„Gemeinsam die Arbeitswelt verbessern“ - dafür steht nach eigenen Angaben die Plattform Kununu. Es handelt sich dabei um ein Bewertungsportal für Arbeitgeber. Kununu macht Millionen anonyme Bewertungen von Beschäftigten über ihre Arbeitgeber öffentlich.
Die Sterne-Bewertungen zu Kategorien wie Arbeitsatmosphäre, Unternehmenskultur oder Karriere/Gehalt und Erfahrungsberichte sollen Jobsuchenden helfen, die richtige Entscheidung zu treffen.
Unter den großen Unternehmen in Dortmund zählt Jahr für Jahr der IT-Dienstleister Adesso zu den beliebtesten Arbeitgebern. Im Frühjahr wurde Adesso vom Great Place to Work-Institut sogar als „Deutschlands bester Arbeitgeber 2023“ ausgezeichnet.
Bei Kununu allerdings rangiert Adesso nicht ganz oben. 3,9 von 5 möglichen Sternen und eine Weiterempfehlungsquote von 76 Prozent gibt es von 1697 Bewertenden aktuell. Etwas besser schneidet der ebenfalls große Mitbewerber Materna ab. 4,0 Sterne gibt es von allerdings nur 462 Bewertenden, die ihr Unternehmen zu 86 Prozent weiterempfehlen.
Die weitaus meisten Bewertungen liegen für den französische Callcenter-Betreiber Teleperformance vor, der seinen Hauptsitz an der Heinrich-Hertz-Straße hat. 5239 Mitarbeitende vergeben für ihr Unternehmen im Schnitt 4,3 Sterne.
„Die Geschäftsführung hört zu, wenn man Themen hat“, heißt es unter anderem. Und zu Adesso ist beispielweise zu lesen: „Ich fühle mich einfach wohl. Tolle Menschen und Kolleg:innen.“ Zu Materna: „Was für mich besonders hervorsticht, sind die angenehme und entspannte Arbeitsatmosphäre sowie die Wertschätzung im Team.“
Es hagelt auch Kritik
Dass in Unternehmen mit Tausenden Beschäftigten allerdings niemand etwas zu meckern hat, wäre überraschend. Insofern hagelt es bei Kununu auch Kritik - auch zu Adesso, Materna und Teleperformance.
„Durch das fast schon irrwitzige Wachstum werden Leute in Führungspositionen gehievt, die da nichts zu suchen haben“, ist etwa über Adesso zu lesen. Ein Materna-Beschäftigter schreibt: „Wertschätzung und Selbstreflexion sind Fehlanzeige.“ Oder ein Teleperformance-Mitarbeiter klagt: „Lohn im Verhältnis zum Aufwand und der Verantwortung ist sehr wenig.“

Auch andere Unternehmen wie die Versicherungsgruppe Signal Iduna (3,6) oder der Pumpenhersteller Wilo (3,4 Sterne) müssen mit der für jeden lesbaren Kritik im Internet leben. „Das Kapital eines jeden Unternehmens sind die Mitarbeiter. Das verliert Wilo gerade aus dem Auge, weil sich unfähige Führungskräfte gut verkaufen können“, hat einer der 329 User geschrieben. Und zu Signal Iduna heißt es beispielsweise: „Verbesserungsvorschläge werden nicht angenommen“.
Bei der Versicherungsgruppe geht man offensiv mit Kununu um. „Wir werten die Kritik und die Kommentare aus, haben beispielsweise Austrittsinterviews eingeführt, um noch besser zu verstehen, warum uns Mitarbeitende verlassen“, sagt Unternehmenssprecher Edzard Bennmann.
Grundsätzlich tue man sehr viel, um als Arbeitgeber attraktiv zu sein: „Der Fachkräfte- und Arbeitskräftemangel ist auch bei uns deutlich spürbar. Wir haben sehr viel in moderne Arbeitsplätze investiert und zum Beispiel als erstes Unternehmen in der Versicherungswirtschaft eine Betriebsvereinbarung zum Homeoffice geschlossen. Trotz des wertschätzenden Umgangs mit ausscheidenden Mitarbeitenden nutzen offensichtlich einige Kununu, um ihren Ärger zu dokumentieren.“
„Wird zum Nachkarten genutzt“
Bei Wilo sagt man: „Offenes Feedback ist uns willkommen. Allerdings sind die Reaktionen bei Kununu nicht als repräsentatives Ergebnis für die Zufriedenheit der weltweit mehr als 8.400 Wilo-Mitarbeitenden zu verstehen. Diese Kennzahl erheben wir regelmäßig in eigenen Umfragen.“ Konstruktive Kritik bei Kununu werde auf jeden Fall intern geprüft. „Zudem versuchen wir, mit den Feedback-Gebern bei Kununu in Kontakt zu treten, um mehr zu erfahren und Lösungen zu finden“, heißt es.
Auch bei Materna ist Kununu „definitiv ein Thema“. Man sei stolz auf den Score von 4,0. „Das stärkt unsere Arbeitgebermarke und lässt uns im Wettbewerb sehr gut abschneiden, denn Unternehmen mit guten Bewertungen auf Kununu haben durchaus einen Vorteil im Kampf um Talente“, sagt Unternehmenssprecher Sascha Rentzing. Gerechtfertigte Kritik in den anonymen Kommentaren nehme man ernst und biete den Absendern jederzeit den Dialog an.
Für Ernst-Peter Brasse, den Geschäftsführer der Unternehmensverbände Dortmund und Umgebung, bestätigt dies, dass Firmen längst gelernt haben, mit einem Portal wie Kununu umzugehen. „Die Zeiten der Feldzüge gegen Bewertungsportale sind vorbei. Grundsätzlich ist auch nichts dagegen zu sagen, dass auch ein Arbeitgeber sich einer Bewertung unterwirft. Leider wird so ein Portal oft zum Nachkarten genutzt“, sagt Ernst-Peter Brasse.
Gerechtfertigter Kritik würden sich Arbeitgeber stellen. Ungerechtfertigte Kritik aber sei ein Problem - und es sei leider nicht einfach zu erreichen, dass diese bei Kununu wieder gelöscht werde.

