Vinyl-Boom in Dortmund Neuer Plattenladen eröffnet in der Innenstadt - „viele Exoten“

Neuer Plattenladen eröffnet in der Innenstadt von Dortmund
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Die Stubengasse ist eine dieser unscheinbaren, aber durchaus zahlreichen kleinen Straßen abseits der Achsen in der Dortmunder Innenstadt.

Von der Kuckelke geht es hier in Richtung Konzerthaus und Brückstraße. Hier hat eine beständig wachsende Szene von Menschen, die Musik auf Vinyl-Schallplatten mögen, seit einigen Wochen eine neue Anlaufstelle.

Großes Potenzial an Vinyl-Fans

„Rare Records“ steht über dem Ladenlokal, das Guido Gappa angemietet hat. Er sieht in der Stadt ein großes Potenzial an Vinyl-Fans. Die ersten Wochen am Standort bestätigen ihn darin.

Der Dortmunder geht dabei einen durchaus ungewöhnlichen Weg. Vinyl verkauft er schon seit knapp 20 Jahren, jetzt hat er erstmals einen eigenen Laden.

„Ich habe auf Konzerten angefangen, mit zwei Kisten auf dem Billardtisch“, sagt er. Er betreibt einen Online-Versandhandel, ist auf Plattenmessen unterwegs.

Der Blick auf die Auswahl in den in sanftem Gelb gestrichenen Räumen zeigt: Hier gibt es viel zu Stöbern, auch in eher nischigen Genres. Zugleich fehlen die „Classics“ aus Genres wie Rock, Folk, Soul, 90ies-Indie nicht.

„Ich habe auch viele Exoten“

„Ich decke andere Felder ab, als andere Läden, habe auch viele Exoten“, sagt Guido Gappa.

Im hinteren Teil des Ladens, gleich neben dem sich während der Öffnungszeiten durchgehend drehenden Plattenspieler, stehen Musik-Bücher. Lokale Labels wie Tanz auf den Ruinen aus Dortmund haben hier ihre Platten im Angebot.

Ein Mann um die 70 kommt durch die Ladentür. Staunend geht er an den Plattenkisten vorbei und beginnt zu erzählen. „Wirklich verrückt. Hier war vor 40 Jahren schon ein Plattenladen“, sagt er.

An den Namen erinnert er sich nicht mehr, dafür an viele, viele Dinge, die mit seiner Vinyl-Leidenschaft und damit seinem Leben zu tun haben.

Plattenladen-Gespräche

Plötzlich ist man Teil eines dieser Plattenladen-Gespräche über Sammlungen mit 140 unterschiedlichen Barry-White-Pressungen, Reisen zu Börsen in Belgien und Amsterdam, Konzerterinnerungen und Fachsimpelei.

Dazu läuft eine Platte von Iggy Pop, auf der die Punk-Ikone Französisch singt.

Guido Gappa hört dem Mann zu, ergänzt Wissen, zeigt Platten aus seinem Angebot. Ob das Gespräch in einen Kauf mündet, kann er nicht wissen.

Geduld gehört zum Job. Das gilt für den spontanen Gast genauso wie für die Teenager, die einige Stunden vorher hier waren. Die - über ihr Leben plaudernd - durch die Kisten schauen, aber letztlich nichts kaufen.

Beim nächsten Mal, so die Kalkulation hier und in vielen anderen Läden dieser Art, nehmen sie dafür vielleicht zwei Platten mit.

Effekt für das Viertel

Die Eröffnung von „Rare Records“ am Rande des Brückstraßenviertels hat einen Effekt über den eigentlichen Laden hinaus.

Zum einen erweitert sich das Netz an Schallplattenläden in der Dortmunder Innenstadt zu einer Größe, die durchaus wieder beachtenswert ist.

„Black Plastic“, „Flat Earth“, „Idiots Records“, „Archiv“, „Amsterdam Record Shop“, „Andrä“, für Neuware auch „Saturn“: Wer Lust darauf hat, kann mindestens einen halben Shopping-Tag in Dortmund auf der Suche nach guter Musik verbringen.

Das war vor zehn Jahren noch anders. Mittlerweile werden in Deutschland rund sieben Mal so viele Platten verkauft wie 2012 (4,5 Millionen zu 600.000).

Der Kontakt unter den Ladeninhabern sei gut, sagt Gappa. „Wir verweisen aufeinander.“

Der zweite Effekt des neuen Geschäfts: Es belebt eine Ecke der Innenstadt, die angesichts mehrerer Leerständen jeden Impuls gebrauchen kann.

Geplant sind laut Gappa Vinyl-Präsentationen mit kleinen Live-Sets, Lesungen und anderen Veranstaltungen. „Ich hoffe, dass es mal zu einer kleinen Begegnungsstätte wird.“

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