Wein-Experte Kai Kober hat für unsere Redaktion alle Glühwein-Stände des Dortmunder Weihnachtsmarkts 2021 getestet. Sein Urteil ist eindeutig.

© Thomas Thiel

Wer hat den besten Glühwein auf Dortmunds Weihnachtsmarkt? Der Experten-Test

rnWeihnachtsstadt Dortmund

Sie sind die Publikumsmagnete des Dortmunder Weihnachtsmarkts: die Glühwein-Stände. Jeder Besucher hat seinen Liebling – doch welche Bude hat den besten Glühwein? Ein Experte verrät es.

Dortmund

, 19.11.2021, 14:18 Uhr / Lesedauer: 3 min

Die Frage, wo es den leckersten Glühwein gibt, ist ein beliebtes Small-Talk-Thema auf dem Dortmunder Weihnachtsmarkt. Jeder hat da so seinen Lieblings-Stand, wobei sicher auch die Atmosphäre eine wichtige Rolle spielt.

Sie ernsthaft zu beantworten, ist gar nicht so trivial - deshalb haben wir uns professionelle Hilfe gesucht. Auf der Suche nach einem Glühwein-Experten wurden wir beim Dortmunder Wein- und Spirituosen-Geschäft Stendels fündig.

Experte stellte Weinkarten für Gourmetrestaurants zusammen

Kai Kober ist dort Fachberater. Der 52-Jährige beschäftigt sich seit über 30 Jahren mit Wein. Der gelernte Restaurantfachmann hat bereits als Restaurantleiter und Wein-Einkäufer in Gastronomien auf der ganzen Welt gearbeitet. Er stellte zahlreiche Weinkarten zusammen, unter anderem für das Gourmetrestaurant eines Luxushotels in Sankt Peter-Ording. Kober hat in seinem Leben schon zigtausende Weine verköstigt.

Kai Kober beim Geruchstest: Der Experte hat in seinem Leben schon zigtausende Weine getestet.

Kai Kober beim Geruchstest: Der Experte hat in seinem Leben schon zigtausende Weine getestet. © Thomas Thiel

Außerdem hat Kober ein Faible für Glühwein: Er mixt den hauseigenen Glühwein, den das Stendels an seine Kunden verkauft. „Ein Glühwein ist für mich immer verbunden mit tollen Gewürzen, mit Zimt, Kardamon, Sternanis und Piment.“ Für die Süße „seines“ Glühweins, den er aus Tempranillo macht, verwendet er den Saft frisch gepresster Orangen.

„Das ist Massenware“

Auch auf Weihnachtsmärkten trinkt Kober gerne mal einen Glühwein - aber eher, weil das zu der ganzen Erfahrung dazugehöre. „Wenn ein Wein 3 Euro für 0,2 Liter kostet, kann er nicht der hochwertigste sein“, erklärt er. „Das ist Massenware.“

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Vor dem Beginn unseres Tests (er wird von jedem Glühwein nur ein, zwei Probierschlucke nehmen) ist Kober deshalb etwas zurückhaltend bei seinen Erwartungen. Für den Weltenbummler, der erst seit einigen Jahren in Unna wohnt, ist es der erste Besuch auf dem Dortmunder Weihnachtsmarkt.

Wir starten an „Wendlers Almhütte“, dem wohl bekanntesten und bei vielen auch beliebtesten Glühweinstand im Schatten der Riesen-Tanne am Hansaplatz. „Das ist ein gefälliger Glühwein, wahrscheinlich ein Spätburgunder“, urteilt der Experte nach dem ersten Schluck, „geschmacklich könnte er etwas mehr gewürzt sein. Er ist aber gut zu trinken“.


Ganz überzeugt hört sich Kober nicht an, aber schlecht habe er ihm auch nicht geschmeckt – zumal die Temperatur genau richtig sei: „nicht zu heiß, nicht zu kalt“. Den Glühwein zu stark zu erhitzen, sei ein beliebter Fehler beim Hausgebrauch: „Wenn der Wein kocht, wird er bitter“, warnt der Experte. „Man sollte ihn deshalb lieber bei 80 bis 85 Grad sieden lassen.“

Auf der anderen Seite des Hansaplatzes, beim Hansa-Treff, verzieht Kober das Gesicht - aber vor Anerkennung: „Das ist ein Glühwein, wie ich ihn mag“, sagt er. „Nicht zu süß, eine ansprechende Weihnachtswürze aus Sternanis und Zimt, vollmundig – da ist ein bisschen mehr Rumms dahinter.“

Kai Kober vor dem vielleicht auffälligsten Glühwein-Stand des Weihnachtsmarktes, der Weihnachtspyramide.

