
© Dietmar Bock
Wildes Holz: „Grobe Schnitzer“ begeistern im Hansa-Theater
Holzinstrumente einmal anders
Was haben Blockflöten mit Shakira, Louis Armstrong, Renaissance- und Rock-Musik sowie italienischem Bier zu tun? Antworten geben im Hansa-Theater Drei, die „wild für Vier“ sind: Wildes Holz.
Denkt man an Blockflöten, denkt man an grobe Schnitzer. Die eigenen. Aus der Kindheit. Als man zu Weihnachten auf der Blockflöte spielen musste. Das Trio Wildes Holz betitelt so ihr neues Programm. Mit Augenzwinkern. Denn „Grobe Schnitzer“ unterlaufen Tobias Reisige an den Blockflöten, Marcus Conrads an Kontrabass und Mandoline und Johannes Behr an der Gitarre nicht.
Auch wenn letzten Freitag im Hansa-Theater Hörde noch nicht alles fehlerfrei sitzt, so beeindruckt das seit April neu formierte Trio per musikalischer Leistung, die nahe an der Perfektion ist. Seit dem Tod von Anto Karaula 2018 und zwei Jahren mit Djamel Laroussi mussten sich die Gründer in kürzester Zeit mit dem dritten Gitarristen arrangieren.
Behr bereichert großes Repertoire
Johannes Behr konnte sich bei nur wenigen Live-Events in die nicht gerade leichte Materie einspielen. „Es ist ein Prozess“, sagt der Neue. „Wildes Holz bietet eine andere Musik als sonst üblich; es ist aber nicht zu schwer, da reinzukommen.“
Neue Arrangements mussten dennoch geschrieben werden. Behr kommt vom Jazz, verleiht auch den seit 1998 gestandenen Holz-Stücken eine jazzige Note und bereichert das Repertoire mit eigenen Werken wie „Ehrenfeld“, einer Hommage an den Kölner Vorort.

Johannes Behr spielt erst seit April dieses Jahres bei Wildes Holz. Er überzeugt mit virtuosem Gitarrenspiel und vielen Jazz-Elementen. © Dietmar Bock
„Wir hatten ein paar Open-Airs und sind seit dem 28. September mit diesem neuen Programm unterwegs“, erläutert Tobias Reisige, der über 20 unterschiedliche Blockflöten besitzt, elf davon in Hörde zu Gehör bringt. Gemessen an der langer Auszeit und dem schwierigen Vorlauf in Corona-Zeiten bieten die Drei ein sehr gutes, stimmungsvolles Konzert. Dies wird von den Fans trotz ein paar Misstönen mehrfach mit Bravo-Rufen, Zwischenapplaus und zustimmenden Pfiffen begleitet.
„Wir freuen uns einen Ast"
„Wir freuen uns einen Ast, wieder mit echten Menschen zusammen sein zu dürfen“, ruft Reisige in den zu zwei Dritteln gefüllten Saal mit seiner coronakonformen Bestuhlung. Auf je zwei Plätze folgt ein kleiner Tisch und wieder ein Stuhl-Paar. „Wir haben uns sehr einsam gefühlt“, spricht er den Besuchern aus dem Herzen. „Wir auch“, lautet das Echo.
Dass aus groben Schnitzern etwas Geniales werden kann, beweisen die Drei analog zu Antonio Vivaldi, der ebenfalls „improvisationsstark komponiert" habe, eindrucksvoll. Sie kombinieren dabei Eigenproduktionen, wie das ironisch gemeinte „In der Holzklasse“ von Conrads und das sehr treffende „Wild für Vier“ von Reisige, mit Barock- und Renaissance-Stücken, wie von Vivaldi, bei denen die Blockflöte bestens zur Geltung kommt.
Doch Reisige, der „alte Musik studiert“ hat, bleibt bei seinen Ausflügen ins 15. bis 18. Jahrhundert nicht beim damaligen mehrstimmigen Spiel, sondern variiert in „Pavane furioso“, dem rasenden Schreittanz, traditionelle Töne mit modern rockigen Klängen. Noch mehr Stimmen, noch mehr Vielfalt. Diese Mischung macht die von Behr beschriebene Andersartigkeit von Wildes Holz aus.
Genial arrangierte Holz-Musik
Ob Pop-Stücke wie „Hips Don´t Lie“ von Shakira, Klassiker wie „Struttin With Some Barbecue“ von Louis Armstrong, eigenkomponierter „Tonka“-Walzer oder „ultimatives 90er-Jahre-Medley“ bis hin zur Rock-Hymne „Highway To Hell“ reicht die für Holzinstrumente genial arrangierte Musik. Selbst eine italienische Biermarke findet aufgrund des Kompositions-Ortes mit „Moretti Swing“ Eingang in die Titelliste.

Flötist Tobias Reisige (l.) und Bassist Markus Conrads tauschten die Tonhöhen mit Bass-Blockflöte und „Sopran-Kontrabass", wie sie die Mandoline nennen. © Dietmar Bock
Tobias Reisige bietet mit seiner circa zwei Meter langen Bass-Blockflöte, die einem breiten Kantholz gleicht, ein ausgefallenes Instrument dar und spielt auch ´mal auf zwei Flöten gleichzeitig. Mit der monströs wirkenden Bassflöte intoniert er „Mensch“ derart eindringlich, das der Grönemeyer-Hit unter die Haut geht. Das wird ebenso frenetisch gefeiert wie die gesamte Show, die zeigt, dass auch „Grobe Schnitzer“ begeistern können.
Wie der Name schon sagt, habe ich BOCK auf Sport, Kultur und Politik. Sportliche Schwerpunkte sind: Ringen, Judo, Grappling. Kulturell begeistert mich politisches Kabarett, Kirchen-Kabarett, Comedy, Musical, Rock-Konzerte und andere Musikveranstaltungen, Theater, jede Art von Kleinkunst usw.