Die Dortmunder New-Work-Managerin Laura Bornmann, die im Sommer unter anderem bei Markus Lanz im ZDF über die neue Arbeitswelt sprach, begrüßt es, dass durch Bewertungsportale wie Kununu Arbeitsbedingungen transparenter und für jeden einsehbar werden. „Das ist vergleichbar mit einem Hotel- bzw. Restaurantbesuch. Genau wie Menschen hier vorab online anhand von Bewertungen prüfen, ob sich ein Besuch bzw. Aufenthalt lohnt, prüfen sie heute auch, ob sich ein Jobwechsel zu einem bestimmten Unternehmen lohnt“, sagt sie.
Positives auf Kununu kundtun
Unternehmen rät sie, diese Transparenz nicht zu unterschätzen, sich jedoch auch nicht zu sehr davon einschüchtern lassen. „Gute und wertschätzende Offboarding-Gespräche können dafür sorgen, dass ehemalige Mitarbeitende ihren Frust nicht im Internet ablassen. Sollte es dennoch dazu kommen, rate ich, im Nachgang für ein Gespräch zur Verfügung zu stehen und dies auch öffentlich so zu kommunizieren“, so Laura Bornmann.

„Genauso rate ich Unternehmen“, ergänzt die Expertin, „regelmäßig Mitarbeitende zu bitten, sich positiv auf Portalen wie Kununu zu äußern. Sie sorgen damit dafür, dass ihr Arbeitgeber auch in Zukunft erfolgreich und attraktiv für Talente bleibt. Dies kann man auch so an die Belegschaft kommunizieren.“
Potenzielle Bewerberinnen und Bewerber sollten, das betont Laura Bornmann, Bewertungen auf Portalen wie Kununu grundsätzlich kritisch hinterfragen. „Denn“, so sagt sie, „meist beschweren sich Menschen eher als dass sie sich über positive Erfahrungen äußern. Die Bewertungen sind somit nicht unbedingt repräsentativ.“
Guckt man bei Kununu nach den beliebtesten Dortmunder Arbeitgebern, dann rangieren kleine Unternehmen mit nur wenigen Bewertungen ganz oben. Glatte fünf Sterne gibt es bei Kununu für zwei Betriebe: Betten Bormann (15 Bewertungen) am Westenhellweg und die Radiologie Hoch3 (9 Bewertungen) erhalten die Traumnote.
Bei den größeren und großen Unternehmen mit über 200 Bewertungen ergibt sich ein anderes Bild. Hier die Top 12 im Überblick:
1. Volkswohl Bund (Versicherung) 4,6
2. Borussia Dortmund 4,5
3. Westnetz 4,5
4. Thyssengas 4,5
5. Teleperformance 4,3
6. Assmann Gruppe (Bau/Architektur) 4,3
7. Dr. Ausbüttel & Co. GmbH 4,3
8. BFS health finance 4,2
9. Amprion 4,1
10. Materna 4,0
11. Adesso 3,9
12. Continentale (Versicherung) 3,8
- Kununu verweist auf seiner Homepage auf technische und manuelle Prüfmechanismen. Allerdings lässt sich allein aus der Zahl an Bewertungen nicht ableiten, inwiefern die Aussagen wirklich repräsentativ sind. Sie geben einen ersten Eindruck.
- Bei Kununu kann grundsätzlich jeder eine anonyme Bewertung abgeben, sofern er sich mit einer Email-Adresse registriert. Einen Nachweis, dass er bei dem bewerteten Unternehmen arbeitet oder gearbeitet hat, muss er nicht zwingend erbringen. Letzteres geschieht laut Kununu nur in begründeten Fällen - etwa wenn der Verdacht auf eine Fake-Bewertung vorliegt.
- Bewertungen werden zunächst durch einen Algorithmus überprüft. Bei Auffälligkeiten (potenzielle Mehrfachbewertung) wird die Bewertung von einem Kununu-Mitarbeiter überprüft und der Nutzer kontaktiert.
- Meinungsäußerungen sind erwünscht. Meinungsbeiträge wie „Ich finde, dass ich zu wenig verdiene“ erfordern keinen Nachweis. Tatsachenbehauptungen wie „Ich verdiene unter dem Mindestlohn“ erfordern aber immer einen Nachweis, so erklärt Kununu.
- Nutzer können jeden Arbeitgeber in mehr als zehn Kategorien bewerten. Dazu gehören: Arbeitsatmosphäre, Image, Work-Life-Balance, Karriere/Weiterbildung, Umgang mit älteren Kollegen, Vorgesetztenverhalten, Kommunikation, Gleichberechtigung sowie „interessante Aufgaben“.
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