen kann man physikalische Effekte testen. © Stephan Schütze
Mit solchen Angeboten könne man Industriekultur für junge Menschen attraktiv machen, die selbst keinen Opa im Bergbau hatten, ist die LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger überzeugt. „Das Montanium ermöglicht eine emotionale Berührung mit dem Bergbau.“ Auch bei der RAG-Stiftung die das 450.000 Euro teure Projekt finanziell unterstützt hat, sieht man das Montanium vor allem als Bildungsort für jungen Menschen.
Weiterer Ausbau geplant
Es soll auch nicht bei der 40 Meter langen Erlebnisstrecke bleiben. In den nächsten zwei Jahren soll das Montanium nach und nach ausgebaut werden. Geplant ist ein Werkstatt-Bereich, in dem Besucher selbst Hand anlegen und Reparaturen ausführen können. Ein weiterer Streckenabschnitt soll speziell der Infrastruktur unter Tage gewidmet sein. Dort können Besucher dann auch die Fahrt mit einer Grubenbahn unter Tage nacherleben.
Sondereintritt wird fällig
Zwei kleine Einschränkungen gibt es: Besuchen kann man das „Montanium“ nur im Rahmen von einstündigen Führungen, die täglich um 13 und 16 Uhr stattfinden. Und es werden zusätzlich zum Museumseintritt 2 Euro fällig.
Einstündige Gruppenführungen können frei vereinbart werden und kosten 40 Euro. Dazu kommen pro Person der Museumseintritt mit 2 Euro „Montanium“-Zuschlag.
Für Schulklassen, eine der Hauptzielgruppen des „Montanium“, gibt es ein eigenes Programm über zwei Stunden. Es kostet 45 Euro. Der Eintritt ist dabei frei.
Informationen und Anfragen unter Tel. 0231/6961-220 oder per Mail an zeche-zollern@lwl.org.
Oliver Volmerich, Jahrgang 1966, Ur-Dortmunder, Bergmannssohn, Diplom-Journalist, Buchautor und seit 1994 Redakteur in der Stadtredaktion Dortmund der Ruhr Nachrichten. Hier kümmert er sich vor allem um Kommunalpolitik, Stadtplanung, Stadtgeschichte und vieles andere, was die Stadt bewegt.
