Uwe Kolter will städtischen Mietvertrag nicht unterzeichnen „Könnte unsere Insolvenz bedeuten“

Verein „Heimatmuseum Lütgendortmund“ lehnt städtischen Mietvertrag ab
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Das Wort Insolvenz möchte Uwe Kolter nirgendwo lesen. Weder in seinem persönlichen Lebenslauf noch in der Chronik seines Vereins. Deshalb haben der Vorsitzende des „Heimatmuseum Lütgendortmund e.V.“ und die Mitglieder mehrheitlich beschlossen, den Mietvertrag der Stadt Dortmund nicht zu unterschreiben. Erstmals wird hier eine Miete von 6 Euro pro Quadratmeter für die vom Verein genutzten städtischen Räumlichkeiten erhoben.

„Im Zweifelsfall gehen wir lieber jetzt erhobenen Hauptes als später geknickt zum Amtsgericht“, sagt der 56-Jährige. Stehen der über 30 Jahre alte Verein, das Heimatmuseum und damit gleich mehrere beliebte Kulturveranstaltungen rund um das Schloss Dellwig mit dieser Entscheidung vor dem Aus?

Fakt ist: Die Zukunft des Dortmunder Vereins mit seinen rund 250 Mitgliedern wackelt. Unabhängig davon, ob Uwe Kolter seine Unterschrift unter den städtischen Mietvertrag setzt oder nicht. Es ist eine Entscheidung zwischen der sprichwörtlichen Pest und Cholera.

Denn: Nach Meinung von Uwe Kolter, seit 33 Jahren selbstständiger Sachverständiger, könnte eine Anerkennung des Mietvertrags der erste Schritt Richtung Vereins-Insolvenz sein. Bei einer Nicht-Unterzeichnung wiederum bestehe die Möglichkeit, die Kündigung für die Nutzung der Räume am Schloss Dellwig in Lütgendortmund zu erhalten.

Angst vor Haushaltssicherung

Noch ist unklar, wie der Fall ausgehen wird. Für Uwe Kolter steht fest: „Eine Miete von sechs Euro pro Quadratmeter, wie sie die Stadt aufgrund eines Ratsbeschlusses in nicht-öffentlicher Sitzung am 6. Juni 2021 fordert, können wir uns nicht leisten.“ 1200 Euro im Monat, 14.400 Euro im Jahr – das gebe das Vereinsbudget nicht her. Obendrauf kämen die Nebenkosten, die der Verein ohnehin bezahlen muss.

Die Option, sich die Miete über einen Antrag ans Kulturbüro Dortmund komplett zurückzuholen, überzeugt Uwe Kolter nicht. „Was passiert, wenn die Stadt in die Haushaltssicherung gerät? Ruhrgebietsstädte sind davon bekanntlich ja nie weit entfernt. Dann werden als erstes solche Förderungen gestrichen und wir schlittern geradewegs in die Insolvenz.“ Dieses Schicksal wolle er seinem Verein ersparen. Am 12. März 2023 habe die Mitgliederversammlung diese Gangart beschlossen – mit allen Konsequenzen.

Uwe Kolter ist Vorsitzender des Vereins Heimatmuseum Lütgendortmund
80.000 bis 100.000 Euro hat der Heimatmuseums-Verein in die Renovierung und Ausstattung der Räume gesteckt. Eine Miete von 6 Euro pro Quadratmeter hält Uwe Kolter für nicht gerechtfertigt. © Beate Dönnewald

Uwe Kolter sieht in dem Ratsbeschluss dicke Knackpunkte. „Wir haben die Räume 1988 in einem Rohbauzustand übernommen und 80.000 bis 100.000 Euro in die Renovierung und Ausstattung des Heimatmuseums gesteckt. Doch diese Argumente zählen für die Stadt nicht.“ Sie lege bei ihren Mietforderungen den aktuellen Gebäude-Zustand zugrunde, habe er in Erfahrung gebracht, so Kolter.

Was für den 56-Jährigen genauso wenig begreifbar ist: „Warum regelt die Stadt das nicht intern und verschiebt das Geld entsprechend? Warum dieser umständliche Weg über einen Förderantrag?“ Bisherige Gespräche mit Vertretern der Stadt seien ins Leere gelaufen. Reaktionen auf die Entscheidung, den Vertrag nicht zu unterschreiben, lägen ihm noch nicht vor.

Aus für Kulturveranstaltungen?

Uwe Kolter ist sich der Tragweite der Entscheidung durchaus bewusst. Denn sie könnte im schlechtesten Fall eine Kündigung seitens der Stadt für die als Heimatmuseum genutzten Räume bedeuten. Das würde nicht nur das Aus des Vereins und seines Heimatmuseums bedeuten.

Auch über die Stadtteilgrenzen hinaus beliebte Kulturveranstaltungen wie Frühlings- und Herbstfest am Schloss, Dellwig im Advent, der Trecker-Treff, Bierbrauer-Tage, die Teilnahme an der Museumsnacht und weitere Sonderveranstaltungen müssten dann gecancelt werden. Dies würde ein großer Verlust für viele Bürger in Dortmund und darüber hinaus bedeuten. Aufgrund einzuhaltender Fristen könnte laut Kolter die Kündigung allerdings erst zum Jahresende 2024 erfolgen.

Im Heimatmuseum Lütgendortmund befindet sich auch eine mit viel Liebe zum Detail eingerichtete Küche.
Steht das Heimatmuseum Lütgendortmund, hier ist die Küche zu sehen, vor dem Aus? Aktuell ist die Zukunft zumindest unklar. © Beate Dönnewald

Uwe Kolter hofft, dass das letzte Wort in dieser Sache noch nicht gesprochen ist und die Zeit für ihn und seinen Verein arbeitet. Er meint: „Hier zeigt sich ein Ratsbeschluss im Nachhinein als nicht gut praktikabel, er hat sich als nicht zu Ende gedacht erwiesen und sollte deshalb aufgehoben werden.“

Wie die Stadt mit nicht unterzeichneten Mietverträgen umgehen wird, beantwortet Stadtsprecherin Anke Widow auf Anfrage: „Grundsätzlich ist es so, dass zunächst die/der Mieter*in die Förderung mit dem jeweils zuständigen, fördernden Fachbereich der Stadt verbindlich klärt. Nach der Klärung folgt dann die Unterzeichnung des Nachtrages zum Mietvertrag.“ Falls es Mieter geben sollte, die den Nachtrag nicht unterzeichnen, müssten diese Vorgänge zunächst geprüft werden.

„Umgang äußerst kritikwürdig“

Die Bezirksvertretung Lütgendortmund jedenfalls hat Uwe Kolter auf seiner Seite. „Alle wissen um die Misere“, sagte SPD-Fraktionssprecher Andreas Lieven in der März-Sitzung, in der Uwe Kolter zu Gast war und während der Einwohnerfragestunde seine Sorgen schilderte. „Dieser Umgang mit den Vereinen ist äußerst kritikwürdig“, so Bezirksbürgermeister Heiko Brankamp (SPD). Die Martener Schützen funkten schon im Juni 2022 SOS.

Bewegung in die Angelegenheit soll eine entsprechende Mitteilung an den Beschwerde-Ausschuss bringen. Die Nutzung der städtischen Immobilien müsse für Vereine zu erschwinglichen Mieten möglich sein, so der allgemeine Tenor.

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