
Vor genau 20 Jahren wurde das Konzerthaus Dortmund eröffnet. Intendant Dr. Raphael von Hoensbroech freut sich heute über ein Haus in der „Champions League“. © Pascal-Amos Rest
Erst umstritten, dann gefeiert: Wie das Konzerthaus in die Brückstraße kam
20 Jahre Konzerthaus Dortmund
Der 14. September 2002 war ein Festtag für Dortmund. Nach zwei Jahren Bauzeit wurde das Konzerthaus Dortmund feierlich eröffnet. Planung und Bau in der Brückstraße waren eine besondere Herausforderung.
Am 1. Februar 1999 rückten die Bagger an. Das alte Universum-Kino mitten im Brückstraßen-Viertel musste verschwinden. An seiner Stelle sollte ein Konzerthaus von internationalem Rang entstehen. Ein nicht nur baulich, sondern auch kulturell sehr ehrgeiziger und damals auch sehr umstrittener Plan.
Die Idee, nicht zuletzt als Heimat für das Philharmonische Orchester der Stadt einen eigenen Konzertsaal zu bauen, war über Jahrzehnte gereift. Schon Ende der 1980er-Jahre gab es Überlegungen und sogar schon einen Ratsbeschluss für den Bau einer Konzert- und Mehrzweckhalle an den Westfalenhallen. Ein in einem Wettbewerb siegreicher Architektenentwurf wurde aber nie verwirklicht. Der Stadt fehlte das Geld.
Alter Kinopalast musste weichen
Neue Dynamik brachte dann ausgerechnet das große Kinosterben in der Innenstadt. Auch das Universum-Kino stand vor dem Aus. Ein riesiger Kinosaal, der - wenn auch später verkleinert - in den 1920er Jahren als Ufa-Palast mit mehr als 1500 Zuschauerplätzen für Glanz an der Brückstraße gesorgt hatte. Konnte er nicht als Konzertsaal genutzt werden?

So sah das Eck Brückstraße/Ludwigstraße mit dem alten Universum-Kino und einem Billig-Kaufhaus vor dem Bau des Konzerthauses aus. © Archiv ASL/Konzerthaus
1997 wurde eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Die Erkenntnis: Der Standort ist gut, der alte Saal aber mit Blick auf den nötigen Platz und die Akustik nicht geeignet. Jetzt war ein Neubau im Gespräch.
Unterstützung kam vor allem aus der Wirtschaft. Die Kulturstiftung und die Initiative Pro Phil machten sich für das Konzerthaus stark. „Motor“ war der Unternehmer Ulrich Andreas Vogt - der später Gründungsintendant des Konzerthauses wurde. „Es war eine mutige Sache. Aber es gab eine breite Bürgerbewegung“, erinnert sich Vogt.

Die drei Konzerthaus-Intendanten (v.l.) Benedikt Stampa, Raphael von Hoensbroech und Ulrich-Andreas Vogt trafen sich zum 20. Geburtstag des Konzerthauses. © Bjørn Woll
Es gab natürlich auch Gegenwind, Menschen, die Geld lieber in soziale Projekte investiert hätten. Und es fehlte noch der nötige Ratsbeschluss. „Wir mussten am Anfang viel Überzeugungsarbeit in der Politik leisten“, sagt Vogt. Zu den Pro-Argumenten, die am Ende zogen, gehörte neben der Kultur als immer wichtig werdendem weichen Standort-Faktor auch die erhoffte Aufwertung des Brückstraßenviertels.
Dortmunder Architekten erfolgreich
Den Architektenwettbewerb für den Neubau gewann ein junges Dortmunder Team - das Architekturbüro Schröder, Schulte-Ladbeck, Strothmann. Drei Kriterien waren für den Entwurf und den Erfolg im Wettbewerb entscheidend, stellt Ralf Schulte-Ladbeck rückblickend fest. Ein „eckiger Saal“, der nach dem Vorbild des Wiener Musikvereinssaals eine besondere Akustik garantieren sollte, eine Passage, die Brückstraße und Reinoldistraße verbindet, und ein großes Foyer.
Denn die besondere Herausforderung war, mit dem engen Platz im engbebauten Brückstraßenviertel umzugehen. Der Architekt spricht von einer „südeuropäischen Lösung“. „Wir haben den Vorplatz ins Haus geholt und ein großes Foyer unter dem Saal geplant“, erklärt Ralf Schulte-Ladbeck.

