Das LWL-Industriemuseum Zeche Zollern zeigt in architektonisch beeindruckender Kulisse den Alltag der Bergleute. Wir haben beim Familientest festgestellt, dass man viel Zeit mitbringen muss.

Bövinghausen

, 13.07.2018, 14:04 Uhr / Lesedauer: 5 min

Das „Schloss der Arbeit“ wird die Museumszeche Zollern in Bövinghausen genannt. Denn die Jugendstil-Bauten erinnern in der Tat eher an ein Schloss. Kaum zu glauben, dass hier bis vor gut 50 Jahren noch Bergbau betrieben wurde. Und schön, dass die alten Zechengebäude jetzt die Zentrale des Industriemuseums des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe beherbergen. Das Industriemuseum Zollern hat gerade auch für Kinder viel zu bieten.

Jugendstil prägt die Architektur der Zeche Zollern, die auch als „Schloss der Arbeit“ bezeichnet wird.

Jugendstil prägt die Architektur der Zeche Zollern, die auch als „Schloss der Arbeit“ bezeichnet wird. © Stephan Schuetze

Dafür sorgt schon Franz. Die Comicfigur, die mit mannshohen Aufstellern und auf Schildern den roten Faden beim Rundgang über das Zechengelände bildet, stellt einen Bergbaulehrling dar, der von seinen Anfängen auf der Zeche berichtet. Damals fing die Lehre in der Regel mit 14 Jahren an. Insofern begegnet Franz vielen Besucherkindern sozusagen auf Augenhöhe. Und viele Dinge, mit denen Franz seinen Alltag beschreibt, sind spielerisch zu entdecken.

Berglehrling Franz führt als Leitfigur durch die gesamte Ausstellung.

Berglehrling Franz führt als Leitfigur durch die gesamte Ausstellung. © Stephan Schuetze

Doch der Reihe nach:


1. Station: Kaue

Der Rundgang beim Museumscheck mit Jasha (8) und Lara (4) beginnt in der früheren Lohnhalle und Waschkaue, die (vom Eingang aus betrachtet) den rechten Flügel des Museumsensembles bilden. Hier geht es nicht um die Arbeit auf der Zeche, sondern auch um den Alltag der Bergleute – in diesem Fall geprägt durch Erinnerungsstücke aus den 50er- und 60er-Jahren. Auf der linken Seite geht es um die Freizeit von Fußball bis Brieftauben, auf der rechten Seite um Ausbildung und Arbeit im Bergbau.

Und dabei musste man sich auch sportlich fithalten wie das Sprungkissen zeigt. „Darf man da hüpfen?“, fragt Lara. Klar. Warum nicht. Also wird erst einmal gehüpft. Bruder Jasha stemmt in der Zwischenzeit den Abbau-Hammer in die Höhe, der anschaulich zeigt, wie schwer die Arbeitsgeräte der Bergleute waren. Und er setzt damit einen Film auf einem Bildschirm mit Bildern vom Kohleabbau in Gang.

An vielen Stationen kann man aktiv etwas bewegen – etwa durch das Anheben eines Abbau-Hammers einen Film in Gang setzen.

An vielen Stationen kann man aktiv etwas bewegen – etwa durch das Anheben eines Abbau-Hammers einen Film in Gang setzen. © Stephan Schuetze

Man darf im Prinzip alles anfassen, außer es ist ausdrücklich anders ausgeschildert, erklärt Museumsleiterin Anne Kugler-Mühlhofer. Vor den Drahtkörben, die zeigen, wie die Bergleute früher in der Kaue ihre Siebensachen an der Decke verstauten, ist allerdings ein Sperrband aufgespannt. Hier darf man nur bei Führungen hinein. Dann verwandeln sich junge Besucher des Museums sogar in echte Bergleute – mit Arbeitshemd und Helm.

Wie schwer ist eigentlich eine Grubenlampe? Jasha probiert es aus.

