Mieterhöhung für Dortmunder Schrottimmobilie: „Das überleben wir nicht“
Vorwurf Mietwucher
Fast 1000 Euro statt 48 Euro pro Monat: Diese Mietererhöhung macht einen Dortmunder Verein gerade fassungslos. Mehr noch: Er bangt nun um seine Existenz – ein Jahr vor dem 190-Jährigen.
Nach zwei Corona-Jahren ist das Konto nahezu blank. Die monatlichen Verpflichtungen aufzubringen, ist gerade ein kaum zu stemmender Kraftakt. In dieser trostlosen Situation flatterte dem Bürgerschützenverein (BSV) Dortmund-Marten eine saftige Mieterhöhung der Stadt für ihr Vereinsheim ins Haus. Das Entsetzen ist groß.
Für Schatzmeisterin Monika Klod (72) steht fest: „Sollte es dabei bleiben, wird unser Verein das nicht überleben.“ Die Vorsitzende Angelika Rudoff (72) und ihr Stellvertreter Dieter Schmidt (84) nicken betrübt: „Und das ein Jahr vor unserem 190-jährigen Bestehen, das wir so gerne feiern wollen.“
Schrottimmobilie – „Das grenzt an Mietwucher“
Bislang zahlte der BSV Marten 48,27 Euro Monatsmiete für sein 161 Quadratmeter großes Vereinsheim. Bereits zum 1. Januar 2022 erhöhte die Stadt sie auf 966 Euro. Davon erfuhr der BSV Mitte Mai.
Geschäftsführer Reiner Gallen brodelt: „Ein Mietpreis von 6 Euro pro Quadratmeter für diese Schrottimmobilie grenzt schon an Mietwucher.“ Er persönlich „wohnt bei der Kaltmiete schon günstiger. Da sind die Reparaturen noch eingeschlossen.“
In den nicht gedämmten Schulpavillon aus den 1970er-Jahren hat der Verein viel Geld investiert. „Rückblickend kann ich nicht sagen, wie viel es war“, sagt Monika Klod. 50.000 Euro oder mehr? Sie nickt vorsichtig. Ob Dacherneuerung, der Fußboden, die Heizung, Wasseranschluss, Eingangstür, Fenster oder die Alarmanlage: „An keinen Instandsetzungsmaßnahmen hat sich das Liegenschaftsamt beteiligt“, so Gallen.
Dass die Änderung der Mietbedingungen laut Stadt für die Schützen neutral sein soll, besänftigt den Vorstand nicht. „Dafür gibt es auf Antrag einen Zuschuss von den Sport- und Freizeitbetrieben, der die Differenz zur aktuellen Mietzahlung ausgleichen soll. Doch nirgendwo ist die Dauer des Zuschusses geregelt“, so Gallen. Ein Ausfall bedeute die Insolvenz des Martener Vereins. „Das Risiko einer Nichteinigung zwischen Eigenbetrieb und Liegenschaftsamt wird auf den Verein abgewälzt.“
Monika Klod: „Wir haben auch gar nicht das Geld, um in Vorkasse zu gehen. Es ist schon schwer genug, monatlich rund 600 Euro, etwa für Nebenkosten und Versicherungen, aufzubringen.“ Schließlich habe man corona-bedingt in den vergangenen zwei Jahren keine Einnahmen gehabt. Deshalb sei der Zeitpunkt der Mietanpassung „völlig taktlos und ohne Fingerspitzengefühl“, so Angelika Rudoff. Es dränge sich der Eindruck auf, dass die Arbeit der Bürgerschützen in Marten, der zu den aktivsten Vereinen vor Ort gehöre, nicht erwünscht sei.
Der Vorstand appelliert: „Hier muss unbedingt noch einmal nachgearbeitet werden.“ Sein Vorschlag: „Es wäre sinnvoller, dass die Schützen wie bisher Anfang des Jahres den alten Mietzins überweisen und die Sport- und Freizeitbetriebe den Zuschuss einmalig an das Liegenschaftsamt überweisen.“ Das vorgeschlagene Buchungssystem sei für beide Seiten kostenintensiv.
Was sich der BSV auch wünscht: „Wir möchten gerne nachvollziehen, wie dieser Preis zustande kommt.“ Bei den neuen Konditionen beziehe man sich, so Gallen, auf einen Ratsbeschluss in einer nicht öffentlichen Sitzung. „Deshalb ist es für uns unmöglich, die Gründe für die Neuregelung und Preise pro Quadratmeter zu erfahren.“
Mit ihrem Anliegen hat sich der Bürgerschützenverein Marten an die Bezirksvertretung Lütgendortmund gewandt. Andreas Lieven (SPD) konnte den Unmut nachvollziehen. „Ein Mietzins von 6 Euro ist nicht angemessen“, sagte er in der Juni-Sitzung. Auch der SPD-Politiker sprach von „Wucher“.
Der Bürgerschützenverein hofft auf Unterstützung der Bezirksvertretung, will nun aber selber Kontakt zu den beteiligten Ämtern aufnehmen. „Um unsere Bedenken ausräumen zu lassen“, so Reiner Gallen.
Eine Anfrage der Redaktion an die Stadt ist noch in Bearbeitung.
1968 geboren und seit über 20 Jahren Redakteurin bei Lensing Media. Zuständig für den Dortmunder Westen mit seinen Stadtbezirken Lütgendortmund, Mengede und Huckarde sowie für die Stadt Castrop-Rauxel.