Kai Kober vor dem vielleicht auffälligsten Glühwein-Stand des Weihnachtsmarktes, der Weihnachtspyramide. © Thomas Thiel

Wir bewegen uns gegen den Uhrzeigersinn über den Weihnachtsmarkt – als Nächstes ist das „Bistro“ dran, am südlichen Ende der Kleppingstraße. Bei der Farbe fällt dem Experten auf, dass er dunkler als die ersten beiden Glühweine ist: „Der Geruch ist dafür nicht ganz so intensiv wie beim Glühwein am Hansa-Treff“.

Mit dem Geschmack ist Kober zufrieden: Er sei „von der Würze ganz ansprechend“, etwas herber und bitterer als die ersten beiden, „aber durchaus trinkbar“. Er hat ein anderes Problem mit dem Glühwein: „Er könnte etwas wärmer sein.“

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Die fehlende Hitze könnte damit zu tun haben, dass der Publikumsverkehr an der Kleppingstraße zu dieser Uhrzeit - wir sind am frühen Nachmittag des Eröffnungs-Donnerstags unterwegs - geringer ist als am Hansaplatz. Die Zapfanlagen der Stände müssten sich im wahrsten Sinne des Wortes erst einmal „warmzapfen“, meint der Experte.

„Der sieht ja aus wie Kirschsaft“

Beim vierten Stand unseres Tests, dem „Alten Weinhaus“ an der Ecke Kleppingstraße/Ostenhellweg, erwartet unseren Experten ein ganz anderer Glühwein: „Der sieht ja aus wie Kirschsaft“, sagt Kober, als er den Wein in sein Probierglas umfüllt. Er hat recht - er ist tatsächlich ziemlich hell.

Beim Geschmack ist der Probierschluck dann eine Berg- und Talfahrt für Kober: „Überraschend gut abgeschmeckt“, sagt er am Anfang. Doch das, was dann kommt, missfällt dem Experten. „Er hat einen ganz, ganz süßen Abgang“, sagt er, „ich denke, da ist relativ viel nachgezuckert worden.“

Experte: Gleicher Glühwein an mehreren Ständen

Als wir weiterziehen, passiert etwas Überraschendes: Bei allen Glühwein-Ständen, die wir danach testen, wiederholt sich diese Geschmacks-Entwicklung.

Kober ist sich „zu 95 Prozent“ sicher: Sie alle schenken den gleichen Glühwein aus wie das „Kleine Weinhaus“ - egal ob es nun Rudi‘s Hütte zwischen Reinoldi- und Marienkirche, der „Alt-Dortmund“-Stand auf dem Alten Markt oder die Weihnachtspyramide am Platz von Netanya ist.

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Diesem „Standard-Glühwein“, der seinem Gaumen zufolge wohl an sieben der zehn Dortmunder Glühwein-Ständen (vielleicht auch bei Wendlers Almhütte, da ist sich der Experte etwas weniger sicher) ausgeschenkt wird, gibt Kober solide 5 von 10 Punkten. Leicht davor (6/10 Punkte) landet der Glühwein des Bistros an der Kleppingstraße.

Hansa-Treff hat besten Glühwein von Dortmunds Weihnachtsmarkt

Den mit Abstand besten Glühwein des Dortmunder Weihnachtsmarktes bekommt man nach Kai Kobers Urteil am Hansa-Treff auf dem Hansamarkt. Ihm gibt der Wein-Experte 8 von 10 Punkten. Für Kobler ist er auf Augenhöhe mit seinem eigenen Stendels-Glühwein: „Die anderen Glühweine auf dem Markt waren eher süffig, der aber hatte eher Charakter dabei.“

Am Hansa-Treff gibt es nach Meinung von Experte Kai Kober den besten Glühwein des Weihnachtsmarktes.

Am Hansa-Treff gibt es nach Meinung von Experte Kai Kober den besten Glühwein des Weihnachtsmarktes. © Thomas Thiel

Als Luise Arens, die Mitbesitzerin des Hansa-Treffs und Frau von Markt-Organisator Patrick Arens, von Koblers Urteil hört, lächelt sie stolz: „Das freut mich natürlich sehr!“, sagt sie.

Im Gegensatz zu anderen Glühwein-Ständen auf dem Markt, die laut Arens einen „Dortmunder Glühwein“ ausschenkten, habe man sich vor über 20 Jahren für den Glühwein eines Unternehmens aus der Pfalz entschieden, das sonst vor allem Obstsäfte produziert - und stützt damit auch die These des Wein-Experten, dass die meisten Glühweine auf dem Markt gleich schmecken.

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