Wie schwer ist eigentlich eine Grubenlampe? Jasha probiert es aus. © Stephan Schuetze

Nebenan in der Lampensturm gibt es dazu die Stirnlampe. Die kann dann gleich nebenan in einem finsteren Tunnel getestet werden, in der das Licht der unterschiedlichen Grubenlampen anschaulich vor Augen geführt wird. Angst? Nein, Lara schütteln den Kopf.

Wie finster es bisweilen unter Tage war, kann man in einem Tunnel in der Lampenstube erkunden.

Wie finster es bisweilen unter Tage war, kann man in einem Tunnel in der Lampenstube erkunden. © Stephan Schuetze

Auch der Weg in den Keller kann sie nur kurz erschrecken. Hier wird eine Explosion nachgestellt. „Das kommt nur aus Lautsprechern“, erkläre ich. „Und ich dachte schon, da wäre ein Monster“, sagt Lara. Ein wenig irritierend auch der Grabstein, der im Keller aufgebaut ist. Er erinnert an schwere Grubenunglücke, aber auch an die wichtige Arbeit der Grubenwehr unter Tage.

Im Keller gibt es aber auch eine kleine Enttäuschung. Der Krabbelkeller, in dem Kinder durch hölzerne Verschläge klettern und dabei mit allen Sinnen Berbau-Alltag (heiß, nass, warm) nachempfinden konnten, ist geschlossen. Die Bauordnung drängt mit Blick auf den Brandschutz auf zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen. Der Bauantrag für den Umbau ist aber gestellt. Möglichst bald soll der Kinderkeller wieder geöffnet werden, versichert Anne Kugler-Mühlhofer.

2. Station: Schachthalle

Raus aus dem Keller. Und rüber in die Schachthalle. Der Weg führt über eine Metalltreppe. Aber es wird auch gerade ein Aufzug für den behindertengerechten Zugang gebaut. In der Halle unter dem Förderturm wird anschaulich gezeigt, wie die Kohle mit Förderkörben in Loren zutage gefördert wurde.

Am Leseband werden Steine und Kohle sortiert.

Am Leseband werden Steine und Kohle sortiert. © Stephan Schuetze

Und in den aufgestellten Loren liegt auch noch richtige Kohle. Die muss man natürlich anfassen. Im Nu sind die Hände und wenig später auch die Gesichter schwarz. Bei Kinderaktionen ist die Arbeit am Leseband, an dem Steine aus der Kohle aussortiert werden, Teil des Programms.

Wer will, kann auch den Förderturm erklimmen. Von hier hat man eine tolle Aussicht über den Dortmunder Westen bis weit in die Nachbarstädte hinein. Und natürlich einen Überblick über das Museumsgelände, auf dem die Maschinenhalle mit ihrem Jugendstil-Portal besonders ins Auge fällt.

3. Station: Maschinenhalle

Die Maschinenhalle ist seit einer mehrjährigen Sanierung erst seit gut einem Jahr wieder geöffnet. Über die Jugendstil-Pracht etwa der Marmor-Schalttafel dürften sich vor allem Erwachsene und Technik-Freaks freuen.

Die eindrucksvolle Maschinenhalle mit ihrer Marmor-Schalttafel ist für Kinder wie Erwachsene gleichermaßen interessant.

Die eindrucksvolle Maschinenhalle mit ihrer Marmor-Schalttafel ist für Kinder wie Erwachsene gleichermaßen interessant. © Stephan Schuetze

Die Kinder finden vor allem den Platz spannend, von dem aus der Fördermaschinist die Seilfahrt gesteuert hat. Platz nehmen ist allerdings nicht erlaubt. Außer für die Museumsmitarbeiter, die an jedem Samstag um 16 Uhr die Fördermaschine in Aktion vorführen.

Spannend ist es auch hier im Keller, der mit der Sanierung der Maschinenhalle ins Museumskonzept einbezogen wurde. Auch hier ist wieder leichter Grusel garantiert. Denn es ist weitgehend finster. Dafür kann man mit Kunstinstallationen. und einem alten Wohnzimmer-Raum mit Fotoalbum spannende Sachen entdecken.

