UhrigDr. Götz Uhrig, Professor für Theoretische Physik an der TU Dortmund, erklärt das Phänomen des exponentiellen Wachstums.

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Was bedeutet „exponentielles Wachstum“? Dortmunder Physiker erklärt

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Die Corona-Neuinfektionen steigen rasant – das Dortmunder Gesundheitsamt rechnet mit „exponentiellem Anstieg“. Aber was heißt das überhaupt? Ein Physik-Professor der TU Dortmund erklärt.

Dortmund

, 08.01.2022, 10:02 Uhr / Lesedauer: 2 min

Die Corona-Zahlen steigen rasant. Dafür sorgen die ansteckendere Virusvariante Omikron und die erst jetzt identifizierten Neuinfektionen der Feiertage. Deswegen geht Dr. Frank Renken, Leiter des Dortmunder Gesundheitsamts, davon aus, dass die Inzidenz in Dortmund exponentiell ansteigen wird.

Seit Beginn der Pandemie reden Experten immer wieder vom „exponentiellen Wachstum der Neuinfektionen“, wenn eine neue Corona-Welle anrollt. Aber was kann man sich darunter vorstellen, wenn die Zahl der Neuinfektionen „exponentiell“ ansteigt?

Einfach gesagt: Exponentiell ist, wenn sich etwas in gleichen Zeitabständen immer verdoppelt. Man kann sich das so vorstellen: Auf einem Schachbrett liegen auf jedem Feld doppelt so viele Reiskörner wie auf dem vorherigen. Also auf dem ersten eins, auf dem zweiten zwei, auf dem dritten vier, auf dem vierten 16, auf dem fünften 32 – und immer so weiter. Schon auf dem zwanzigsten liegen dann über eine Million Reiskörner.

Die Zahlen steigen also immer rasanter – bis sie, in nur kurzer Zeit, wahnsinnig hoch werden. Und genau das ist die Gefahr bei Corona-Neuinfektionen.

TU-Professor erklärt exponentielles Wachstum

Natürlich kann man „exponentielles Wachstum“ auch wissenschaftlicher erklären. Darum haben wir Dr. Götz Uhrig gebeten. Er ist Professor für Theoretische Physik an der TU Dortmund und kennt sich bestens aus mit Exponentialfunktionen.

Seine Erklärung: „Eine exponentielle Entwicklung tritt dort auf, wo sich eine messbare Größe proportional zu einer Exponentialfunktion entwickelt. Das heißt: In immer gleichen Zeitschritten erhöht oder vermindert sich die Anzahl um denselben Faktor, zum Beispiel um zwei.“

Keine Sorge, die nächsten Sätze sind wieder praxisnäher und leichter verständlich. „Bei Corona-Neuinfektionen konzentriert man sich auf die Zeit, in der sich die Neuninfektionen verdoppeln“, sagt Uhrig. „Je kürzer die Zeit der Verdopplung, desto stärker der Anstieg.“

Wie lange dauert die Verdopplung der Infektionen?

Das heiße aber nicht, dass Neuinfektionen grundsätzlich extrem stark ansteigen, wenn von exponentiellem Wachstum die Rede ist. „Das kann auch erstmal sehr langsam sein – wenn es eben lange dauert, bis sich etwas verdoppelt."

Die Omikron-Variante führe jedoch zu sehr schnellem Wachstum. „Die Zeit, in der sich die Omikron-Neuinfektionen verdoppeln, ist sehr kurz. Teilweise spricht man von zwei Tagen.“ Beim Corona-Wildtyp habe diese Zeit noch zwei Wochen betragen.

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Exponentielles Wachstum bei Corona-Wellen besonders deutlich

Uhrig: „Exponentielles Wachstum wird bei Wellen von Neuinfektionen besonders deutlich, weil die Zahlen dabei erst langsam, dann immer schneller und zuletzt schlagartig ansteigen.“

An einem lebensnahen Beispiel: Auf einer kleinen Geburtstagsfeier steckt eine Person zwei weitere an. Davon steckt jede jeweils wieder (im Durchschnitt) zwei weitere an. Und die ebenfalls – und das immer so weiter. Genau das ist exponentielles Wachstum. Und wie stark es ist, hängt eben vom Zeitraum ab, indem eine Person zwei weitere ansteckt.

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Wenn es – wie bei Omikron – nur zwei Tage dauert, bis sich die Zahlen verdoppeln, heißt das: Aus der einen infizierten Person, die auf der Party war, sind schon nach einer Woche 128 Personen geworden – obwohl jeder nur zwei andere angesteckt hat.

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Auf einen Punkt weist Uhrig noch hin: „Irgendwann endet jedes exponentielles Wachstum.“ Logisch, die Anzahl an infizierten Menschen kann sich schließlich unmöglich endlos verdoppeln.