Wie teuer wird die Energiewende in Dortmund? DEW21-Geschäftsführer nennt eine irre Summe

Wie teuer wird die Energiewende? DEW21 kommt auf eine irre Summe
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2022 haben das städtische Umweltamt und der Versorger DEW21 begonnen, einen Energienutzplan (ENP) für Dortmund zu erstellen. Der ENP gibt einerseits einen Überblick über die aktuelle Situation – soll aber auch gleichzeitig zeigen, in welchen Stadtgebieten und Quartieren künftig erneuerbare Energien (bzw. Fernwärme) zum Zuge kommen.

Konsequenz: Das Fernwärme- und das Stromnetz in Dortmund müssen massiv ausgebaut und ertüchtigt werden. Wie sehr? Der ENP liefert dazu erste Eckpunkte, die der Politik in den kommenden Monaten vorliegen sollen. DEW21 benötigt dazu eine erste Grundsatzentscheidung im Rat der Stadt. Und das möglichst bald: „Bis Ende des laufenden Jahres, das wäre unser Wunsch“, sagt Peter Flosbach, technischer Geschäftsführer von DEW21.

Klar ist: Die Fernwärme-Versorgung spielt dabei eine zentrale Rolle. Aktuell meldet DEW21 rund 700 Hausanschlüsse. Sie sollen in einer ersten Stufe auf „bis zu 17.000 Anschlüsse“ ausgebaut werden, so jedenfalls die Empfehlung vonseiten DEW21 an die Politiker im Rat. Bislang deckt das rund 30 Kilometer lange Fernwärmenetz Teile der Innenstadt (inklusive der Nordstadt) ab – rund zehn Prozent des gesamten Wärmebedarfs.

In der ersten Ausbaustufe soll das Netz übers Kreuzviertel hinaus in Richtung Süden über die Westfalenhalle bis ungefähr Phoenix-West ausgebaut werden – flankiert in Richtung Osten von der der Märkischen Straße bis in Höhe B1. DEW21 will sich zunächst auf die innenstadt-nahen Bereiche konzentrieren.

Heißt: In diesen Gebieten sollen Mieter (bzw. Hauseigentümer) im Regelfall künftig auf Fernwärme umstellen. Allein die erste Ausbaustufe werde einen Investitionsbedarf von „rund 1,5 Milliarden Euro“ bis zur angestrebten Klimaneutralität 2035 auslösen, wie Technik-Chef Flosbach am Mittwoch (30.8.) den Politikern im Ratsausschuss für Klimaschutz und Umwelt erläuterte.

Künftig noch mehr Baustellen?

„Fernwärme ist ein soziales Mittel der Wärmeversorgung“, betonte Dr. Jens Kanacher (DEW21). Die dafür notwendigen Investitionen trage DEW21. Wo es hingegen keinen Ausbau der Fernwärme gibt und beispielsweise auf Wärmepumpen umgestellt werde, müsse zunächst der Vermieter die Kosten tragen, so Kanacher.

Bislang wird das Fernwärmenetz in erster Linie durch industrielle Abwärme der Deutschen Gasrußwerke am Hafen gespeist. Es soll nicht einzige Quelle bleiben: DEW21 will zusätzlich auch erneuerbare Energiequellen anzapfen, etwa Biomasse und Tiefengeothermie (Erdwärme). Auch „erneuerbare Gase“ zur Strom-Wärme-Kopplung sollen eine Rolle spielen.

Schon die 1,5 Milliarden Euro aus der ersten Ausbaustufe sind ein gewaltiger Happen für DEW21. Es ginge auch noch teurer: Der Versorger stellt den Politikern noch eine zweite Ausbau-Variante zur Wahl, in der letztlich bis zu 43.000 Hausanschlüsse in Dortmund ans Fernwärmenetz gingen. Was aber ausdrücklich nicht das von DEW21 bevorzugte Modell sein soll, wie Technik-Chef Flosbach erklärte: Das sei letztlich zu teuer und kaum finanzierbar.

Und es gibt weitere Probleme: „Wie viel Baustellen verträgt Dortmund?“, fragte Flosbach mit Blick auf den Verkehr. Zudem müsse man ausführende Unternehmen finden, die entsprechende personelle Kapazitäten hätten. Und genau die seien auch bei anderen Städten gefragt. „Sie haben ja dieselben Aufgaben vor der Brust“, so Flosbach.

Klimaneutral bis 20235?

Wichtig aus Sicht von DEW21: Um eine möglichst hohe Abdeckung zu erreichen, soll es in Fernwärme-Vorranggebieten einen Anschluss- und Benutzungszwang geben. Das heisst: Dort hätten Mieter bzw. Hauseigentümer in aller Regel keine Wahlmöglichkeit. Über den Anschluss- und Benutzungszwang, den es beispielsweise auch bei der Hausmüll-Entsorgung gibt, muss letztlich die Stadt bzw. der Rat entscheiden.

Der Ausbau des Fernwärmenetzes ist nicht die einzige Baustelle. Eine weitere sind der Ausbau und die notwendige Ertüchtigung des Stromnetzes durch den künftig vermehrten Einsatz von Wärmepumpen und E-Mobilität. Flosbach: „Wo die Fernwärme endet, muss das Stromnetz verstärkt werden.“

Dafür will DEW21 dem Rat insgesamt acht Szenarien vorschlagen – und rechnet mit einem weiteren Investitionsvolumen von „rund einer Milliarde Euro“. Kommt noch das Gasnetz hinzu: Bei optimalem Einsatz aller Energiesysteme könnten 293 Kilometer des Dortmunder Gasnetzes (18,1 Prozent) stillgelegt werden. Soll der verbleibende Teil der Gasleitungen für Wasserstoff ertüchtig werden, fallen Kosten von weiteren 300 Millionen Euro an.

Mit anderen Worten: Der Ausbau und die Ertüchtigung des Fernwärme-, des Strom- und des Gasnetzes bis 2035 schlagen mit rund 2,8 Milliarden Euro zu Buche – und das ist nur eine überschlägige Rechnung. Woher das ganze Geld kommen soll, ist unklar. DSW21, Hauptgesellschafter von DEW21, wird nur begrenzt helfen können. Für Flosbach ist eine „staatliche Unterstützung für die Kommunen" unabdingbar. Zudem taucht die Frage auf: Kann Dortmund angesichts dieser Belastungen 2035 tatsächlich klimaneutral sein?

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