4. Station: Außengelände

Das Außengelände hat ebenfalls einiges zu bieten. Jasha testet gleich an dem im Schotter aufgestellten Wagen seine Kräfte. Die Lore auf Schienen nebenan lässt sich viel leichter schieben. So lernt man kinderleicht, wozu Schienen gut sind.

Auch auf dem Außengelände des Industriemuseums gibt es viel zu entdecken.

Auch auf dem Außengelände des Industriemuseums gibt es viel zu entdecken. © Stephan Schuetze

Man kann auch eine Lok erklimmen. Und an besonderen Tagen werden die großen Dampflokomotiven, die in dem kleinen Güterbahnhof parken, angeheizt und laden zum Mitfahren auf die kurze Strecke über das Zechengelände ein. Das nächste Mal wieder am 26. August, verrät die Museums-Chefin. Wiederkommen lohnt sich also.

Regelmäßig gibt es Aktionstage auf Zollerm, bei denen auch die Dampfloks in Gang gesetzt werden.

Regelmäßig gibt es Aktionstage auf Zollerm, bei denen auch die Dampfloks in Gang gesetzt werden. © Stephan Schuetze

Unser Fazit:

Das Industriemuseum bietet für Kinder ebenso viele Informationen wie Spaß. Und wir haben schnell festgestellt, dass die zwei Stunden, die uns zur Verfügung standen, viel zu kurz waren, um alles zu entdecken. Da war es fast ein Glück, dass der Außen-Spielplatz gesperrt war. Denn der hätte den Aufenthalt noch einmal deutlich verlängert.

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Tipps:

- Zur Abrundung des Familienbesuchs empfiehlt sich ein Besuch im Restaurant Pferdestall (das heißt so, weil hier früher wirklich der Pferdestall für die Grubenpferde war, die auf der Zeche im Einsatz waren). Während sich die Eltern im Biergarten erholen, können die Kinder nebenan auf dem Spielplatz unter anderem mit Wasser-Matsch-Baustelle. Der Großteil des Spielplatzes ist zurzeit allerdings wegen Ausbesserungsarbeiten gesperrt.

- Noch bis zum 21. Oktober läuft in der früheren Werkstatt die Sonderausstellung „Reviergestalten“. Hier gibts für Kinder „anner Bude“ Bonbons. Kostenlos.

- Der Ausgang führt durch den Museumsshop – voller Bergbau-Devotionalien, Bücher und Spielsachen.

- Besondere Aktionen bietet das Industriemuseum Zeche Zollern in den Ferien. Jungen und Mädchen ab 10 Jahren können sich am Mittwoch (18.7.) einen Tag wie ein echter Bergmann fühlen. „Auf dem Weg des Bergmanns“ lernen sie in voller Montur die Arbeitswelt der Bergleute kennen. Die Ferienaktion läuft von 11 bis 17 Uhr und ist kostenlos. Bezahlt werden muss nur der reguläre Museumseintritt. Anmeldungen unter 0231/6961-211 oder zeche-zollern@lwl.org.

An drei Feriensamstagen (28.7./11.8./25.8.) geht es mit Führungen in den Arbeitergarten vor dem Zechentor.

Die Kinderwerkstatt ist an zwei Samstag (27.7. und 26.8.) geöffnet. Von 14 bis 16 Uhr können Jungen und Mädchen ab 7 Jahren unter Anleitung basteln.Zum Museumseintritt kommen dazu 3 Euro u.a. für Materialkosten.


Das sagt der Experte zu unserem Besuch im Industriemuseum Zeche Zollern:

Professor Norbert Zmyj, Entwicklungspsychologe an der TU Dortmund:

Der Bergbau besitzt eine lange Tradition im Ruhrgebiet. Was damals für viele Familie die Existenzgrundlage war, ist heute dank der zahlreichen Einrichtungen wie der Museumszeche Zollern für Familien als kulturelles Erlebnis erhalten geblieben. Bei ihrem Museumsbesuch setzen sich die Kinder spielerisch mit der Geschichte des Bergbaus auseinander.

