Michaela Roßberg hat Multiple Sklerose und trotz mehrerer Corona-Impfungen keine Antikörper gegen das Virus. Sie und ihr Mann Daniel gehen seit zwei Jahren kaum vor die Tür.

© privat

Trotz mehrerer Impfungen: Michaela Roßberg (40) hat fast keine Antikörper

rnMultiple-Sklerose-Patientin

Die Corona-Impfung war für viele die Erlösung von den schlimmsten Sorgen der Pandemie. Doch Menschen mit bestimmten Krankheiten hilft sie praktisch nicht. Sie müssen sich immer noch massiv einschränken.

Dortmund

, 27.02.2022, 04:50 Uhr / Lesedauer: 2 min

Für gut 480.000 Menschen in Dortmund hat die Impfung gegen das Coronavirus in den vergangenen Monaten einen entscheidenden Gewinn an Lebensqualität bedeutet. Bei manchen bildet sich aber trotz mehrerer Impfungen kein ausreichender Schutz. Für sie hat die gefährlichste Phase der Pandemie nie aufgehört.

SERIE

„Mensch, wie glücklich bist du?“

Was haben zwei Jahre Corona mit uns gemacht? Empfinden wir noch Glück? Wie hat sich unser Leben verändert? Das fragten wir in unserer Umfrage „Mensch, wie glücklich bist du?“ - 870 Dortmunderinnen und Dortmunder machten mit. Und wir haben Menschen getroffen, die uns erzählen, wie sie die letzten zwei Jahre erlebt haben.

„Mein Mann und ich gehen seit zwei Jahren kaum raus“, erzählt Michaela Roßberg (40). Sie ist an Multipler Sklerose erkrankt, bekommt zweimal im Jahr eine Infusion mit einem Medikament, das das Immunsystem schwächt. Trotz mittlerweile vier Impfungen konnten in ihrem Blut fast keine Antikörper gegen das Coronavirus nachgewiesen werden.

Für viele Dinge des Alltags muss Michaela Roßberg daher einen besonderen Aufwand betreiben. „Bei uns wird der Einkaufswagen sehr desinfiziert, so sehr war der noch nie desinfiziert“, sagt sie. In Geschäfte - egal ob Lebensmittel oder andere notwendige Anschaffungen - gehe das Paar grundsätzlich abends, wenn weniger los ist. In den Supermarkt gehe Daniel Roßberg (44) auch oft allein.

„Wenn wir spazieren gehen wollen, fahren wir auf ein Feld, wo sonst kein Mensch ist.“ Damit sie und ihr Mann von zu Hause aus arbeiten können, habe das Paar extra einen schnelleren Breitbandanschluss gebucht.

Verschiedene Krankheitsbilder

Dass Menschen trotz mehrerer Impfungen keine Antikörper gegen das Coronavirus bilden, komme bei verschiedenen Krankheitsbildern vor, erklärt Dr. Bernhard Schaaf vom Klinikum Dortmund. „Das betrifft beispielsweise Patienten mit Organtransplantaten und Krebs-Patienten während ihrer Chemo-Therapie. Aber es gibt eigentlich in jedem Gebiet Krankheiten, bei denen Medikamente gegeben werden müssen, die das Immunsystem unterdrücken.“

Jetzt lesen

Manche Medikamente führen dazu, dass die sogenannten B-Zellen, die Plasmazellen bilden, die dann Antikörper produzieren, unterdrückt werden, erklärt Bernhard Schaaf. Bei anderen Medikamenten werde die Vermehrung der sogenannten T-Zellen, die selbst das Virus angreifen, unterdrückt.

Wenig Verständnis für Impfgegner

„Ich bin darauf angewiesen, wie sich andere verhalten und wie sich das Virus entwickelt“, sagt Michaela Roßberg. Aktuell mache sie sich eher mehr Sorgen: „Die Menschen halten kaum noch Abstand. Und wenn man darauf hinweist, wird man angefeindet.“

Sie könne verstehen, dass viele Menschen sich ein entspannteres öffentliches Leben zurückwünschen. „Wir haben doch auch die Schnauze voll“, sagt sie. Doch sie sei nun mal besonders gefährdet.

In ihrem Freundeskreis gebe es viel Verständnis - auch dafür, dass sie seit der Pandemie praktisch nur noch ihre Eltern besucht habe. Eine Ausnahme seien ein paar Freunde, die selbst noch ungeimpft seien.

Sie sei froh über jeden, der sich impfen lasse, sagt Michael Roßberg. Ihr Verständnis für Impfgegner hält sich in Grenzen. „Mich macht das schon manchmal wütend.“

Es gibt Behandlungsmöglichkeiten

Eine Ansteckung mit dem Coronavirus wäre für Michaela Roßberg wohl ähnlich, wie für jemanden, der gar nicht geimpft ist. Auch in so einem Fall gibt es aber Behandlungsmöglichkeiten.

„Man kann dann eine Therapie mit monoklonalen - also im Labor erzeugten - Antikörpern machen“, erklärt Dr. Bernhard Schaaf. Das sei auch präventiv möglich, also um eine Erkrankung vorab zu verhindern. Dazu müsse allerdings alle drei bis vier Wochen ein entsprechendes Medikament verabreicht werden.

Aktuell seien die verfügbaren monoklonalen Antikörper zudem nur für die Therapie bei omikron-positiven Patienten und Patientinnen zugelassen, nicht aber für die präventive Therapie. „Der entsprechende Wirkstoff ist noch in der Zulassung“, so Bernhard Schaaf.

Zusammen mit anderen Medikamenten, wie beispielsweise Remdesivir und Paxlovid, sei eine früh genug behandelte Corona-Infektion aber auch bei immuneingeschränkten Personen in der Regel gut in den Griff zu bekommen.

Lesen Sie jetzt