Egal ob bei Dates, Vorstellungsgesprächen oder Hausbesichtigungen: Der erste Eindruck ist immer wichtig, sagt man. Wenn man davon ausgeht, dass an dieser Binsen-Weisheit etwas dran ist, heißt das nichts Gutes für das Bild, das Dortmund auf „Tripadvisor“ abgibt.
„Tripadvisor“ ist eine der beliebtesten Reise-Internetplattformen weltweit. Mehrere Hundertmillionen Menschen nutzen das Portal nach dessen eigenen Angaben jeden Monat, um ihren nächsten Urlaub zu planen. Dabei helfen sollen ihnen rund eine Milliarde Nutzer-Bewertungen und -Rezensionen von Attraktionen, Hotels oder Lokalen, die im Laufe der Jahre laut „Tripadvisor“ auf der Plattform geschrieben wurden.
Wer sich auf dem Portal einen ersten Eindruck von Dortmund verschaffen will, sieht zuallererst: eine Baustelle. Das Startbild auf der Dortmund-Übersichtsseite (Abrufdatum: 3.2.2023) ist eine etwas verpixelte Panorama-Aufnahme vom Phoenix-See aus dem Jahr 2018, als große Teile der heutigen Hafenpromenade noch nicht fertig waren.
Zwar geht es danach etwas aufwärts mit einem Foto des BVB-Stadions, unter dem ein Darren aus dem englischen Leicester den schwarzgelben Tempel in den höchsten Tönen lobt („best stadium [...] fantastic atmosphere inside and outside“) - aber nur, um dann bei Bild Nummer drei in Sachen Attraktivität ins Bodenlose zu fallen.

Das Foto zeigt einen undefinierbaren Aschehaufen, der von einem Jörg aus Essen offensichtlich in der Dasa aufgenommen wurde, immerhin verbunden mit einer 5-Sterne-Bewertung für die Ausstellung („Unsere Führung war kurzweilig und spannend“). Mit Galgenhumor könnte man von einem neuen Dortmunder Dreiklang sprechen: „Baukräne, Fußball und Asche“ statt „Kohle, Stahl und Bier“.
„Das ist ein bisschen ungünstig“, sagt Matthias Rothermund, langjähriger Chef von Dortmund-Tourismus und nach wie vor einer der erfahrensten Touristiker der Stadt, diplomatisch zu den Tripadvisor-Bildern zu Dortmund. „Da sind schon ein paar gruselige dabei.“
Etwas dagegen tun könne man als Stadt jedoch nicht: „Man hat recht wenig Einflussmöglichkeiten, das zu steuern“, sagt der 52-jährige Tourismus-Experte, der auch im gerade entstehenden städtischen Fachbereich „Marketing und Kommunikation“ für den Tourismus zuständig sein wird. „Wir können nicht einfach bei ‚Tripadvisor‘ anrufen und sagen: ‚Ändert das!‘“ Eine redaktionelle Auswahl seien die Bilder definitiv nicht.
Es gibt bedeutend schönere Bilder
Tatsächlich wird in der „Tripadvisor“-Fotostrecke auf der Dortmund-Seite angegeben, dass es knapp 18.000 Bilder aus der Stadt verfügbar sind. Doch warum ausgerechnet jene drei vom Phoenix-See, dem Stadion und der Dasa ganz oben gelandet sind, wird nicht klar. Auf eine Anfrage unserer Redaktion, nach welchen Kriterien der Algorithmus die Bilder sortiert, hat „Tripadvisor“ bisher nicht reagiert.
Tatsächlich finden sich weiter hinten in der Foto-Galerie bedeutend ansprechendere Motive aus Dortmund, auch von vielen Klassikern: das U und das Fußballmuseum, die Zeche Zollern, der Westfalenpark, die Reinoldikirche, das Wasserschloss Haus Dellwig in Lütgendortmund und - wahrscheinlich, weil es falsch verknüpft wurde - ein Bild einer Gracht, mutmaßlich aus Amsterdam.
Guter Überblick über Dortmund
Immerhin: Abseits der Fotos gibt das Reise-Portal einen ganz guten Überblick über das, was es in Dortmund zu sehen gibt.
Die Top-Sehenswürdigkeit der Stadt ist wenig überraschend das Stadion. Es ist auch die einzige unter den auf Tripadvisor vorgeschlagenen Attraktionen, die aktuell mit einem so genannten „Travellers Choice Award“ ausgezeichnet ist - eine Auszeichnung, die nur an die beliebtesten zehn Prozent der Sehenswürdigkeiten weltweit vergeben wird.
Ebenfalls unter den Top-10 der Dortmunder Sehenswürdigkeiten sind: Westfalenpark, Zeche Zollern, Deutsches Fußballmuseum, Rombergpark, Florianturm, Dasa, Museum für Kunst und Kulturgeschichte, Weihnachtsmarkt und Zoo. „Auf Anhieb vermisse ich da nichts“, sagt Rothermund.
Datenbank im Aufbau
Generell könne er mit dem Porträt von Dortmund auf „Tripadvisor“ ganz gut leben, sagt der Tourismus-Experte. Bei den Bildern hofft er, dass sich ihre Qualität in baldiger Zukunft verbessert.
Aktuell befinde sich eine Datenbank im Aufbau, die von den Tourismusbehörden des Ruhrgebiets befüllt werde. Dieser „Data-Hub Ruhr“ umfasse hochwertige Bilder, Texte und weitere Informationen zu Hunderten Sehenswürdigkeiten und anderen für Touristen interessanten Zielen wie Bars, Restaurants und Theatern. Diese Datenbank werde dann großen Portalen wie beispielsweise „Tripadvisor“ über Schnittstellen kostenlos zur Verfügung gestellt.
Ob Tripadvisor von diesem Angebot Gebrauch machen wird, ist nicht bekannt.
So lange können sich die Dortmunder mit einem Blick in die Nachbarschaft trösten: Auf der Übersichtsseite für Bochum wird Touristen als erstes Foto ein etwas düsteres Bild der „Stiepeler Dorfkirche“ gezeigt. Das rund 1000 Jahre alte Gotteshaus am südlichen Stadtrand ist sicherlich interessant für Liebhaber romanischer Sakral-Architektur, zählt aber sicher nicht zu den touristischen Aushängeschildern der Ruhrstadt.
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