Neben dieser Wissensvermittlung spielt auch noch ein anderer Aspekt eine Rolle: Die Kinder erleben ein Stück Heimat. Zwar spielt der Heimatbegriff für Kinder im Vor- und Grundschulalter noch keine besondere Rolle. Die Erfahrungen aber, die die Kinder in ihrer Umgebung sammeln, bilden die Anschauungsgrundlage für das Heimatgefühl, das viele Jugendliche entwickeln und es ein Leben lang im Herzen tragen.

Unser Besuch in Kürze:

Was gibt es für Kinder?

Jede Menge. Das Museum ist ganz auf die Bedürfnisse von Kindern zugeschnitten. Das fängt mit der „Leitfigur“ Bergbau-Lehrling Franz an und geht mit vielen spielerischen Elementen weiter. Interessant klingen auch die vielen Angebote für Gruppen und Schulklassen in vielen verschiedenen Altersstufen. So gibt es schon für Vierjährige Führungen mit Handpuppen. Es kann gebastelt werden, und es werden Fossilien gegossen. Sich verkleiden und mit Kohle dreckig machen, ist für Kinder immer ein Hit.

Was gibt es für Erwachsene?

Die haben keine Langeweile. Im Gegenteil. Technikbegeisterte dürften sich für die Maschinen in der Maschinenhalle interessieren. Und man kann beim Blick auf Ausstellungsstücke aus den 50er und 60er Jahren in Erinnerungen schwelgen.

Was muss man wissen?

Auch vor den Zechentoren kann man viel entdecken. Denn die Bergarbeitersiedlung, die die Zeche umgibt, ist gewissermaßen Teil des Museums. Hinter den Häusern an der Zufahrt zum Museum kann man so auch einen Arbeitergarten mit Hühnern besichtigen.

Ist die Internet-Seite hilfreich?

Ja. Hier gibt es einen ausführlichen Überblick über as Angebot des Museums. Interessant sind auch die Hinweise auf Führungen und aktuelle Veranstaltungen im Museum.

Eintrittspreise

Der Eintritt kostet für Erwachsene 4, ermäßigt 2,50 Euro. Kinder/Jugendliche zwischen 6 und 17 Jahren zahlen 2 Euro, eine Familientageskarten kostet 9 Euro. Außerdem gibt es gesonderte Preise für Gruppen.

Öffnungszeiten

Das Museum ist wie fast alle Kultureinrichtungen montags geschlossen, also von Dienstag bis Sonntag geöffnet, dann jeweils von 10 bis 18 Uhr.

Anfahrt/Parken

Mit dem Auto kommt man aus Richtung Kirchlinde und Bövinghausen über die Bockenfelder Straße und den Rhader Weg zum Museum. Dort ist ein großer Parkplatz vorhanden.

Der nächste Bahnhaltepunkt ist der Bahnhof Bövinghausen. Hier fährt die „Emschertalbahn“ RB 43 zwischen Dortmund-Hauptbahnhof und Dorsten. Von dort sind es zehn Minuten zu Fuß zum Museum. Die nächstgelegene Bushaltestelle ist der Haltepunkt Industriemuseum Zollern der Linie 462.

So funktioniert der Museums-Check Jedes Kind ist anders, jede Familie ist anders. Wir glauben, dass es nicht das beste Museum gibt, das für alle Familien am schönsten ist. Daher besuchen wir die großen und kleinen Dortmunder Museen und zeigen, was sie jeweils bieten, was sie ausmacht. So können Sie beurteilen, ob das Angebot auch etwas für Sie und Ihre Familie ist – denn was Ihnen Spaß macht, wissen Sie selbst am besten.