"Mein zweites Wohnzimmer": Architekt Ralf Schulte-Ladbeck genießt den von ihm mit entworfenen Saal auch oft als Konzertbesucher. © Oliver Volmerich
Die Enge war auch für die Bauarbeiten eine besondere Herausforderung. Gerade mal 2500 Quadratmeter ist das Grundstück groß. Und drumherum war kaum Platz für die Baustellen-Einrichtung oder gar einen Lagerplatz.

Auf engstem Raum mitten im Brückstraßenviertel wird das Konzerthaus gebaut. Aus der Luft ist gut der spätere Konzertsaal zu erkennen. © Archiv Konzerthaus
Die Baustellen-Logistik war akribisch geplant. Es gab minutiöse Vorgaben für die Anlieferung mit Baumaterial. Bis zu 50 Lkw pro Tag steuerten in den Hoch-Zeiten die Baustelle an. 9000 Kubikmeter Beton wurden verbaut. Am 16. Oktober 2000 wurde der Grundstein gelegt, im September 2001 wehte der Richtkranz über dem Rohbau.

Im September 2001 wird im Rohbau des Konzertsaals das Richtfest gefeiert - natürlich mit klassischer Musik. © Jörg Schimmel
Besonders im Fokus stand der Saal. 25 Meter hoch und 40 Zentimeter dick sind die Wände. Spezielle Akustikelemente aus Gips werden montiert, die nach genauer Berechnung der Akustiker eine Atmosphäre wie im Wiener Musikvereinssaal erzeugen. Und das Wunder gelingt.
Großes Fest zur Eröffnung
Wie groß das Interesse der Dortmunderinnen und Dortmunder an „ihrem“ Konzerthaus war, zeigten schon die Baustellen-Führungen und auch der Tag der offenen Tür am Wochenende vor der Eröffnung. „Da kamen über 40.000 Menschen bis tief in die Nacht“, erinnert sich Ulrich-Andreas Vogt.
Ein grandioser Erfolg war auch die festliche Eröffnung. Nach den Dortmunder Philharmonikern war das Deutsche Symphonie-Orchester mit Kent Nagano am Pult und die Wiener Philharmoniker mit Christian Thielemann zu Gast.

Vollbracht: Auch mit seiner leuchtenden Fassade setzt das Konzerthaus Zeichen im Brückstraßenviertel. © Julia Unkel
Seitdem wird die Philharmonie von Besucherinnen und Besuchern, aber auch von Künstlerinnen und Künstlern mit Lob überschüttet - vor allem für die hervorragende Akustik. Star-Geigerin Anne-Sophie Mutter empfahl das Dortmunder Konzerthaus sogar in München als Vorbild.
Konzerthaus in der Champions League
Seit der Eröffnung kamen über dreieinhalb Millionen Besucherinnen und Besucher in über 4000 Veranstaltungen mit internationalen Spitzenorchestern und hochkarätiger Kammermusik, aber auch Top-Interpretinnen und -interpreten aus Pop und Unterhaltung.
In kurzer Zeit kam das Konzerthaus in die Champions League, sagt Intendant Dr. Raphael von Hoensbroech, der das Haus seit vier Jahren leitet. Seit 2012 ist das Konzerthaus Mitglied der European Concert Hall Organisation (ECHO), dem Netzwerk führender europäischer Konzerthäuser.
Und auch in der Politik muss man heute keine Überzeugungsarbeit mehr leisten. „Seit und mit der Entscheidung zum Bau dieses Konzerthauses konnten wir uns jederzeit auf die Unterstützung von Politik und Verwaltung der Stadt Dortmund verlassen. Ohne das klare Bekenntnis des Rates der Stadt zum Konzerthaus wäre die herausragende Entwicklung der vergangenen 20 Jahre nicht möglich gewesen“, stellt Raphael von Hoensbroech fest.
Oliver Volmerich, Jahrgang 1966, Ur-Dortmunder, Bergmannssohn, Diplom-Journalist, Buchautor und seit 1994 Redakteur in der Stadtredaktion Dortmund der Ruhr Nachrichten. Hier kümmert er sich vor allem um Kommunalpolitik, Stadtplanung, Stadtgeschichte und vieles andere, was die Stadt bewegt.
