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Warum ist Dortmund für Demonstranten und Corona-Leugner so attraktiv?
Demo mit 2800 Leuten
Zur Anti-Coronaschutz-Demo mit 2800 Leuten reisten sehr viele Auswärtige an, teils von weit her. Und: Sie haben bereits die nächste Demo im September angekündigt. Warum ausgerechnet wieder Dortmund?
Der Anmelder der Versammlung gegen Maskenpflicht und Mindestabstand am Sonntag (9.8.) auf dem Hansaplatz in Dortmund kam aus Hagen. Viele der 2800 Coronaschutz-Gegner waren aus ganz Deutschland angereist, wie Flaggen und Schilder zeigten. Was macht Dortmund für diese Demonstranten so attraktiv?
Zunächst einmal: Die Demonstrationsfreiheit und das Versammlungsrecht sind ein Grundrecht. Wenn die Demonstranten nach Dortmund gereist seien, um hier den Nachweis zu führen, dass es keine Freiheitsrechte mehr gebe und dass sie in einer Diktatur lebten, dann seien sie nun eines Besseren belehrt worden, stellt Dortmunds Polizeipräsident Gregor Lange klar:
„Denn sie konnten hier demonstrieren. Die Veranstalter mussten in eigener Verantwortung von der Bühne herab darauf hinweisen, dass die Teilnehmer Mindestabstände und andere Vorschriften einzuhalten haben, um überhaupt beginnen zu können. Ob das attraktiv ist, sollte jeder selbst beurteilen.“
Zeitweise eher eine Musik- und Tanzveranstaltung
Ob ein Anmelder Dortmund oder eine andere Stadt als Versammlungsort auswählt, sei seine freie Entscheidung, erläutert Polizeisprecher Peter Bandermann: „Er muss seine Standortauswahl für eine Stadt nicht begründen und weitere Versammlungen nicht langfristig ankündigen.“
Die Demonstration der Coronaschutz-Gegner allerdings war vor allem in der zweiten Hälfte der Versammlung, als schon wieder viele gegangen waren, eher eine Musik- und Tanzveranstaltung mit DJ, der gleichzeitig der Versammlungsleiter war. Dabei gibt es eine klare Grenze zwischen einer Meinungskundgebung und einer Musikveranstaltung. Das sei am Sonntag schon grenzwertig gewesen, aber vom Anteil der Musik noch erlaubt gewesen, räumte Polizeisprecher Oliver Peiler gegenüber dieser Redaktion ein.
Gute Erreichbarkeit
Dortmund sei als Großstadt schon allein wegen der guten Erreichbarkeit attraktiv für Demonstrationsanmelder und Versammlungsteilnehmer, so Bandermann: „Die gute Erreichbarkeit ist wichtig, da es auch auf eine möglichst hohe Teilnehmerzahl ankommt, um in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden.“
Demonstrationsanmeldern gehe es um lokale, regionale, bundesdeutsche und globale Themen. In Dortmund spiegle sich auch die Weltpolitik wider, wenn Demonstranten für Frieden in ihren Heimatländern auf die Straße gingen. Die Herkunft der Anmelder werde zwar nicht statistisch erfasst, so Bandermann, doch spiele der Anteil von Zuwanderern auch aus Krisengebieten der Erde hier eine Rolle.
430 Demos bis 16. August
Anlass für Protest biete auch der gelegentlich umfangreiche Veranstaltungskalender, wenn zum Beispiel Messen stattfänden, sagt der Polizeisprecher: „Dann gehen Tierschützer oder Nikotingegner und andere Gruppen auf die Straße.“ Zuletzt habe sich das auch bei einem Verkehrsthema gezeigt: Motorradfahrer demonstrierten im Juli gegen ein drohendes Fahrverbot. „Dortmund ist nicht nur gut erreichbar, sondern durch die jährlich stattfindende Motorradmesse für Biker ein Begriff“, erklärt Bandermann.
Man kann stationäre und mobile Kundgebungen anmelden, teilweise mit Einschränkungen des Straßenverkehrs. Die meisten Versammlungen seien stationär, berichtet der Behördensprecher.
Die Zahl der Demonstrationen in Dortmund ist in den letzten vier Jahren kontinuierlich gestiegen: 2017 waren es noch 494, 2018 schon 527 und 2019 dann 662. Für dieses Jahr waren und sind bis 16. August 430 Demonstrationen angemeldet.
Stellvertretende Leiterin der Dortmunder Stadtredaktion - Seit April 1983 Redakteurin in der Dortmunder Stadtredaktion der Ruhr Nachrichten. Dort zuständig unter anderem für Kommunalpolitik. 1981 Magisterabschluss an der Universität Bochum (Anglistik, Amerikanistik, Romanistik).
