Niemand hier, alle zuhause: So wie am Samstagabend sah es auch von Montag auf Dienstag an exakt dieser Stelle am Wall aus.

© Schaper

Trotz Ausgangssperre unterwegs in Dortmund: Werden wir kontrolliert?

rnCorona-Regelung

Was passiert, wenn man nachts unterwegs ist in Dortmund? Stehen Polizei und Ordnungsamt an jeder Ecke? Wie oft wird man kontrolliert? Ein Versuch – nicht zum Nachmachen empfohlen.

Dortmund

, 27.04.2021, 05:14 Uhr / Lesedauer: 3 min

Im Hauptbahnhof schauen sie genau in unsere Richtung. Kein Wunder: Wir sind ja auch die einzigen hier, nachts um kurz vor halb zwölf. Marie und ich sind auf einem nächtlichen Spaziergang. Etwas, das eigentlich verboten ist, seit die Ausgangssperre gilt – in Dortmund wie im restlichen Land.

Um 22 Uhr muss man zuhause sein. Es sei denn, man ist beruflich unterwegs, man führt einen Hund aus, es gibt einen medizinischen Notfall, man begleitet einen Sterbenden – Ausnahmen dieser Kategorie also.

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Kontrolliert uns jemand in der City?

Wer privat reisen will um 23.30 Uhr, darf also nicht. Und, wie erwähnt: Die Bundespolizisten gucken. Doch fangen wir am Anfang an: Marie und ich sind um 22 Uhr in der Dortmunder City verabredet. Wir sind Kollegen, mit Presseausweis. Journalisten dürfen auch während der Ausgangssperre raus. Doch dass wir welche in der Tasche haben, sieht man uns ja nicht an.

Wir wollen sehen: Gibt es verschärfte Kontrollen in der Dortmunder Innenstadt? Patrouillieren Polizei und Ordnungsamt? Und falls ja: Wie oft und wo?

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Ein Auto, aber keine Polizei

Den ersten schnelleren Herzschlag haben wir schon nach wenigen Metern. 22.13 Uhr, Richtung Westentor. Von der großen Kreuzung am U aus biegt ein Fahrzeug auf den Westenhellweg und hält 150 Meter von uns entfernt.

„Zu schmal für ein Polizeiauto, oder?“, raunen wir uns zu. In der Tat: ein Twingo, der zu einem Lieferdienst gehört und in dessen Kofferraum eine Thermobox mit heißem Essen steht.

Wer darf hier eigentlich noch sein so spät?

Also machen wir kehrt am U, ohne Polizeikontrolle, geradeaus geht es weiter bis zum Ostentor. Und ganz allein sind wir auf dem Weg nicht. Ein Mann holt Bargeld am Automaten. Darf man so etwas tun? Zwischen 22 und 0 Uhr ist der Solo-Spaziergang ja erlaubt, und wenn der zufällig an einem Geldautomaten ...

Andere gehen zügig. Und viele Obdachlose liegen in den Eingängen der Geschäfte, in der Hoffnung auf ein bisschen mehr Wärme und Windschutz. Ein paar Meter weiter bremst ein Security-Auto vor dem Nobel-Juwelier, schaut nach, ob alles okay ist. Wieder ein Auto, wieder keine Polizei.

Nachts am Ostenhellweg: Kommt wohl jemand, der uns kontrolliert?

Nachts am Ostenhellweg: Kommt wohl jemand, der uns kontrolliert? © Björn Althoff

Polizei im Einsatz vor dem Hauptbahnhof

Auf dem Rückweg nehmen wir die Kampstraße bis zur Petrikirche. Da: ein Polizeiauto. Doch es biegt ab, bevor es uns überhaupt sehen kann. Vielleicht rüber zum Hauptbahnhof? Und schon von Weitem hört man es: Schreie, Aufregung, eine Spur Verzweiflung.

Vier Polizeiautos sind am Königswall rechtsran gefahren, vielleicht sogar fünf. Von der Katharinentreppe lässt sich das noch nicht so genau sagen. Ein Mann wird festgenommen, eine Frau kreischt.

Einsatz vor einem Hotel, viel Provokation

Letzten Endes ein Einsatz, den es wohl auch ohne Corona gegeben hätte. Alltagsgeschäft am Hauptbahnhof. Anders als das, was wenige Minuten später neben dem Fußballmuseum passiert: Vor einem Hotel raucht ein Mann ohne Maske voller Selbstverständlichkeit und voller Provokation.

Mehrere Streifenwagen-Besatzungen stehen vor dem Mann und einigen anderen, denen man die Späte der Nacht ebenfalls anmerkt. Die Polizisten halten Abstand zueinander. Der vorderste spricht deeskalierend, aber bestimmt. Ohne Gewalt, aber mit Wucht tritt die Polizei auf.

Sehen wir zu harmlos aus im Vergleich?

So sehr, dass zwei Männer und eine Frau, die offenbar eine Feier hinter sich haben, rasch das Weite suchen. Die Polizisten lassen sie weglaufen, während für sie die Präsenz am Hotel-Eingang Priorität hat.

Auch die Bundespolizisten im Bahnhof, die Marie und mich kurz darauf erblicken, drehen sich um. Offenbar wirken wir zu harmlos, wie wir den Bahnhof betreten, ganz leise, nicht torkelnd.

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Streifenwagen-Besatzung interessiert sich nicht

Ähnlich wenig später am Westenhellweg: Unsere erste direkte Begegnung mit einem Streifenwagen endet damit, dass man uns nachschaut – mehr nicht.

Die Stadt ist ruhig, die Lage auch – das wird mir in den zwei Stunden danach klar. Die Kollegin ist längst zuhause. Ich ziehe zu Fuß Richtung Möllerbrücke, fahre im Auto zum Phoenix-See, einmal rund um den Wall. Ist hier irgendwer? Will die Polizei wissen, was ich hier mache?

Fast niemand auf den Straßen

Ich sehe fast niemanden. Ganz wenige Busse, ein paar Autos mit Firmenaufdrucken, vier, maximal fünf Privat-Pkw, keine Polizei. Wozu auch kontrollieren? Die Stadt ist so ruhig wie sonst nie. Einen Radfahrer sehe ich noch. Gar keinen Fußgänger. Fast alle Dortmunder halten sich vorbildlich an die Ausgangssperre.

Korrekterweise. Warum sollte man auch hier sein? Nichts passiert. Und falls doch, das hat die Polizei ja vorhin am Bahnhof gezeigt, sorgt sie direkt mit einem Dutzend Beamten für Ordnung und Ruhe.

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