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Ungeimpften droht Arbeitsverbot – heute ist letzte Chance zur Erstimpfung
Pflegeheime und Kliniken
Im Gesundheitswesen dürfen ab Mitte März nur noch Geimpfte oder Genesene arbeiten. Wer bis zum Ende des heutigen Tages (31.1.) hier nicht erstgeimpft ist, blickt Unsicherheiten entgegen.
Es ist nur eine Mitarbeiterin, eine von 120 Beschäftigten im Altenzentrum St. Antonius in Huckarde, die sich partout nicht gegen Corona impfen lassen will. Stephan Schaeper (45), Leiter des Caritas-Seniorenheims, kann damit relativ entspannt auf den Kalender schauen – und das wichtige Datum 15. März.
Bis dahin müssen alle Beschäftigten im Gesundheitswesen – Ärzte, Pflegekräfte, Hausmeister, Techniker – ihrem Arbeitgeber einen Impf,- oder Genesenen- Nachweis vorlegen. Dann beginnt die sogenannte „einrichtungsbezogene Impfpflicht“ im Gesundheitswesen. Haben Beschäftigte dann keinen Nachweis, muss der Arbeitgeber das Gesundheitsamt informieren, das die weitere Beschäftigung untersagen kann.
So steht es im Gesetz zur Stärkung der Impfprävention, das Bundestag und Bundesrat Mitte Dezember beschlossen haben. In der Praxis dürfte das dazu führen, dass Arbeitgeber ungeimpfte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen freistellen müssen, ob sie wollen oder nicht.
Das Dortmunder Gesundheitsamt warte dazu auf weitere Ausführungsbestimmungen von Bund und Land, so Stadtsprecherin Anke Widow auf Nachfrage dieser Redaktion. Außerdem erwarte das
Gesundheitsamt in Kürze nähere Informationen und eine Handlungsanweisung, wie diese Meldungen erfolgen sollen, sowie zum anschließenden Verfahren.
Die Zeit drängt
So oder so – für die ungeimpften Beschäftigten in diesen Einrichtungen drängt die Zeit: Wer hier bis zum Stichtag Januar nicht erstgeimpft ist, hat keine Chance, bis Mitte März den vollständigen Corona-Impfschutz zu erhalten.
Bundesweit gehen Beschäftigte aus Protest gegen diese Impfpflicht auf die Straße und suchen womöglich nach neuen Jobs in anderen Bereichen angesichts des drohenden Arbeitsverbots.
Im Altenzentrum St. Antonius dagegen ist die einrichtungsbezogene Impfpflicht kaum ein Diskussionsthema, sagt Sabina Bolle (59), Pflegefachkraft und seit fünf Jahren im Haus. Zudem ist sie Vorsitzende der Mitarbeitervertretung.
Anfangs herrschte gewisse Skepsis
„Die meisten halten sich mit ihrer persönlichen Meinung zur Impfpflicht zurück. Die große Mehrzahl der Kollegen ist auf jeden Fall fürs Impfen und steht hinter der Impfpflicht. Sie sind sich der Verantwortung gegenüber den Bewohnern, Kollegen und der Familie bewusst“, sagt Sabina Bolle. Die Kollegen hielten das Impfen für wichtig, „weil sie die Folgen kennen“.
Die ersten wurden vor einem Jahr, am 12. Januar und 20. Februar, im Altenzentrum St. Antonius geimpft. Schon Mitte Dezember 2020, so Einrichtungsleiter Schaeper, habe man mit der Diskussion und der Beratung begonnen: „Damals war der Impfstoff neu, und es gab noch eine gewisse Skepsis, vor allem bei jüngeren Frauen.“
Einige unter ihnen, so Sabina Bolle, hätten sich beeinflussen lassen durch soziale Medien oder von Menschen in ihrem Umfeld, die gegen die Impfung waren. „Wir haben dann die Vorzüge der Impfung klargemacht und haben immer wieder gesprochen.“
„Das ist auch Solidarität“
Andere hätten auch erst einmal sehen wollen, wie Kollegen die Impfung vertragen. „Wir haben aber kaum Symptome gehabt. Viele haben dann nachgezogen“, berichtet die Mitarbeitervertreterin.
Schon im Januar habe man eine sehr hohe Impfquote im Haus gehabt, so Schaeper: „Das ist auch Solidarität.“ Man habe viel für das Impfen geworben und Beratungsgespräche mit Impfärzten vermittelt.
Er wisse aber von anderen Trägern, dass nicht alle in der glücklichen Lage seien, eine so hohe Impfquote in der Belegschaft zu haben, sagt der Einrichtungsleiter: „Das ist sehr unterschiedlich.“
98 Prozent Impfquote bei der Caritas-Altenhilfe
In den Dortmunder Caritas-Altenhilfe-Einrichtungen allerdings ist die Impfquote mit mehr als 98 Prozent allgemein hoch. Von 1600 Beschäftigten in diesem Bereich seien gerade mal 15 oder 16 nicht geimpft, sagt Caritas-Pressesprecherin Nina Forst.
Doch jeder einzelne Beschäftigte ist wichtig. Zuletzt wurde nochmal „Vollgas“ gegeben, „um möglichst noch viele ungeimpfte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen für eine Corona-Schutzimpfung begeistern zu können“, erläutert Tobias Berghoff, Vorstand der Caritas Dortmund. Wichtiges Mittel: Individuelle, ärztliche Beratungsgespräche. Zur stationären Altenpflege gehören sieben Einrichtungen und ein Hospiz, zur ambulanten Pflege zwölf Dienste.
Caritas-Vorstand auch für allgemeine Impfpflicht
Wegen der hohen Impfquote in den eigenen Reihen blicke man dem 15. März positiv entgegen, sagt Berghoff, und gehe nicht von personellen Engpässen aufgrund der dann greifenden Impfpflicht aus. Berghoff: „Insgesamt begrüßen wir dieses Gesetz und sprechen uns auch für eine allgemeine Impfpflicht aus.“
Lässt sich die letzte impfunwillige Mitarbeiterin im Altenzentrum St. Antonius nicht von dem Piks überzeugen, ist noch nicht abschließend geklärt, was mit ihr am 15. März passiert. Ihr droht ein vom Gesundheitsamt ausgesprochenes Arbeitsverbot, die Freistellung ohne Bezüge und am Ende möglicherweise auch die Kündigung – sofern sie nicht selbst den Dienst quittiert.
Stellvertretende Leiterin der Dortmunder Stadtredaktion - Seit April 1983 Redakteurin in der Dortmunder Stadtredaktion der Ruhr Nachrichten. Dort zuständig unter anderem für Kommunalpolitik. 1981 Magisterabschluss an der Universität Bochum (Anglistik, Amerikanistik, Romanistik).
