
© Montage: Klose, Fotos: privat, Schütze
Wie vier Menschen einem 81-jährigen Dortmunder das Leben retteten
Corona-Helden
Am Dortmunder Impfzentrum erleidet Henner Aff (81) im März einen Herzstillstand. Vier Menschen eilen ihm zur Hilfe und retten sein Leben. So erlebten sie die schicksalshaften Minuten.
Vier Menschen retten dem 81-jährigen Henner Aff am 27. März das Leben. Am Tag seiner Corona-Impfung erleidet der Dortmunder einen Herzstillstand, muss reanimiert werden. Über unsere Aktion „Mein Corona-Held“ bedankte sich das Ehepaar bei den Rettern. Bis jetzt unbekannterweise.
Zwei Zahnärztinnen eilen zur Hilfe
Dr. Monika (40) und Dr. Magdalena (45) Kolski sind an diesem Tag ebenfalls am Impfzentrum. Die Zahnärztinnen aus Westerfilde und ihr Praxisteam haben einen lang erwarteten Impftermin. Auf dem Weg zurück bemerken sie ein Auto, das mit offener Beifahrertür an der Straße am Impfzentrum steht. Ursula Aff (73) ruft um Hilfe, weil ihr Mann plötzlich in Ohnmacht gefallen ist.
„Als ich angekommen bin, hatte er schon den Kopf überstreckt und war nicht mehr ansprechbar“, sagt Monika Kolski. Sie habe sofort Erste Hilfe geleistet, den Autositz nach hinten geklappt, soweit es ging, während ihre Schwester Magdalena sich um dringend benötigte notfallmedizinische Hilfe bemüht habe.
„Ich habe die ganze Zeit den Puls gefühlt“, erzählt Monika Kolski. Mitarbeitende der Praxis hätten ebenfalls geholfen, sagt sie. Doch die Rettung gelingt nur mit weiterer Unterstützung.
Am Impfzentrum sollte es ruhig sein
Für Uwe Grote sollte es eigentlich ein ruhiger Tag werden. Der 56-jährige Rettungssanitäter hat Dienst in der Nachbetreuung des Impfzentrums. „Ich hatte vorher sieben Dienste hintereinander im Rettungsdienst, bei denen ich eine Reanimation hatte“, erzählt er. „Ein Kollege hat dann gesagt, ich sollte eine Schicht am Impfzentrum übernehmen, da sei es meist ruhig.“
Über Funk erfahren Uwe Grote und Rettungsassistent Dennis Kirschbaum (39) von der Notlage an der Straße. Sie greifen ihre Ausrüstung und laufen die wenigen Meter zur Straße. Dort treffen sie auf Monika Kolski.
„Der Mann vom Rettungsdienst, der dann kam, war die Ruhe in Person und hat alles perfekt gemacht“, sagt diese über Dennis Kirschbaum, mit dem sie von da an eng zusammenarbeitet. „Ich hab Herrn Aff das Hemd aufgemacht. Er hat ein EKG angeschlossen.“ Was Dennis Kirschbaum dann auf dem EKG sieht, macht klar, wie ernst die Lage ist: „Es war sofort klar, dass er reanimiert werden musste“, sagt er.
„Es kommt einem in dem Moment wie Stunden vor“
Gemeinsam bugsierend sie Henner Aff aus dem Auto. Monika Kolski schildert, wie sie unterstützt von Uwe Grote die Beatmung aufnimmt und Dennis Kirschbaum die Herzdruckmassage. Magdalena Kolski kümmert sich um die Einweisung des erwarteten Notarztes und des Rettungswagens.
„Ich kann nicht sagen, wie lange es gedauert hat“, erzählt Monika Kolski. „In so einem Moment kommt einem das wirklich wie Stunden vor.“ Zeitweise habe es auch nicht gut um Henner Aff gestanden. Er habe geschockt werden müssen. Mit einem Defibrillator sei ihm also ein Stromschlag erteilt worden, um das Herz wieder in den richtigen Rhythmus zu bringen.
Auch für Ursula Aff ist dieser Moment ein Schock. „Die ist auch richtig zusammengezuckt“, sagt Monika Kolski. Ihre Mitarbeiterin Elena Huber habe sich um die 73-Jährige gekümmert. „Mir kommen immer noch die Tränen, wenn ich daran denke, wie liebevoll sie mir zugesprochen hat“, sagt Ursula Aff später.
Kurz schien alles verloren
„Ich hab ihm in die Augen geschaut und da war nichts“, beschreibt Monika Kolski den Moment, der sie zu Tränen bewegte. „Die Brust von Herrn Aff war ganz weiß. Ich dachte, wir hätten ihn verloren. Dann hat meine Schwester plötzlich gesagt, dass er wieder atmet.“
Um diese Zeit herum trifft auch der Notarzt ein. Keine zehn Minuten kann es gedauert haben, so lassen es die Schilderungen aller Beteiligten annehmen, Henner Aff auf der Straße vor dem Impfzentrum das Leben zu retten.
Fünf Wochen im Krankenhaus
Henner Aff wird vom Rettungsdienst und dem Notarzt weiter versorgt und in ein Krankenhaus gebracht. Fünf Wochen wurde er dort behandelt, ist mittlerweile wieder zu Hause.
An die Ereignisse am Impfzentrum habe er keine Erinnerungen. Seine Frau habe ihm im Krankenhaus erzählt, was passiert ist. „Ich war entsetzt und erschrocken, als ich davon hörte“, so Henner Aff.
Die Ärzte vermuten einen Sauerstoffmangel als Ursache für den Herzstillstand. Die vorherige Corona-Impfung wurde als Auslöser von mehreren Ärzten ausgeschlossen. Mittlerweile hat Henner Aff auch seine zweite Impfung bekommen.
Auch in der Praxis der Doktores Kolski sei der Vorfall am Impfzentrum noch lange ein Thema gewesen, sagt Monika Kolski. „Es ist eigentlich kein Tag vergangen, an dem wir nicht daran gedacht oder darüber gesprochen haben.“ Über die Zeitung zu erfahren, dass Henner Aff Wochen nach der lebensbedrohlichen Situation wohlauf ist, sei eine große Erleichterung und auch eine große Freude gewesen.
Geboren in Dortmund. Als Journalist gearbeitet in Köln, Hamburg und Brüssel - und jetzt wieder in Dortmund. Immer mit dem Ziel, Zusammenhänge verständlich zu machen, aus der Überzeugung heraus, dass die Welt nicht einfacher wird, wenn man sie einfacher darstellt.
