Für mehr Lohn und bessere Arbeitsbedingungen sind Verdi-Mitglieder am Donnerstag auf die Straße gegangen. Dafür haben viele Dortmunder aktuell wenig Verständnis.

© Oliver Schaper

„Unerträglich und dreist“: Verdi-Mitglied tritt nach 50 Jahren aus

rnWarnstreiks in Dortmund

Viel Kritik muss Verdi für die Warnstreik-Welle in Dortmund einstecken: Viele Leser regen sich darüber auf. Barbara Meermann lässt es nicht bei Worten – sie hat Konsequenzen gezogen.

Dortmund

, 17.10.2020, 04:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Unerträglich, respektlos und dreist – Barbara Meermann wird deutlich, wenn sie ihre Meinung zur aktuellen Warnstreik-Welle auf den Punkt bringen soll. Seit knapp 50 Jahren ist sie Mitglied der Gewerkschaft, hat viele Streikwellen miterlebt.

„Grundsätzlich finde ich in Ordnung, dass den Arbeitgebern Druck gemacht wird.“ Doch jetzt ist etwas anders als im vergangenen halben Jahrhundert: Dieses Mal bringt Verdi die Dortmunderin in Rage. So sehr, dass sie in dieser Woche ihre Kündigung an die Gewerkschaft geschickt hat.

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Viel Kritik am Zeitpunkt der Streiks

Der Grund: „In der Corona-Zeit gibt es viel schwerere Sorgen als Lohnerhöhungen. Ich habe im Bekanntenkreis Menschen, die Angst um ihren Job haben. Die Leute, die beim Streik am Donnerstag mitgelaufen sind, haben ja alle einen Job, da sollte man jetzt die Füße stillhalten und warten, bis bessere Zeiten kommen“, sagt die 67-jährige Rentnerin.

Mit dieser Meinung steht sie nicht alleine da: „Gipfel der Ignoranz“ nennt unser Autor Ulrich Breulmann den aktuellen Streik im öffentlichen Dienst in der Meinungs-Kolumne „Klare Kante“.

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Damit trifft er den Punkt genau, meint Barbara Meermann - und steht damit nicht alleine da. Viele User äußern sich auf Facebook ähnlich zu dem Videokommentar. Besonders in der Kritik: Der Zeitpunkt der Streikwelle. Allerdings gibt es auch einige Gegenstimmen.

Im Normalfall gebe es natürlich gute Gründe, zu streiken, daran will Barbara Meermann nicht rütteln. Die Arbeit der Gewerkschaften sei wichtig, darum ist sie vor knapp 50 Jahren Mitglied geworden. „Es gab damals keinen konkreten Anlass. Aber es war mir wichtig, dass es Menschen gibt, die mich im Bedarfsfall unterstützen.“

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Selbst hat die ehemalige Arzthelferin zwar nie gestreikt. „Das war in meiner Branche zumindest früher nicht so ein Thema. Das hat man einfach nicht gemacht.“ In einem Streit um eine Kündigung habe Verdi ihr aber beigestanden.

„Grenzwertiges Verhalten“ der Streikenden

Trotzdem nun die Kündigung: „Der Zeitpunkt der Streiks ärgert mich maßlos. Es gibt Eltern, die nicht wissen, wie ihre Kinder betreut werden sollen. Was da Donnerstag abgelaufen ist, scheint im Vergleich eher belanglos.“

Und zwei weitere Punkte ärgern sie an den Streiks: „Die Nervenbelastung ist bei vielen eh schon hoch, und dann sorgt man noch dafür, dass Autofahrer im Stau stehen und keine Busse fahren. Sich trotz Corona in so großen Menschenmassen aufzuhalten, ist sehr grenzwertig.“

Diese Argumente hat Barbara Meermann in ihrer Kündigung auch aufgeführt: „Dieses Verhalten geht einfach nicht, das ist respektlos und unfair. Das sollen die auch wissen.“

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