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Mit 820 Leuten im Video-Chat: Digitale Uni verändert Studentenleben massiv
TU Dortmund
Dortmunds Studenten sind ins erste Corona-Semester gestartet. Das bedeutet vor allem Online-Unterricht. Maren Fiefhaus und Nicodemus Kluvi berichten vom neuen Alltag.
Vor ein paar Monaten saß Maren Fiefhaus noch um acht Uhr morgens in einem der Hörsäle der TU Dortmund, ging mittags in die Mensa und lernte mit Freunden in der Bibliothek. Dieser Alltag hat sich durch das Coronavirus massiv verändert.
Statt in Dortmund verbringt die 21-Jährige nun den Tag auf dem Bauernhof ihrer Eltern in Neuenkirchen, Münsterland. Univeranstaltungen hat sie nur noch online. Zwischen den Veranstaltungen schlendert sie nicht mit Freunden über den Campus, sondern hilft ihren Eltern im Stall. Das neue System birgt für sie viele Vor- aber auch etliche Nachteile.
Maren Fiefhaus studiert Wirtschaftswissenschaften und Deutsch auf Berufsschullehramt. Momentan ist sie im zweiten Semester. „Ich bin froh, dass ich das erste Semester zum Eingewöhnen hatte“, sagt sie. Es sei viel krasser, jetzt mit dem Studieren anzufangen und gleich das erste Semester nicht auf den Campus zu können.

Maren Fiefhaus hilft zwischen den Vorlesungen ihren Eltern auf dem Hof aus. © Privat
Ihr Studium hat sich durch die Krise stark verändert: Einige Professoren laden die Präsentationen nun samt Audiodatei auf der Lernplattform Moodle hoch. Andere Dozenten streamen ihre Veranstaltungen live, zum Beispiel über das Programm Zoom. Auch die Aufgaben werden mehr: Jede Woche muss sie mehrere Abgaben hochladen.
Online-Uni hat Vor- und Nachteile
„Bei Präsenzveranstaltungen kann man besser Fragen stellen“, sagt Maren. Im ersten Semester sei es für sie möglich gewesen, nach der Vorlesung kurz zum Professor zu gehen, wenn sie noch eine Frage hatte, oder sie konnte sie in der Vorlesung stellen.
Wenn die Veranstaltung online mit Hunderten von Menschen stattfindet, hat sie da deutlich mehr Hemmungen. In einer von Marens Veranstaltungen schalteten sich schon mal 820 Leute rein. Auch die Sozialkontakte fehlen der Studentin - die Möglichkeiten, mit Freunden zu lernen oder sich nach der Uni noch zu treffen, fallen weg.
Trotzdem ist sie froh, dass sie ihr Studium online fortführen kann. „Irgendwann wurde es ohne Uni auch langweilig“, findet sie. Und bisher klappe es schließlich ganz gut. Ohne Präsenzveranstaltungen könne sie ihren Tag viel freier planen und ihre Eltern unterstützen. „Von mir aus können wir auch nach Corona mehr Online-Uni machen“, sagt sie.
Wenigstens keine Bahn-Verspätungen mehr
Nicodemus Kluvi freut sich eher auf das Ende der Online-Uni - auch wenn es bisher ganz gut funktioniere. „Der Vorteil ist: Ich muss nicht mehr so oft die S1 nehmen“, sagt er. Mit der Bahn pendelt er sonst aus Schwerte ein.
Der 21-Jährige studiert angewandte Sprachwissenschaften im sechsten Semester. Die Professoren, sagt Nicodemus, kriegten die Online-Veranstaltungen im Schnitt ganz gut hin. „Sie schlagen sich wacker“, findet er.
Wie bei Maren finden auch bei ihm viele Veranstaltungen über Zoom und den Webraum Webex statt. Dort, erzählt er, zeigt der Bildschirm immer die Person an, die am lautesten redet - also meistens den Dozenten. Außer wenn jemand vergisst seinen Ton am Laptop auszuschalten. „Dann trinkt mal jemand etwas und macht dann ein Gesicht wie ein Goldfisch, wenn der Fokus plötzlich auf ihn wechselt“, erzählt Nicodemus.
Auslandssemester geplatzt
Auch wenn so etwas die Online-Seminare etwas unterhaltsamer macht, vermisst der Student seinen vorherigen Alltag. „Ich kann in der Bibliothek deutlich besser lernen als zuhause.“ Auch die Regelmäßigkeit der letzten Semester fehle ihm.
Dazu kommt ein weiteres Problem: „Ich muss, um meinen Abschluss zu kriegen, noch ein Auslandssemester machen.“ Er hatte sich eigentlich schon eine Universität in Kalifornien herausgesucht, auf die er ab August gehen wollte. Die Bewerbungszettel hatte er schon ausgefüllt, doch abgeschickt hat er sie nicht.
Mittlerweile sei es zwecklos. Sein Auslandssemester hat er in seiner Planung ein weiteres Semester nach hinten verschoben.