
Einer von 20 Corona-Infizierten hat nach seiner Erkrankung noch länger mit Störungen des Geruchs- oder Geschmackssinns zu kämpfen. In der Long-Covid-Ambulanz des Klinikums Westfalen wurden solche Langzeitbeschwerden fachübergreifend behandelt. © dpa (Symbolbild)
Trotz Warteliste: Dortmunds einzige Long-Covid-Ambulanz musste schließen
Dortmunder Krankenhaus
Nach der Corona-Infektion leiden manche Erkrankte unter Long Covid. Das Klinikum Westfalen eröffnete in Dortmund eine Long-Covid-Ambulanz. Die Warteliste ist lang. Trotzdem kam das Aus.
Der Bedarf war groß; denn viele Menschen klagten nach überstandener Corona-Infektion über anhaltende Nachwirkungen wie Geschmacksverlust oder Lungenbeschwerden. Und selbst nach milden Krankheitsverläufen blieben bei manchen eigentlich Genesenen als Langzeitfolgen Depressionen, Ängste, Gedächtnisprobleme, Konzentrationsschwierigkeiten, Kopfschmerzen und Müdigkeit zurück – Beschwerden, die Alltagsaktivitäten und die berufliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Mögliche Anzeichen für Long Covid.
Die Psychiatrie des Knappschafts-Krankenhauses in Lütgendortmund (Klinikum Westfalen) reagierte – und eröffnete im April 2021 eine Long-Covid-Ambulanz. Man habe dieses zusätzliche Angebot „mit sehr viel Engagement und Herzblut eingerichtet“, erklärte Klinikum-Sprecher Jörg Kühn.
Wie erwartet traf das Angebot auf eine hohe Nachfrage: „Wir haben in einem Jahr rund 400 Patienten und Patientinnen behandelt“, berichtet auf Nachfrage Dr. Thomas Finkbeiner, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie.
Das Ende nach nur einem Jahr
Nach einer ausführlichen Diagnostik wurde ein Therapieplan für die Betroffenen erstellt. Dazu gehörte beispielsweise die Verordnung von ambulanter Ergotherapie, aber auch von Psychotherapie oder von Entspannungstherapien.
Und Dr. Finkbeiner konnte den Patienten durchaus Zuversicht vermitteln; denn bei 90 Prozent der Betroffenen klangen die Beschwerden nach sechs bis zwölf Monaten zu 100 Prozent ab.

Dr. Thomas Finkbeiner, Chefarzt der Psychiatrie im Knappschaftskrankenhaus in Lütgendortmund, bedauert das Aus der Long-Covid-Ambulanz. © Archiv
Doch trotz des Erfolgs, des hohen Bedarfs und langer Warteliste kam nach nur einem Jahr das Aus. Zu dem Grund erläutern Kühn und Finkbeiner: Zu Anfang habe man die Long-Covid-Ambulanz und die damit verbundenen zeitaufwendigen Behandlungen mit dem vorhandenen Personal gestemmt. „Nach einer Erprobungsphase haben wir dann festgestellt, dass das Angebot einer Long-Covid-Ambulanz sehr gut angenommen wird und für die Besetzung zusätzliches Fachpersonal gesucht“, so Kühn.
Vorhandene Patienten zu Ende behandelt
„Der Ansturm war so groß und wir hatten so viele Anmeldungen, dass wir das ohne zusätzliche Kräfte nicht bewältigen konnten“, ergänzt der Chefarzt. Doch in Deutschland fehlten für einige Bereiche Ärzte. „Ernüchternd mussten wir feststellen, dass uns auch an dieser Stelle der Fachkräftemangel trifft und wir kein Personal dafür gefunden haben“, erklärt Kliniksprecher Kühn. Deshalb sei man bereits im April gezwungen gewesen, die Long-Covid-Ambulanz wieder zu schließen.
Die bis dahin aufgenommenen Patienten habe man aber zu Ende behandelt oder behandle sie noch weiter. „Bei neuen Anrufen haben wir die Patienten an andere Ärzte verwiesen“, sagt Finkbeiner.
Das Ende der Ambulanz ist für die Patienten bitter – und für den Chefarzt. „Ich gebe Gesundheitsminister Lauterbach recht“, sagt Finkbeiner, „wir können nicht verhindern, dass ein gewisser Prozentsatz der Infizierten Long Covid bekommt.“ Zur Behandlung der Symptome waren aber die in der Ambulanz gewonnenen Erkenntnisse und Daten wichtig.
Erkenntnisse und Daten fallen künftig weg
So stellte der Chefarzt fest, dass es überwiegend junge Menschen zwischen 20 und 50 Jahren sind, die das Post-Covid-Syndrom trifft. Sie waren vorher mehrheitlich kerngesund und hatten auch nie eine neurologische oder psychiatrische Erkrankung. Es treffe Menschen aus allen Berufsgruppen, mit allen Persönlichkeiten, auch sportlich trainierte, so Finkbeiner.
Wichtig sei es, eine Chronifizierung der Beschwerden zu verhindern – auch im Hinblick auf die volkswirtschaftlichen Folgen, wenn Menschen lange krankgeschrieben seien und dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stünden.
Nur: Ist der Bedarf auch noch so groß – ohne die benötigten Ärzte und Ärztinnen ist eine Long-Covid-Ambulanz nun mal nicht zu betreiben.
Stellvertretende Leiterin der Dortmunder Stadtredaktion - Seit April 1983 Redakteurin in der Dortmunder Stadtredaktion der Ruhr Nachrichten. Dort zuständig unter anderem für Kommunalpolitik. 1981 Magisterabschluss an der Universität Bochum (Anglistik, Amerikanistik, Romanistik).
