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Quartier „Bergmannsgrün“: Geplanter Abbruch verunsichert Vivawest-Mieter
Modellprojekt
Das Wohnungsunternehmen Vivawest plant das Modellquartier „Bergmannsgrün“. Das hat Folgen für 144 derzeitige Mieter. Ihre Verunsicherung ist groß. Der Mieterverein lädt zu einer Versammlung.
Bergmannsgrün, so heißt das Zukunfts-Quartier des Wohnungsunternehmens Vivawest. Die Mieter von 144 Wohnungen in 27 Häusern sehen ihre Zukunft gar nicht so grün. Grund ist ein Informationsschreiben, in dem Vivawest den Abriss ankündigt.
„Die Verunsicherung ist riesig“, sagt Dr. Tobias Scholz, Geschäftsführer des Mietervereins Dortmund. Ein Anwohner, der sich aufgrund der Berichterstattung an unsere Redaktion gewandt hat, bestätigt das. „Das Schreiben kam wie aus heiterem Himmel und war sehr oberflächlich“, sagt er am Telefon.
Das Anschreiben habe die Vorzüge des neuen Viertels gepriesen und erste Daten genannt. „Im August soll es losgehen, ab Dezember wird abgerissen“, berichtet der Anwohner. „Vor allem die älteren Menschen haben Angst bekommen.“
Mieterversammlung am Dienstag
Tobias Scholz sagt: „Die Leute sollen wissen, was ihre Rechte sind und sich nicht unter Druck gesetzt fühlen.“ Deswegen lädt der Mieterverein am Dienstag (1.2.) um 18 Uhr zu einer digitalen und telefonischen Mieterversammlung ein.
Viele Fragen seien noch ungeklärt, erklärt Scholz. Vivawest mache zwar das Angebot, in eine der Wohnungen in den verbleibenden Häusern oder vorübergehend in ein anderes Viertel umzuziehen. „Es fehlt aber so etwas wie ein Sozialplan“, erklärt der Mieterschützer. Unklar sei, wer die Kosten für den Umzug trage oder wie hoch die zwischenzeitige Miete sei.
Vivawest betont daraufhin, „alle Sorgen der betroffenen Mieterinnen und Mieter ernst zu nehmen“ und das Gespräch zu suchen. Unternehmenssprecher Gregor Boldt erklärt: „Vivawest unterstützt bei der Suche nach Zwischen- und Ersatzwohnungen. Wir versuchen, für alle betroffenen Mieter ein finanziell passendes neues Zuhause zu finden und übernehmen die Umzugskosten. Zudem ist es möglich, wieder in den Bestand zurückzuziehen.“
Viele frühere Eisenbahner leben noch in ihren Betriebs-Wohnungen, die Vivawest übernommen habe. „Die Eisenbahner haben aber lebenslanges Wohnrecht“, sagt Scholz.
Neuen Wohnraum zu schaffen und ein ganzes Quartier klimaneutral und zukunftsorientiert zu gestalten findet er vom Grundsatz her gut. Zweifel hat er hinsichtlich der Energiebilanz, die der Abriss der 144 Wohnungen und der Neubau von 235 Wohneinheiten mit sich bringen.
Anwohner wünscht „vernünftige Lösung“
„Sanieren im Bestand ist aus meiner Sicht klimafreundlicher“, sagt Scholz. Er verweist auf Vergleichsstudien zur Energiebilanz. „Mit Blick auf die hohe Verbreitung des zum Abriss vorgesehenen Wohnungstypes im Ruhrgebiet und auch in Dortmund, wäre die Frage nach dem Weg Richtung Klimaneutralität für diese Bestände eigentlich die entscheidende Forschungsfrage und nicht Abriss und ein ‚klimaneutraler‘ Neubau.“

Maurizio Lindemann, Fachbereichsleiter Quartiersentwicklung, und Carsten Gröning, Leiter des Kundencenters Westfalen, stellten die Vivawest-Pläne für das Quartier "Bergmannsgrün" vor. © Uwe von Schirp
Damit spricht er die geplante Begleitforschung von Vivawest bei der Quartiersentwicklung für „Bergmannsgrün“ an. In einem „Reallabor“ sollen Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung Handlungsfelder zu einem „Quartier der Zukunft 2030+“ ausarbeiten und untersuchen.
„Für die Leute, die hier bleiben wollen, sollte es eine vernünftige Lösung geben“, sagt der Anwohner. Er selbst schließt den Umzug in eine Neubauwohnung indes nicht aus.
Transparenzhinweis: Nach der Erstveröffentlichung dieses Berichts hat Vivawest am Donnerstag (27.1.) darauf hingewiesen, dass das Unternehmen die Mieter bei der Suche nach Lösungen unterstützt und die Umzugskosten übernimmt. Wir haben die Ursprungsfassung um die entsprechende Passage ergänzt.
Geboren 1964. Dortmunder. Interessiert an Politik, Sport, Kultur, Lokalgeschichte. Nach Wanderjahren verwurzelt im Nordwesten. Schätzt die Menschen, ihre Geschichten und ihre klare Sprache. Erreichbar unter uwe.von-schirp@ruhrnachrichten.de.
